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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0676
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Straßburg

I. Welcher gestalt die Pfarrer und andere
Prediger zum Kirchendienst beruffen und
angenommen sollen werden
πZum ersten, Wann es sich begibt, das in der Straß-
burgischen Kirchen ein Pfarrdienst ledig wirdt, Es
seie durch des Pfarrers tödtlichen abgang oder an-
derer Ursachen halben, Und derwegen die Pfarr von
newem mit einem Pfarrer zuversehen ist, So wird
anfangs von uns als der Oberkeit des Kirchen Con-
vents Praesidenten610 Befehl gegeben, nach dencken
zu haben auf etliche tüchtige Personen, die in der
Pfarr auffgestellet werden mögen, Damit hernacher
die Wahl desto besser fürgenommen und gehalten
werden könde.
Zum andern, Nach entpfangenem solchem Befehl
Soll sich der Praesident mit den andern Pfarrern
aufs fleißigst unterreden und rathschlagen, Was der
Pfarr gelegenheit611 und notturft erfordere und was
für Personen, so hie zu köndten gebraucht werden,
zum Vorrath |283| vorhanden, Ob dieselbe im Kir-
chen Convent zufinden und darauß zunemmen Oder
vom Land oder sonst anderstwoher müßen erfordert
werden. Nach dem man dann die Sache der Perso-
nen halben geschaffen findet612, Wird solches wider-
umb uns, als der Obrigkeit, und der vacierenden
Pfarr verordneten Kirchenpflägern schriftlich ver-
meldet Und drei oder vier tüchtige Personen fürge-
schlagen.
Zum dritten, Wann denn die Oberkeit ihr die für-
geschlagene Personen gefallen laßet, Wirdt in der
Sontäglichen darauf folgenden Amptspredigt613, die
vom Praesidenten oder einem anderen gethan wird,
das Volck erinnert und vermahnet, Weil sie eines
Pfarrers nottürftig, so werde man etliche Sontage
nach einandern ihnen zur Verhör und Prob etliche
Fromme und Gottsförchtige Männer aufstellen, die
π Die Personen, so man zur Wahl auffgestellet, sollen zu-
vor der Oberkeit angezeigt werden.
ρ Ordnung der Wahl der Pfarrer.
σ Wie die Stimmen bey der Wahl zu entpfahen.

610 Zu diesem s. unten S. 664f.
611 Lage, Beschaffenheit, s. FWb 6, Sp. 724-726.

predigen werden, Da sie fleißig in der Kirchen er-
scheinen und dieselbig anhören und darneben Gott,
den Herren, ernstlich bitten sollen, Das sie mit ei-
nem rechtschaffenen und getrewen Seelhirten wider
mögen versorget werden.
ρZum vierdten, Wann man dann die jenige drei oder
vier, so man zuvor ihres herbrachten Lebens und
Christlichen Wandels, auch Erudition und Ge-
schickligkeit halben ein solch Ampt zuverrichten
tüchtig sein gehalten, der Ordnung nach gehöret
hat, So sollen auf einen gewissen Tag und Stunde in
der Wochen die fürnembste Pfarrkinder durch des-
selben Kirchenspiels ordentliche Kirchenpfläger in
die Kirchen erfordert werden, Denen demnach für-
gehalten wirdt, weil ihre Kirch eines Pfarrers not-
türftig und derhalben etliche liebe Männer zur Prob
aufgestelt worden, die sie der ordnung nach gehört
haben, So seien sie der Ursachen halben jetzt beruf-
fen, die Wahl eines newen Pfarrers zuthun und hier-
unter |284| ihre Stimmen (als die es fürnemlich an-
gang und in der Pfarr wohnhaft seien), zu welchen
sie ein Anmutung614 haben, zu geben.
σDamit aber desto eigentlicher ein jeder verhört
und sein Gemüt615 verstanden und in solcher Wahl
aller ding unparteihisch, aufrichtig und redlich ge-
handlet werde, Werden von uns, der Oberkeit, zwo
Regiments Personen verordnet, Welche sampt den
dreien Kirchenpflägern derselbigen Pfarr und dem
Praesidenten des Kirchen Convents der Wahl bei-
wohnen Und, nach dem sie die hiezu berüfene Pfarr-
genoßen alle beseit616 haben laßen abtretten, Als
denn einen nach dem andern für sich fordern und,
welchen jeder zum Pfarrern wöhle und seine Stimm
gebe, ordentlich mercken und verzeichnen. Wann sie
dann alle gehöret worden, Wird gleich den folgenden
Tag uns, als der Oberkeit, wie es umb die geschehene
Wahl ein gelegenheit habe, Relation gethan617, Mit
vermeldung, wie viel Stimmen einem jeden gegeben
612 Je nachdem, wie man [...] beschaffen findet.
613 Hauptgottesdienst.
614 Zuneigung, s. FWb 1, Sp. 1335f.
615 Ansicht, Absicht, s. FWb 6, Sp. 882-884.
616 Auf die Seite.
617 Bericht erstattet (zu Relation s. DRW 11, Sp. 844f.).

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