5
10
15
20
BUA 11,2
251
weder die Feinde der Natur in Sodom noch die frevlerischen Söhne Israels
noch die murrenden Juden in der Wüste.
[3] Zu dieser Zeit wurde das Volk der Ungarn mit vielen anderen Reichen
vom Volk der Tartaren, das aus östlicher Richtung kam, grausam zerstört;1
und es wagte schon in Deutschland die Grenzen Böhmens anzugreifen,2 da 5
kam ein gewisser Mann, der um Deutschland selbst und besonders um die
Gebiete Brabants besorgt war, mit aufgeregtem Herzen nach Brabant zu
einer für die damalige Zeit äußerst heiligen Nonne und sagte ihr: „Ich sorge
mich nicht wenig, liebste Mutter, um die Länder, die dem Anblick der
Tartaren am nächsten sind, und fürchte, dass sie auch bei ihnen so 10
verfahren, wie sie schon mit anderen verfahren sind; denn sie haben schon
begonnen, die Grenzen Deutschlands, das heißt Böhmen, anzugreifen.“ Jene
sagt ihm Folgendes: „Nichts sollst du augenblicklich befürchten, mein
Liebster, weil es in diesem Land so viele Seelen von Heiligen gibt und vor
allem in den Klöstern, dass hier kein Heer der Tartaren zu fürchten, sondern 15
mit den Wurfspießen der heiligen Gebete zu vertreiben ist.“ Gesegnet sei
also Gott in allen und durch alle Dinge, „wie wir es gehört haben, so sehen
wir es auch.“
[4] Im Gegensatz dazu hat sich Folgendes ereignet: Bevor in Walchem unter
König Wilhelm, dem Herrn der Römer,3 das Heer der Flandern von Graf 20
Florens4 und den Zeeländem geschlagen wurde,5 wurde einem gewissen
1 Eroberungszüge der Mongolen („Mongolensturm“) 1237-1242, die aus östlicher Richtung gen
Westen führten, über das Reich der Wolgabulgaren, Moskau, die Kiewer Rus nach Kleinpolen
(Krakau) und Schlesien (Schlacht bei Liegnitz 1241; Breslau) sowie nach Ungarn (Schlacht bei
Muhi 1241). S. zu Verlauf, Wirkung und zeitgenössischer Beurteilung SCHMIEDER, Europa und
die Fremden, JACKSON, Mongols, bes. Kap. 3-5 sowie Central Europe, hg.
BEREND/URBANCZYK/WISZEWSKI, S. 443-448. Eine vergleichbare Beschreibung findet sich
bereits in der von Thomas verfassten Vita der hl. Lutgard von Aywieres (Tongeren, 1182-1246;
Mystikerin, zunächst Mitglied des Benediktinnerinenklosters von Saint-Trond, später
Zisterzienserin in Aywieres). S. Thom. Cantimpr. Vita S. Lutgardis III, 1 sowie für weitere
Informationen zu Lutgard Thom. Cantimpr. BUA 1,19,8. | 2Kach der siegreichen Schlacht im
schlesischen Liegnitz (1241) zogen mongolische Einheiten über Böhmen und Mähren Eichung
Ungarn und eroberten bzw. verwüsteten in diesem Zuge auch verschiedene Städte in Böhmen. S.
für einen Überblick die Darstellung in: Central Europe, hg. BEREND/URBANCZYK/WISZEWSKI, S.
446-448; eine kritische Diskussion von Ausmaß, Wirkung und Rezeption des Mongolenzuges
nach Ungarn sowie der Forschungsdebatten zu diesen Themen bieten
Laszlovszky PowROMHÄNYI Ferenczi Pinke, Contextualizing. I 3 Wilhelm II. (1228-1256),
Graf von Holland seit 1234, römisch-deutscher (Gegen-)König seit 1247. S. HÄGERMANN, Art.
„ Wilhelm II. “ sowie CORDFUNKE, Willem II. | ‘'Florens Floris (gest. 1258), Regent von
Holland und Zeeland, seit 1256 Vormund für seinen Neffen Florens V, Graf von Holland. S.
auch CORDFUNKE, Willem II., S. 26-31. I ^Schlacht von Westkapelle Westkappeln (bei der Insel
Walchem in Zeeland) im Rahmen des flämischen Erbfolgekrieges am 4. Juli 1253, bei der sich
Johann von Avesnes, Graf von Hennegau, im Streit um die hennegallischen Reichslehen seiner
Mutter Margarete, Gräfin von Flandern und Hennegau, mit der Unterstützung des römisch-
10
15
20
BUA 11,2
251
weder die Feinde der Natur in Sodom noch die frevlerischen Söhne Israels
noch die murrenden Juden in der Wüste.
