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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0697
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61. Kirchenordnung

tes an ihre statt kommen, zu rechter Christlicher
Haußhaltung jeder zeit sehr nothwendig geachtet.
Und damit sie auch in solchem ihren Zuhörern mit
gutem Exempel fürgiengen, Haben sie für dieser zeit
nachfolgender Ordnung sich miteinandern vergli-
chen, Welche wir uns auch wolgefallen laßen und
dieselbige hiemit wissentlich bekräfftigen und be-
stätigen:
ξWas dann Erstlich die Personen anlanget, welche
solcher Disciplin vorstehn und dieselbige üben und
führen sollen, Sollen jederzeit fünf Censores sein,
Nemlich der Praeses des Kirchen Convents sampt
zweien Pfarrern und zweien Helffern oder Freipre-
digern, Der gestalt, das der Praeses jeder zeit, als
lang er solches Ampt tregt und verwaltet, bei der
Censura verbleiben, Mit den Pfarrern aber und den
andern Predigern ein solcher Wechsel ge- |331| halten
werden solle, Das jedes halbe jahr ein Pfarrer und
ein Helffer oder Freiprediger abgehen und andere an
der selben statt geordnet werden sollen.
οDiese Censores sollen ein fleißiges Nachfragen
und Auffsehen haben auff alle und jede Personen des
Kirchen Convents, ihre Lehr, Leben und Haußhal-
tung betreffend, Denen auch die ubrige Pfarrer,
Freiprediger und Helfer schuldig sein sollen, in Ge-
heim zuvermelden, Wa sie an einem oder mehren
Brüdern etwas ärgerliches und sträffliches oder auch
sonsten in gemeiner Verwaltung des Kirchendiensts
etwas mangelhaftiges befinden.
πEs sollen auch dieselbige Censores alle Monat
einmahl, nemlich auff den ersten Mittwoch eines je-
den Monats, zusamen kommen und von dergleichen
Sachen, die sie entweder selbst gemerckt und in er-
fahrung gebracht oder derselben von andern Brü-
dern erinnert worden weren (doch derselben Namen
umb mehrer Vertrawlichkeit verschwiegen), mit ein-
andern sich freündtlich unterreden, Auch auff Mit-
tel und Wege gedencken, wie den fürfallenden Män-
geln bei zeiten gewehret und gute Disciplina möge
erhalten werden.
ξ Personen, zu der Censura gehörig.
ο Warauf die Censores fürnemlich zu sehen haben.
π Wie oft die Censores zusamen sollen kommen.
ρ Mit was Ordnung die sträfliche Personen erinnert und
fürgestellet sollen werden.
σ Zwen halbjärige Censur Conventus.

ρDa dann dergleichen etwas fürkäme, das dem
einen oder andern zu untersagen were, Solle derselbe
oder diejenige, welche es angeht, erstlich durch ei-
nen oder zwen Censores in Geheim angesprochen
und seine oder ihre Verantwortung dagegen gehöret
und sie zur Besserung vermahnet, Da aber solche nit
erfolgen wolte, zum andern für die Censores in ge-
mein gestellet und noch ernstlicher erinnert, Zum
dritten mal aber für dem gantzen Kirchen Convent
zu Red gesetzet werden, Es were denn die Verbre-
chung720 so schwer und offenbar, Das es die Censo-
res auff sich allein nit nemen köndten, Sondern |332|
den gantzen Conventum darüber zu Rath haben
müßten.
Da auch Sachen fürfielen, daß es zu lang sein
wolte, der Monatlichen Censura zuerwarten, Sollen
die Censores auch Macht haben, ja schuldig sein,
früher und öffter zusamen zukommen, Damit durch
zulang Warten oder Zusehen nichts versaumet wer-
de.
σUber diese Monatliche Censuram aber Sollen jedes
jars zwen grosse Censur-Conventus gehalten wer-
den, Der erste im Früling, Donnerstags nach Qua-
simodo721, Der ander im Herbst, Donnerstags nach
Galli722. Solche Conventus sollen jedesmals acht tag
zuvor durch den Praesidem angemeldet und die
Brüder ermanet werden, Denselbigen, hindan geset-
zet alle andere Geschäfft, welche längern Verzug lei-
den mögen, fleißig bei zuwohnen.
τEs sollen aber in denselben Conventen, nach be-
stellung des wochentlichen Kirchendiensts, Erstlich
alle und jede Ordnungen des Kirchen Convents und
in sonderheit diese Censur Ordnung hell723 und ver-
stäntlich abgelesen werden, Damit nit allein ein
jeder Bruder sich dabei seines Ampts und Pflicht
zuerinnern habe, Sondern auch desto eigentlicher
wissen möge, was ihme bei solcher Censura von an-
dern zu melden und sonsten anzuzeigen gebüren
wölle.
τ Die Ordnungen des Kirchen Convents abzulesen.
720 Übertretung.
721 Quasimodogeniti ist der erste Sonntag nach Ostern.
722 Das Fest des Hl. Gallus wird am 16. Oktober gefeiert.
723 Deutlich, laut.

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