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BUA 1,7
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Pallium, der Mönch für die Kutte oder Tunika. Daher teilt Seneca9 ein
Mittel zur Mäßigung der Kleidung mit: „Unser Äußeres“, sagt er, „soll mit
dem gemeinen Volk draußen übereinstimmen. Keine Toga soll glänzen,
keine freilich schmutzig sein.“ „Du sollst also nicht das kaufen“, was
gefällt, „sondern das, was notwendig ist“. „Welche Tugend ist es, 5
Überflüssiges hintanzusetzen!“ Fürwahr, du sollst dann bewundert werden,
„da du Notwendiges hintanstellst.“ Nicht nur das; sondern „du sollst auch
lernen, das Leben selbst hintanzustellen“, weil Jenes nämlich niemand gut
geführt hat, außer derjenige, der es hintangestellt hat“. „Wer ist arm?
Derjenige, der sich als reich erachtet.“ „Was ist der größte Reichtum? 10
Reichtümer nicht anzustreben.“ Wer hat sehr viel? Derjenige, der am
wenigsten begehrt. Ich wundere mich, dass die überflüssigen Dinge gerade
bei jenen umgehen, die sich brüsten, alles zurückgelassen zu haben. Sie
begehren den Namen der Armut zu haben, nicht aber die Tugend. Sie wollen
den Anschein erwecken, der Welt zu entfliehen, aber sie hängen an den 15
Dingen. Wehe, wehe, auch wenn es für den Prunk der Weltlichen und der
Adeligen ziemlich nützlich ist; aber wehe, wehe und zum drittenmal wehe
dem höchst unschicklichen Prunk der Mönche!
[6] Und nun werde ich mit einem äußerst offenkundigen Beispiel erklären,
wie schädlich und wie verdammenswert ein solcher Prunk für Religiose und 20
klösterlich Lebende ist. Ich habe einen Abt des Zisterzienserordens gesehen,
einen in der Wissenschaft gebildeten und tüchtigen Mann. Als dieser eines
Tages Wasser mit den Händen nahm, und die Vornehmen von beiden Seiten
vor ihn ein Handtuch hielten, ertönte eine Stimme, die derart und mit
lateinischen Worten Folgendes sagte: „Warum einen Lumpen vor den 25
Lumpigen?“ Als dies der ehrwürdige Abt hörte, warf er das Handtuch sofort
9Lucius Annaeus Seneca der Jüngere (gest. 65 n. Chr), Politiker und Philosoph. S. für weitere
Informationen Thom. Cantimpr. BUA Lfl-
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Pallium, der Mönch für die Kutte oder Tunika. Daher teilt Seneca9 ein
Mittel zur Mäßigung der Kleidung mit: „Unser Äußeres“, sagt er, „soll mit
dem gemeinen Volk draußen übereinstimmen. Keine Toga soll glänzen,
keine freilich schmutzig sein.“ „Du sollst also nicht das kaufen“, was
gefällt, „sondern das, was notwendig ist“. „Welche Tugend ist es, 5
Überflüssiges hintanzusetzen!“ Fürwahr, du sollst dann bewundert werden,
„da du Notwendiges hintanstellst.“ Nicht nur das; sondern „du sollst auch
lernen, das Leben selbst hintanzustellen“, weil Jenes nämlich niemand gut
geführt hat, außer derjenige, der es hintangestellt hat“. „Wer ist arm?
Derjenige, der sich als reich erachtet.“ „Was ist der größte Reichtum? 10
Reichtümer nicht anzustreben.“ Wer hat sehr viel? Derjenige, der am
wenigsten begehrt. Ich wundere mich, dass die überflüssigen Dinge gerade
bei jenen umgehen, die sich brüsten, alles zurückgelassen zu haben. Sie
begehren den Namen der Armut zu haben, nicht aber die Tugend. Sie wollen
den Anschein erwecken, der Welt zu entfliehen, aber sie hängen an den 15
Dingen. Wehe, wehe, auch wenn es für den Prunk der Weltlichen und der
Adeligen ziemlich nützlich ist; aber wehe, wehe und zum drittenmal wehe
dem höchst unschicklichen Prunk der Mönche!
[6] Und nun werde ich mit einem äußerst offenkundigen Beispiel erklären,
wie schädlich und wie verdammenswert ein solcher Prunk für Religiose und 20
klösterlich Lebende ist. Ich habe einen Abt des Zisterzienserordens gesehen,
einen in der Wissenschaft gebildeten und tüchtigen Mann. Als dieser eines
Tages Wasser mit den Händen nahm, und die Vornehmen von beiden Seiten
vor ihn ein Handtuch hielten, ertönte eine Stimme, die derart und mit
lateinischen Worten Folgendes sagte: „Warum einen Lumpen vor den 25
Lumpigen?“ Als dies der ehrwürdige Abt hörte, warf er das Handtuch sofort
9Lucius Annaeus Seneca der Jüngere (gest. 65 n. Chr), Politiker und Philosoph. S. für weitere
Informationen Thom. Cantimpr. BUA Lfl-