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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0511
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50. Große Zuchtordnung

abzuoschaffen und, da sich jemandts frevenlich dar-
wider setzen oder darvon nicht ablassen wolt oder
würde, dieselben entweders zuo Thurn zuofüren oder,
da sie bekandt und alhie verburgert, morgens in un-
serer Cantzley dem verordneten Zuchtgerichtschrei-
ber49 geschriben zuogeben und darunder niemandts
zuo verschonen.
[8.] Für das Achte, So wöllen und Ordnen wir, das
auff den Stuben, in den Herbergen, Würtz- unnd
andern heusern bey Hochzeitten, Gesellschafften
und anderen Gastereyen allenthalben in den beiden
Malzeitten unnd Abendtzeren durchauß alle Zucht,
Erbar- und Bescheidenheit gebraucht und alles
jauchtzen, schreyen, jölen, doben, auch unzüchtig,
ergerlich singen gäntzlich underlassen werden soll
bey der Thurn- und anderer gepürender Straff, die
gegen dem ubertretter je nach Gelegenheit der
Handlung und Verwürckung50 fürgenommen wer-
den.
Es sollen auch alle Würt, Gasthalter, Hauptkannen,
Kuchenmeister, Stuben- oder Irtenmeister51, auch
ein jeder Haußvatter schuldig und verbunden sein,
die Gäst vor solchem allem zuoverwarnnen, ihnen ab-
zuostawen52, und, da darüber einer oder mehr beharr-
lich darinnen fürfahren würde, die Thurnhütter oder
andere unserer Statt diener zuoholen unnd solche un-
bescheidene, unerbare, unzüchtige und unrüwige
Leüt zuo gepürender Straff bringen zuolassen.
[9.] Zum Neündten, Die Hochzeitten insonderheit
belangend, Da setzen, ordnen und statuieren wir,
das es hinfüro biß auff unser Enderung mit densel-
ben geübt unnd gehalten werden soll auff weiß, maß
und gestallt, wie hernach underschiedlich53 volgt:
Erstlich, das ein jeder, wer der seye, Mans oder
Frawen Personen, die in unser Statt und Oberkeit
ihme selbs, seinen Kindern, Freünden, Verwandten

49 Gemeint ist der Schreiber des Siebenergerichts.
50 Verschulden.
51 Ihnen oblag die Aufsicht über das Essen und Trinken auf
der Zunftstube, s. Grimm, DWb 10, Sp. 2181.
52 Das aufzugeben, s. FWb 1, Sp. 400.

oder andern ein Hochzeit in seiner Behausung, auff
seiner oder anderer Zunfftstuben, Gastherberg oder
Würtzheüsern in seinem selbs kosten halten oder
aber umb die gewonliche gesetzte und bestimpte Ir-
ten verdingen |A 6r| will, sechs und dreissig Perso-
nen, die fünffzehen Jar und darüber alt seind, unnd
mehr oder weitter nicht, es seye gleich die Freündt-
schafft als groß sie immer wölle, zuo solcher Hochzeit
beruoffen, erfordern oder laden und die Gefahr, so
bißher uber unser Mandata und Verbott in dem
geübt und gebraucht, das die jungen Gesellen an ein
besonder ort geladen worden, aller dings abge-
kürtzt54 unnd verbotten sein solle, Alles bey Straff
zehen Pfund pfenning, die ein jeder Breüttigam oder
Hochzeitter, der uber die sechs und dreissig Perso-
nen geladen hett, unnd von jeder Person, sovil er
darüber geladen, ein Pfund unnachlässig, zuobezalen
verfallen sein solle. Unnd welcher Hauptkann, Ku-
chenmeister, Gasthalter oder Würt zu einicher
Hochzeit mehr dann bestimpte Anzal der sechs und
dreissig Personen annemmen würde, dem sollen glei-
cher gestallt die zehen Pfund auffgesetzter Straff
abgenommen werden.
Fürs ander, Welcher auch also ime selbs, seinen Kin-
dern, Freünden oder Verwandten inn eignem Kosten
Hochzeitten halten will, der solle uber kein Malzeit
mehr dann drey gekochter Essen sampt einem Ge-
bachens oder, da er das Gebachens umbgehn oder
underlassen wolt, vier gekochter Essen unnd nach
denselben Käß und Obß zuogeben macht haben und
dabey alle Nebensätz55, wie die Nammen haben
möchten, gäntzlich verbotten sein bey Straff fünff
Pfundt, die ein jeder, so offt er hiewider handlen
würdt, abzuorichten56 schuldig sein solle. Und dem-
nach57 hiebevor von alter her zuogelassen, das man
bey solchen Hochzeitten wol Gab nemmen und ge-
ben mag, so lassen wir es bey demselben nachmals
verbleiben, Doch mit disem außtrucklichen Geding,

53 Mit genauer Erklärung.
54 Beendet, s. FWb 1, Sp. 200.
55 Nebenvereinbarungen, s. DRW 11, Sp. 1571 (s.v. satz).
56 Zu bezahlen, s. FWb 1, Sp. 202f.
57 Weil, s. Anm. 2.

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