Straßburg
ebenbildt unnd gleichnuß erschaffen worden221 |125|
unnd in was verderben wir durch unnseren eignen
ungehorsame khommen222, das wir nicht allein der
herrlichen schönen gabenn Gottes, damit wir geziert
waren, beraubt seinndt, sonder noch darzu, daß sich
an sollicher statt in unnser natur nichts annders den
ein gantze zerrytthung unnd rechte widerspenstigk-
heit des guten willen Gottes befinndet, darauß dan
weiter folget neben dem, das uns unmuglich ist, vol-
kommen gehorsame Gottes in solcher der natur ver-
derbung zuleisten, das wir noch dazu die h. guten
gebott Gottes on unnderlaß wissenntlich unnd unn-
wussendtlich ubertrettenn.
Und zwar uberzeuget uns alle unnser eigen hertz
unnd gewussen, so wirs hallten unnd examinieren
gegen diesem register und schuldtbuch, den 10 Ge-
bottenn, daß wir bekhennen mussen, wir habend
von unnser jugenndt an der selbigen keins nie recht
unnd volkhummen gehallten, ja, wol offt unnd viel
mal wissendtlich verbrochen. Gleich aber wie Gottes
gebott hallten und dawider nicht thun ist gerech-
tigkheit, die Gott gefel- |126| lig ist, also hiegegen
Gottes gebott ubertretten und nicht halten ist sundt
unnd ungerechtigkheit, da Gott uber zurnett.
Dieweil wir uns den alle bekhennen mußenn des
gesetzs ubertretter und verbrecher, so follget auch,
daß wir unngerechte menschen und sunder sindt.
Sindt wir aber sunder, so seindt wir auch unnder des
gesetzs fluch unnd vermaledeiung223 unnd haben
annders nichts dan die belohnung bder sund von
Gott zu erwarten. Die belonungb aber der sunden,
wie der apostel sagt, ist der todt224 und was im an-
hengig, als nemlich zuerst alle zeitliche straffe unnd
plagen, kranckheiten, krieg, theurung, hunger, durst
unnd dergleichen, furs annder die tyrannei des teuf-
fells unnd der leibliche todt, furs dritte der zorn
Gottes, die hellische pein unnd marter, so die ver-
dampten sampt den verfluchten teufflen werden
mussen immer unnd ewiglich leiden.
Secht, lieben kindt, inn solcher grossen gefahr
unnd sorgen stonndt alle menschen ihrer ersten ge-
b-b Erg. am Rand.
221 Vgl. 1Mos 1,27.
222 Vgl. 1Mos 3.
223 Vgl. Gal 3,10.
burt unnd natur halben. Und wiewol der gröste theil
der menschen solches weder wyßen noch erkhennen
unnd also immerzu fort sicher |127| inn den sunden
verharren und leben, so werdens sie es doch zu letzt
mit ihrem unnwiderbringklichen schaden unnd ewi-
gem verderben leider woll erfarenn. Aber rechte
Christen und kinder Gottes sindt nicht so sicher: Sie
erkhennen ihre sundt und nichtigkheit uß Gottes
gebott, haben ein schrecken unnd mißfallen darab,
lassen inen, was sie wider Gott sundigen, rew und
leidt sein, demutigen sich unnder seiner gewalltigen
handt225, suchen und bitten umb genadt und verzei-
hung.
Unnd daß ist der erst staffel226 und grad zur se-
ligkheit, daß der mensch gedemutiget seine sundt
unnd ungerechtigkheit erkhenne, dann ohn solche
vorgeende erkantnuß kan niemandt zu dem volgen-
den rechten trost deß h. evangelii kommen. Unnd
das ist die ursach, warumb man euch im catechismo
zuerst die Zehen Gebott gelert hatt, daß ir wissen,
unnderscheidt zumachen zwischen guten unnd be-
ßem, der gerechtigkheit unnd sundt, unnd so ihr ge-
wahr werden, wie ir teglich Gottes gebott uber-|128|
tretten, das ir euch vor Gottes zorn furchten, umb
vergebung bitten unnd rechte, ware buß thun ler-
nen.