[3] Zu dieser Zeit wurde das Volk der Ungarn mit vielen anderen Reichen
vom Volk der Tartaren, das aus östlicher Richtung kam, grausam zerstört;1
und es wagte schon in Deutschland die Grenzen Böhmens anzugreifen,2 da 5
kam ein gewisser Mann, der um Deutschland selbst und besonders um die
Gebiete Brabants besorgt war, mit aufgeregtem Herzen nach Brabant zu
einer für die damalige Zeit äußerst heiligen Nonne und sagte ihr: „Ich sorge
mich nicht wenig, liebste Mutter, um die Länder, die dem Anblick der
Tartaren am nächsten sind, und fürchte, dass sie auch bei ihnen so 10
verfahren, wie sie schon mit anderen verfahren sind; denn sie haben schon
begonnen, die Grenzen Deutschlands, das heißt Böhmen, anzugreifen.“ Jene
sagt ihm Folgendes: „Nichts sollst du augenblicklich befürchten, mein
Liebster, weil es in diesem Land so viele Seelen von Heiligen gibt und vor
allem in den Klöstern, dass hier kein Heer der Tartaren zu fürchten, sondern 15
mit den Wurfspießen der heiligen Gebete zu vertreiben ist.“ Gesegnet sei
also Gott in allen und durch alle Dinge, „wie wir es gehört haben, so sehen
wir es auch.“
[4] Im Gegensatz dazu hat sich Folgendes ereignet: Bevor in Walchem unter
König Wilhelm, dem Herrn der Römer,3 das Heer der Flandern von Graf 20
Florens4 und den Zeeländem geschlagen wurde,5 wurde einem gewissen
1 Eroberungszüge der Mongolen („Mongolensturm“) 1237-1242, die aus östlicher Richtung gen
Westen führten, über das Reich der Wolgabulgaren, Moskau, die Kiewer Rus nach Kleinpolen
(Krakau) und Schlesien (Schlacht bei Liegnitz 1241; Breslau) sowie nach Ungarn (Schlacht bei
Muhi 1241). S. zu Verlauf, Wirkung und zeitgenössischer Beurteilung SCHMIEDER, Europa und
die Fremden, JACKSON, Mongols, bes. Kap. 3-5 sowie Central Europe, hg.
BEREND/URBANCZYK/WISZEWSKI, S. 443-448. Eine vergleichbare Beschreibung findet sich
bereits in der von Thomas verfassten Vita der hl. Lutgard von Aywieres (Tongeren, 1182-1246;
Mystikerin, zunächst Mitglied des Benediktinnerinenklosters von Saint-Trond, später
Zisterzienserin in Aywieres). S. Thom. Cantimpr. Vita S. Lutgardis III, 1 sowie für weitere
Informationen zu Lutgard Thom. Cantimpr. BUA 1,19,8. | 2Kach der siegreichen Schlacht im
schlesischen Liegnitz (1241) zogen mongolische Einheiten über Böhmen und Mähren Eichung
Ungarn und eroberten bzw. verwüsteten in diesem Zuge auch verschiedene Städte in Böhmen. S.
für einen Überblick die Darstellung in: Central Europe, hg. BEREND/URBANCZYK/WISZEWSKI, S.
446-448; eine kritische Diskussion von Ausmaß, Wirkung und Rezeption des Mongolenzuges
nach Ungarn sowie der Forschungsdebatten zu diesen Themen bieten
Laszlovszky PowROMHÄNYI Ferenczi Pinke, Contextualizing. I 3 Wilhelm II. (1228-1256),
Graf von Holland seit 1234, römisch-deutscher (Gegen-)König seit 1247. S. HÄGERMANN, Art.
„ Wilhelm II. “ sowie CORDFUNKE, Willem II. | ‘'Florens Floris (gest. 1258), Regent von
Holland und Zeeland, seit 1256 Vormund für seinen Neffen Florens V, Graf von Holland. S.
auch CORDFUNKE, Willem II., S. 26-31. I ^Schlacht von Westkapelle Westkappeln (bei der Insel
Walchem in Zeeland) im Rahmen des flämischen Erbfolgekrieges am 4. Juli 1253, bei der sich
Johann von Avesnes, Graf von Hennegau, im Streit um die hennegallischen Reichslehen seiner
Mutter Margarete, Gräfin von Flandern und Hennegau, mit der Unterstützung des römisch-