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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0459
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38. Kirchenordnung von Johannes Marbach

schicken und ihn von dem pfarher unnd andern kir-
chen dienern uß Gottes wort fründt- ]270| lichen er-
manen laßen, das er abstände unnd sich beßere.
Fürs sechste, wo nu nach dißer geschehner verma-
nung ein solcher sich nicht besserte unnd darüber
weiter in gemeldten lastern befunden würde, neben
dem, das im von den kirchen dienern der gebrauch
der h. sacrament abgeschlagen würdt, als der keinen
teil hat am reich Gottes509, soll er auch durch ge-
meldte kirchen pfleger einer ersamen oberkeit als ein
ungehorsamer und ubertretter unserer herren con-
stitution angezeigt werdenn.

In den dörffern aber sollen die kirchen pfleger
sampt dem schultheisen einen solchen laut unserer
herrn constitution eine kleine geldtstraff ufferlegen,
die, in den almusen stock gestossen510, den armen
leuthen zugut kome. Im fall aber, das derselbig die
ufferlegte straffe zugeben sich wegern würd und
doch gleich wol in seinem ergerlichen unnd unorden-
lichen thun immerzu fürfaren wölt, der soll dann
durch den schultheißen als ein ungehorsamer den
landtheren511 vermeldet werdenn, ferner nach gebür
mit ihm zuhandlen. |271|

[XX.] Von der begrebnus

Es sagt Christus im evangelio, Johannis [11,25]: Wer
an mich glaubet, der wirt leben, ob er gleich stürbe.
So hatt auch Christus durch sein urstendt512 die be-
grebnus aller deren, die an ihn glauben, so ehrlich
unnd so herlich gemacht, das sie nit sein soll ein
verderbliche grub, sonder ein göttliche schlaffkam-
mer, darinn man ruwet zu dem ewigen leben, unnd
ein fruchtbarer gottesacker, darin man von Gott
uffwachset und bleuet513 zu der ewigen selig-
keit514.
Darumb sollen die christen ire abgestorbnen
mitglider nicht als verstorbene bestien unachtsam
hinschlenckern015, sonder als erben des himmelreichs
ehrlich unnd ordenlich, so vil es sein mag, zur be-
grebnus bestetigen516, nicht solcher meinung, als solt
der lebendigen dienst den abgestorbnen in dißem
fall zur erlößung nutzlich unnd dienstlich sein, son-
der das hiemit, so noch leben unnd mit der leich
gehn, ir christlich mitleiden erzeigenn, auch darbei
der urstendt in unsern herrn erinnert und im glau-
509 Vgl. Eph 5,5.
510 Eingelegt.
511 Für die Verwaltung des Territoriums der Reichsstadt
Straßburg war 1539 der Ausschuß der Landherren einge-
setzt worden. Für jedes der fünf, ab 1566 sechs Ämter, in
welche das Landgebiet aufgeteilt war, waren jeweils drei
Landherren zuständig. Diese wurden vom Magistrat auf
Lebenszeit aus den XIII, XV und XXI gewählt. Sie re-
sidierten in der Stadt und übten eine Art Oberaufsicht
auf; vor Ort nahmen Vögte und Amtleute die Interessen
der Stadt wahr. Vgl. Crämer, Verfassung, S. 45-47.

benn gesterckt werden, das auch sie den tod in Chri-
sto recht bedencken und zu seiner zeit mit gutem,
bestendigen vertrawen der urstend uffnemen. |272|
Es soll aber bei den leichen diser underschid gehal-
ten werden, das man die, so in offentlichen verach-
tungenn der gemeinden Christi sterben, mit keiner
ehrlichen proceß517 nit begrabe und noch vil weniger
jemandt von den kirchen dienern mit solcher leiche
gehe. Welche aber in der gemeinschafft Christi und
der kirchen verschiden unnd besunders, die diese ge-
meinschafft auch zu irem end bekennet und die
h. sacrament und absolution empfangen haben, die
soll man ehrlich zur begrebnus tragen und zur erden
bestatten an den pletzen, darzu verordnet518.
Wan man nu mit der leich in ordenlicher proceßion,
man und weib, uff den gottsacker kommen, soll der
kirchen diener, so mit gangen ist, die leidigen519 zu
trösten und die gegenwertigen gemein zu christenli-
512 Auferstehung.
513 Blüht.
514 Vgl. Ps 16,8-11; Jes 26,19; Apg 2,24-36.
515 Hinschleudern.
516 Bestatten.
517 Prozession.
518 Zu den drei Friedhöfen der Stadt Straßburg s. Nr. 7 mit
den Anm. 5-7.
519 Trauernden, s. Grimm, DWb 12, Sp. 675.

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