Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

Straßburg

Gebett:
O allmechtiger, ewiger Gott, vatter un-|64| sers her-
ren Jhesu Christi, wir ruffen dich an uber dieses
(dise) gegenwertige kindlin, das (die) deiner tauffe
gabe bittet (bitten) unnd deine ewige genadt durch
die geystliche widergeburt begeret (begeren), nim es
(sie) uff, herr, unnd wie du gesagt hast: Bittend, so
werdet ir nemmen; suchen, so werden ir finden;
klopffet an, so wirt euch uffgethon111, so reiche nun
das gut dem, das da (denen, die da) bittet und öffne
die dier112 dem, das da (denen, die da) anklopffet,
das es (sie) den ewigen segen dieses himlischen ba-
des113 erlangen möge (mögen) und das verheissen
reich deiner gabe empfahe, durch Christum Jhesum,
unsern herren, Amen114.
Ein ander gebett:
Allmechtiger, ewiger Gott, der du hast durch die
sündtflut nach deinem gestrengen gericht die un-
gleubige wellt verdampt und den gleubigen Noe
selbacht15 nach deiner grossenn barmhertzigkheit
erhallten116 unnd den verstockten pharao mit allen
seinen im Roten Meer ersaufft unnd dein volck Iß-
rael trocken hindurch gefürt117, damit diß bad dei-
ner heiligen |65| tauffe zukünfftig bezeichnet und
durch die tauffe deines lieben kindts, unsers herren
Jesu Christi118, den Jordan unnd alle wasser zur se-
ligen sündtflut unnd reilicher abweschung der sün-
den geheiliget unnd eingesetzt, wir bitten durch die-
selbe deine grundtloße barmhertzigkheit, du wöllest
dieses (diese) kindtlin genediglich ansehen und mit
rechtem glauben im geist beseligen, das durch dise
heilsame sündtflut an ihm (ihnen) ersaufft und un-

111 Mt 7,7; Lk 11,9.
112 Tür.
113 Vgl. Tit 3,5.
114 Das Gebet entstammt dem „Taufbüchein“ im Kleinen
Katechismus, s. BSLK, S. 538.
115 Zu acht (Personen). Zu den Verbindungen von selb mit
verschiedenen Ordinalzahlen s. Grimm, DWb 16,
Sp. 425f.
116 Vgl. 1Mos 7 und 8 und 2Petr 2,5.
117 Vgl. 2Mos 14.
118 Zu Jesu Taufe im Jordan s. Mk 1,9-11par.

dergehe alles, was ihm (ihnen) von Adam her ann-
geboren ist, und es (sie), uß der ungleubigen zal ge-
sundert, in der heiligen arca119 der christenheit tro-
cken und sicher behalten, allezeit brunstig ihm
geyst, frölich inn hoffnung120 deinem nammen diene,
uff das es (sie) mit allen gleubigen deiner verheis-
sung, ewiges leben zuerlangen, wurdig werde (wer-
den), durch Jhesum Christum, unseren herren,
Amenn121.
Ein ander gebett:
Allmechtiger, ewiger Gott, barmhertziger |66| vatter,
dieweil allein die neuwgebornen dein reich sehen
mögen122 und dir nichts gefellt, das nit durch deinen
geyst lept123, so bitten wir, das du diesem kindt (die-
sen kinden), das (die) du doch zu deiner bildnuß
erschaffen hast124, deinen heiligen geyst verleihen
und sein hertz (ire hertzen) mit dem selbigen nach
deines sons verheyßung versiglen und versichern
wöllest unnd also geben und würcken, das wir itz-
undt125 als deine diener und diener deß newen
testaments mit diesem deinem heiligen tauff nach
deinem bevelch und verheyßung diesem kind (die-
sen kindern) die innerliche ernewerung des geysts
und ware widergepurt in deine kindtschafft durch
deinen namen warlich mitheilen und ubergeben, das
es (sie) inn den todt Jhesu Christi, deines lieben
sons, getauffet, mit im begraben zum absterben aller
sunden und durch in ufferweckt werde (werden)
zum leben und dienst der gerechtigkheit und alles
guten126, darzu du es (sie) auch in lieblicher gesundt-
heit bewaren, mitt aller notturfft versehen und vor
allem unrhath127 vätterlich behuten wöllest, |67|

119 Arche.
120 Röm 12,11-12.
121 Das Gebet entstammt dem „Taufbüchein“ im Kleinen
Katechismus, s. BSLK, S. 539.
122 Vgl. Joh 3,3.
123 Vgl. Röm 8,13.
124 Vgl. 1Mos 1,27.
125 Nebenform zu jetz(t), s. Grimm, DWb 10, Sp. 2322f.
126 Vgl. Röm 6,3-4.
127 Schaden.

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