Wen nun der mensch zu erst uß dem gesetze seine
sundt unnd von der sunden wegen die wolverdiente
straff, den zorn Gottes, den ewigen todt und ver-
derbenn, hatt lernen erkhennen und, also gedemü-
tiget unnd erschröckt, ist eines zerbrochenen und
zerschlagenen hertzenn unnd gemuts227, so folget
dan fur sich selber das annder stuck, so einem men-
schen weiter zu seiner seelen heil zuwissen von nöten
ist, nemlich die frag, wie unnd wadurch dem armen
sunder uß solchem jamer und grossem ellendt muge
und könde geholffen werdenn: Ist solche hilff in des
menschen krefft und vermugen oder auch ußerthalb
ihm bey einiger creatur im himel unnd uff erden zu
finden? Anntwort: Nein, dan des menschen natur an
224 Röm 6,23.
225 Vgl. 1Petr 5,6.
226 Stufe, s. Grimm, DWb 17, Sp. 5151.
227 Vgl. Ps 34,19.
406
ebenbildt unnd gleichnuß erschaffen worden221 |125|
unnd in was verderben wir durch unnseren eignen
ungehorsame khommen222, das wir nicht allein der
herrlichen schönen gabenn Gottes, damit wir geziert
waren, beraubt seinndt, sonder noch darzu, daß sich
an sollicher statt in unnser natur nichts annders den
ein gantze zerrytthung unnd rechte widerspenstigk-
heit des guten willen Gottes befinndet, darauß dan
weiter folget neben dem, das uns unmuglich ist, vol-
kommen gehorsame Gottes in solcher der natur ver-
derbung zuleisten, das wir noch dazu die h. guten
gebott Gottes on unnderlaß wissenntlich unnd unn-
wussendtlich ubertrettenn.
Und zwar uberzeuget uns alle unnser eigen hertz
unnd gewussen, so wirs hallten unnd examinieren
gegen diesem register und schuldtbuch, den 10 Ge-
bottenn, daß wir bekhennen mussen, wir habend
von unnser jugenndt an der selbigen keins nie recht
unnd volkhummen gehallten, ja, wol offt unnd viel
mal wissendtlich verbrochen. Gleich aber wie Gottes
gebott hallten und dawider nicht thun ist gerech-
tigkheit, die Gott gefel- |126| lig ist, also hiegegen
Gottes gebott ubertretten und nicht halten ist sundt
unnd ungerechtigkheit, da Gott uber zurnett.
Dieweil wir uns den alle bekhennen mußenn des
gesetzs ubertretter und verbrecher, so follget auch,
daß wir unngerechte menschen und sunder sindt.
Sindt wir aber sunder, so seindt wir auch unnder des
gesetzs fluch unnd vermaledeiung223 unnd haben
annders nichts dan die belohnung bder sund von
Gott zu erwarten. Die belonungb aber der sunden,
wie der apostel sagt, ist der todt224 und was im an-
hengig, als nemlich zuerst alle zeitliche straffe unnd
plagen, kranckheiten, krieg, theurung, hunger, durst
unnd dergleichen, furs annder die tyrannei des teuf-
fells unnd der leibliche todt, furs dritte der zorn
Gottes, die hellische pein unnd marter, so die ver-
dampten sampt den verfluchten teufflen werden
mussen immer unnd ewiglich leiden.
Secht, lieben kindt, inn solcher grossen gefahr
unnd sorgen stonndt alle menschen ihrer ersten ge-
b-b Erg. am Rand.
221 Vgl. 1Mos 1,27.
222 Vgl. 1Mos 3.
223 Vgl. Gal 3,10.
burt unnd natur halben. Und wiewol der gröste theil
der menschen solches weder wyßen noch erkhennen
unnd also immerzu fort sicher |127| inn den sunden
verharren und leben, so werdens sie es doch zu letzt
mit ihrem unnwiderbringklichen schaden unnd ewi-
gem verderben leider woll erfarenn. Aber rechte
Christen und kinder Gottes sindt nicht so sicher: Sie
erkhennen ihre sundt und nichtigkheit uß Gottes
gebott, haben ein schrecken unnd mißfallen darab,
lassen inen, was sie wider Gott sundigen, rew und
leidt sein, demutigen sich unnder seiner gewalltigen
handt225, suchen und bitten umb genadt und verzei-
hung.
Unnd daß ist der erst staffel226 und grad zur se-
ligkheit, daß der mensch gedemutiget seine sundt
unnd ungerechtigkheit erkhenne, dann ohn solche
vorgeende erkantnuß kan niemandt zu dem volgen-
den rechten trost deß h. evangelii kommen. Unnd
das ist die ursach, warumb man euch im catechismo
zuerst die Zehen Gebott gelert hatt, daß ir wissen,
unnderscheidt zumachen zwischen guten unnd be-
ßem, der gerechtigkheit unnd sundt, unnd so ihr ge-
wahr werden, wie ir teglich Gottes gebott uber-|128|
tretten, das ir euch vor Gottes zorn furchten, umb
vergebung bitten unnd rechte, ware buß thun ler-
nen.
Wen nun der mensch zu erst uß dem gesetze seine
sundt unnd von der sunden wegen die wolverdiente
straff, den zorn Gottes, den ewigen todt und ver-
derbenn, hatt lernen erkhennen und, also gedemü-
tiget unnd erschröckt, ist eines zerbrochenen und
zerschlagenen hertzenn unnd gemuts227, so folget
dan fur sich selber das annder stuck, so einem men-
schen weiter zu seiner seelen heil zuwissen von nöten
ist, nemlich die frag, wie unnd wadurch dem armen
sunder uß solchem jamer und grossem ellendt muge
und könde geholffen werdenn: Ist solche hilff in des
menschen krefft und vermugen oder auch ußerthalb
ihm bey einiger creatur im himel unnd uff erden zu
finden? Anntwort: Nein, dan des menschen natur an
224 Röm 6,23.
225 Vgl. 1Petr 5,6.
226 Stufe, s. Grimm, DWb 17, Sp. 5151.
227 Vgl. Ps 34,19.
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