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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0674
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Straßburg

wung598 in seinem Wort entweder nicht hören |278|
oder sich daran nit haben kehren wollen, Das Gott
sie nun durch die Obrigkeit als seine Dienerin599
habe mit seinem Gerichte gefasset und angegriffen,
Das sie es greiffen600 und fülen sollen, das er ihrer
Mißhandlungen halben ernstlich zürne und nach
dem zeitlichen Urtheil der Obrigkeit auch sein ewi-
ges Gericht uber sie ergehen wölle laßen, wa sie
nicht mit ihm versönet werden.
Zum andern sollen die Prediger ihre Unterredungen
mit den armen Leuthen fürnemlich richten zum
wahren, beständigen Trost. Und werden die Predi-
ger wol mercken können, Ob das Schrecken und Be-
kümmernuß bei den armen Leuten mehr des
schmählichen Tods dann des Gewissens halben sei,
Das sie fürnemlich ihre Erinnerung dahin richten,
das die arme Leute für allen dingen darauf dencken
sollen, das sie in ihrem Gewissen mit Gott mögen
versöhnet werden, Welches auß der Lehre deß Evan-
gelii soll genommen werden, Das Gott nicht lust
habe an des Sünders Tode601, Das Christus aller
Welt Sünd getragen602 etc. Und sollen sonderlich die
arme Leute erinnert werden, Das sie eben in diesem
ihrem Gefängnuß Gottes Gnade gegen sie erkennen
und spüren können. Dann wa sie frei weren hingan-
gen, weren sie in solchen Sünden geblieben und het-
ten sich mit Gott nicht viel bekümmert. Wann nun
Gott mit seinem Gericht sie ubereilet603, das sie auf
frischer that weren erwürget worden, So hetten sie
doch ewig müßen verloren werden. Nun aber habe
sie Gott zur Buß gefüret und an solchen Orth ge-
bracht, da sie mit Gottes Wort unterrichtet und ge-
tröstet können werden und noch zeit zur Bekehrung
haben mögen. Wann nun also das Gewissen von wa-
rem Trost berichtet, Soll ihnen zur Bestätigung und
vergwißung solchs Trostes die Absolution und das
Abendmal des |279| Herren mitgetheilet werden,
Und dasselbige einen tag oder zwen zuvor, ehe sie
abgethan604 sollen werden.

598 Drohung, s. Grimm, DWb 2, Sp. 1349f.
599 Vgl. Röm 13,4.
600 Erkennen, s. FWb 7, Sp. 359f.
601 Ez 18,23 und 33,11.

Zum dritten sollen die Prediger darauf sehen, Das
die arme Leute fleißig vermanet werden, das sie sich
mit Christlicher Gedult, demuth und gehorsam in
die Straf, so sie mit ihrer Mißhandlung verwürcket,
ergeben sollen. Dasselbige aber soll nicht also ge-
schehen, wie man im Bapstumb solche Leuthe ge-
lehret hat, Das Gott ihren schmählichen Tode für
ihre Sünde als eine Gnugthuung annemen werde -
Dann dasselbige gehöret allein dem Leiden, Tod und
Sterben des Herrn Christi -, Sondern das sie solchen
Tod als eine verdiente Straffe irer Sünde, ihnen von
Gott auferlegt, gehorsamlich tragen sollen. Dann wa
sie ihre Sünde, damit sie solchen Tode verschuldet,
warhaftig erkennen Und darnach Gott durch Chri-
stum umb Vergebung bitten, Sollen sie berichtet
werden, Das sie nit allein wie Diebe oder Mörder,
sondern auch wie Christen leiden. Und das sie ihre
Hertzen desto besser mit Gedult fassen mögen, Sol-
len inen diese Stuck fürgehalten werden:
Erstlich, Das es Gottes Straffe sei, der nach sei-
nem Willen dieselbige ihnen auferlege, Und wie vor-
hin sie in der Sünde Gott ungehorsam gewesen, Das
sie nun widerumb durch Gedult der Straf605 in sei-
nen gehorsam sich ergeben.
Zum andern, Weil der alte Adam sie verfüret,
Das sie denselbigen nun dem lieben Gott widerumb
in gehorsam zur Straff ergeben, Dann also wirdt es
Gott ein gefälliges Opffer. Und Gott will nun ihrem
bösen Fleisch und Blut wehren, das es die arme Leu-
te nicht mehr so verführen soll.
Zum dritten, Das durch solch ihr Exempel viel
werden gewarnet werden, Das sie Gott förchten, für
Sünden sich hüten und davon ablassen, Das also
durch solchen |280| ihren Tode Gott geehret und vie-
len damit gedienet wird.
Es sollen auch die Prediger fleißig handlen, Das die
arme Leuthe von Hertzen vergeben allen Menschen,
Sonderlich die sie entweder zu dem Falle oder in die
Hafften gebracht haben, Fürnemlich aber, das sie

602 Vgl. Joh 1,29.
603 Überrascht.
604 Hingerichtet, s. FWb 1, Sp. 469f.
605 Durch das Ertragen der Strafe.

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