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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0414
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Straßburg

Lieben kinndt, ir haptt nun recht und ordenlich er-
zelett die summa und die haupttstuckh christlicher
lehr. Ir solt euch aber darumb nit geduncken lassen,
als ob ir nun alles köndt und wissett und weiter
nichts lehrnen unnd studieren bedürfft. Das ist alein
der anfang unnd das recht fundamentt, zu Gottes
erkantnuß und der waren gottseligkeitt zukommen.
Derhalben so wurdt fursr erst von nöten sein, das ir
furterhin nun desto fleißiger in dem kinder catechis-
mo uff die Sontag erscheinen, damit ir euch in disen
stuckenn, die ir jetz erzelett, ernstlichen ubenn und
weiter die Haußtaffell lernen. Den solche ding, wo
sie nit stetz im brauch bleyben, werden sie leichtlich
|94| wider vergessenn. Wa sie aber ein mal recht ge-
fassett, da sind sie dem menschen sein lebenlang zu
allem dem, das er fürnimptt unnd anfahett, zum
höchsten nutz unnd gutt. Ir werdett alle andere pre-
digen desto besser behaltenn unnd verstöhn könd-
tenn, die heylig geschrifft daheim bey euch selber
mit dester größern frucht unnd nutz lesenn und alle
frembde lehr urtheilenn und underscheyden können.
Unnd demnach, furs annder, dieweil nit mehr
dan ein christentliche kirch ist, die das Gottes wortt
lauter unnd rein hatt samptt dem waren gebrauch
der heiligen sacramentt, deren ir auch in dem
h. tauff eingeleybtt unnd jetz durch das hanndauff-
legen als ire ware glieder sollen bestettigtt werdenn,
so werdett ir auch zusagen und versprechen, das ir
bey solcher christlichenn kirchenn alzeit verharrenn,
das papstumb hassenn und fliehenn, auch euch aller
andern rotten und secten |95| unnd was der gesunden
lehr zuwider ist, ennttschlahen169 wöllen.
Fürs dritt, lieben kinder, dieweil, wie der apostel
sprichtt, nitt die zuhörer des gesatzes, sonnder die
thetter werden gerechtfertigtt170, so ist es nit gnug,
das ir jetz den catechismum und die hauptstuckh
christentlicher lehr köndten und wissen; ir muessenn
unnd sollen im auch getrewlichen nachkommen
unnd geleben171, das all ewer thun und lassenn dem
gleichförmig werde angerüchtett, damit ir niemands

r Korr. aus: von.
s Korr. aus: deßgleichen.
169 Lossprechen, meiden, s. Grimm, DWb 3, Sp. 602f. (s.v.
entschlagen).

ergernuß unnd böß exempel geben, sonnder allezeitt
als ware fruchttbare glider der christlichen kirchen
und gehorsame kinder Gottes befunden werdett etc.
Furs vierdte aber undt zum letstenn, dieweil
kein mensch on sündt sein kan unnd auch die heili-
genn unnd kinder Gottes underweilen struchlenn
unnd fallen, in sonderheitt aber die herwachsend ju-
gent un- |96| wißentt ist und derhalbens underwey-
sung unnd anhalten zum gutten zum höchsten wol
bedarff, so werdett ir euch auch frey- und guttwillig
begebenn172, das ir euch daheim bey ewern eltern,
herrn, meyster und frawen gern ziehenn173, under-
weyßen unnd lehren wöllen lassenn, auch in allen
gebürlichen dingen inen den gehorsam unnd alle
ehrerbietung beweisenn unnd erzeigenn unnd, wa ir
unrechtt thun unnd sündigen wurdett, dafur euch
doch Gott, der herr, gnediglich behueten wolle, das
ir euch dan aller zucht, warnung und straff, erstlich
sollicher ewer ordenlichen herschafft unnd demnach
auch der kirchen und der selbigen eltesten und or-
dentlichen kirchenn diener, ergeben und underwerf-
fenn. Seyd ir nun sollichs mit Gottes genad willens
zuthun, so gebt antwurt:
Hie spricht ein kind nach dem andern: Ja, herr,
mit der hilff und gnad unsers herren Jesu Christi.
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Zum achtenn wenndett sich der pfarherr von den
kindern und sprichtt die kirchen also an:
Lieben freund, ir habtt nun dißer furgestelleten kin-
der bekantnuß des glaubens gehörett, die in alweg
h. gottlicher geschrifft gemeß ist, auch weß sie sich
frey willig gegen der kirchenn und euch allen bege-
ben unnd erbottenn haben. Derhalben so wöllen sie
auch hinfurter also auffnemenn und erkennen als
ewere mitglider und erben der christlichen kirchenn
und des künfftigen ewigen lebens174. Und dieweil ir
inen alters halb unnd verstannds halben furgehett,
so solt ir auch ein sonnders fleißigs uffmerckens und
-sehens auff sie habenn, damit sie dem jenigen, was

170 Röm 2,13.
171 Gehorchen, folgen s. FWb 6, Sp. 719.
172 Sich begeben = einwilligen, einlassen, s. FWb 3, Sp. 544f.
173 Erziehen.
174 Vgl. Röm 8,17.

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