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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0508
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Straßburg

[3.] Zum dritten, so Ordnen, Setzen unnd wöllen wir,
das fürther auff den Sontagen in allen Wurtzheü-
sern, Herrbergen und auff den offnen Stuben nach
volnprachter Morgenpredig als bald angericht und
das essen aufftragen also befürdert, das, wann das
letste Zeichen in die Mittagpredig im Münster auß-
geleüttet ist, alle Tisch auffgehaben unnd weder
Speiß noch Tranck mehr auffgesetzt noch nachgeben
werden solle, auch bey Straff XXX schilling pfen-
ning, die dem Würt, Gasthalter22 unnd Kuchen-
meister, der solchem nicht nachkommen, deßglei-
chen dem Gast, so darüber lenger sitzen bleiben
würdt, jedem innsonderheit, unnachlässig abgenom-
men werden |A 3v| sollen. Waferr sich aber zütragen,
das frembde wanderende Personen später hieher
kommen, denen man zuo ihrer Notturfft essen geben
müßte, oder Fürsten, Graven oder geborne Herren
allhie weren, die lenger zuotischen23 begeren würden,
So sollen dieselben hierinnen nicht begriffen, sonder
außgenommen sein.
[4.] Zum vierdten, Dieweil in den Mittag- unnd
Nachtimbissen, so in den Wurtsheüsern, Herrber-
gen, auch auff den Stuben in täglichen unnd gemei-
nen Gastereyen24, sonderlich aber auff Hochzeitten
allenthalben auch in Burgersheüsern gehalten wer-
den, ein gar grosse Unordnung und Mißbrauch ein-
gerissen, Demselben und darauß volgendem Uber-
fluß auch, sovil müglich, zuobegegnen, So Statuieren
und Ordnen wir, das hinfüro in den Herrbergen,
Wurtzheüsern, auff den offnen und andern Stuben
bey täglichen Gastereyen, Gesellschafften und
Schenckinen25, Dergleichen auff allen Hochzeitten,
dieselben werden gehalten, wa sie wöllen, kein ort
außgenommen, zuo dem Mittag Imbiß alß bald, nach
dem es in dem Münster zehen geschlagen hat, ange-
richt, darmit auff niemandt, er sey gleich, wer der
wölle, verzogen26 oder gewartet, Und das anrichten
22 (Ordentlicher) Gastwirt, s. FWb 6, Sp. 154f. und
Grimm, DWb 4, Sp. 1479.
23 Speisen, s. Grimm, DWb 21, Sp. 513.
24 Gastmählern, Gelagen, s. FWb 6, Sp. 151.
25 (Fest)Schmaus, s. Grimm, DWb 14, Sp. 2543.
26 Verziehen ist hier im Sinne von „warten“ gebraucht, vgl.
Grimm, DWb 25, Sp.2596.
27 Zunftwirten, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 1, S. 445.

und Essen geben dermassen befürdert, das in ge-
meinen Gastereyen und Gesellschafften, so bald es
im Münster zwölffe, aber auff Hochzeitten unnd
Herrenschencken, wann es eins geschlagen, alle
Tisch auffgehaben und verner weder Speiß noch
Tranck nachgeben werden, Sonder sollen die Gest
als bald vom Tisch auffstehn bey Straff XXX schil-
ling pfenning, Welche nicht allein dem Würt, Gast-
halter, Hauptkannen27, Kuchenmeister und dem
jhenen, der die Hochzeit in seinem Hauß halten,
sonder auch dem, der darüber lenger tischen und sit-
zen bleiben würde, einem jeden insonderheit, abge-
nommen werden sollen.
Ebner massen solle auch zuo den Nachtimbissen an
allen obbestimpten Ortten und in dabey angeregten
Fällen, so bald es auff den abend in dem Münster
sechs geschlagen, auch angerichtet und auff das al-
lerlengste, wann es daselbst neüne geschlagen, allen
Gesten erlaupt28 und verner weder Speiß, Tranck
noch Liechter auffgestellt oder nachgegeben werden
bey gleicher Straff der XXX schlilling, die alle die
jhenen, so hiewider handlen werden, verfallen und
zuobezalen schuldig sein sollen.
Als auch auff den offnen Stuben nun ettliche zeit
her, gleichwol unserm Bevelch und Ordnungen zuo-
wider, der Miß- |A 4r| gebrauch und Uberfluß einge-
schlichen, das neben dem gewohnlichen Schanck
noch mehr Wein nebens29 auffgesetzt und nachge-
geben, dasselbig nicht sonderlich bezalt, sonder in
die Irten30 und dieselb desto thewrer gerechnet,
Item, wann einer uber die gewohnliche Ordnung
noch mehr essen bestellt, ein gantz ubermässige Ir-
ten genommen, dardurch die Gest beschwert, auch
Speyß und Tranck uberflüssig verzert worden, Das-
selbig nun der gepür nach abzuschaffen, So ist unser
Bevelch, Will und Meinung, das es hinfüro auff den
offenen Stuben bey allen Gastereyen, Gesellschaff-
28 Entlassen, s. Lexer 1, Sp. 653; Grimm, DWb 24,
Sp. 247 (s.v. urlauben).
29 Zugleich mit, außerdem noch, s. Grimm, DWb 13,
Sp.513.
30 Zeche, Wirtsrechnung s. Schmidt, Hist. Wb. eläss.
Mundart, S. 387 (mit zahlreichen Nachweisen aus Straß-
burger Quellen) und FWb 8, Sp. 228.

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