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BUA 11,3
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[6] Keiner der Vorsteher soll sich beim Erlass auch der erlassbaren Fälle am
Willen statt an der Vernunft orientieren, sondern sie sollen Dispense nur mit
höchster Mäßigung erteilen. Dass diese gemäß Ort, Zeit und Person
gemacht werden, fordert ja doch die kirchliche Notwendigkeit. Derjenige,
der den Dispens erteilt, lasse nicht zu, dass er leicht betrogen wird, und er 5
betrüge sich nicht selbst, wenn er einen Dispens erzwingt, weil es beinahe
von gleicher Gefährlichkeit ist, betrügen zu wollen oder betrogen zu
werden.
[7] Und damit ich das zu unserer Zeit aus dem folgenden Stoff neu
entstandene Übel nicht völlig unberührt übergehe: Der Teufel, jener uralte 10
Betrüger, hat eine neue Art der Apostasie erfunden. Nicht nur aus den alten
Orden, ach, vielmehr aus den vollkommenen Orden der Prediger- und der
Minderbrüder sind gewisse Leute erwachsen, die sich, ohne den eigenen
Stand oder Orden zu bedenken, äußerst schamlos den Gemeinschaften der
älteren Vorsteher verbanden, um durch die Predigt des Kreuzes oder 15
irgendein anderes dazwischentretendes Amt vollständig vom Gehorsam
gegenüber ihren Vorstehern befreit zu werden. Ach, wie grausam, ach, wie
verdorben und jedem Bekenntnis zum Glauben fremd ist eine solche
Befreiung! Und daher schien es eine gerechte Strafe Gottes, dass, welche
Not auch immer die Kirche bedrängt, den durch solche Leute veranlassten 20
und dispensierten Dingen kaum ein gutes und geschuldetes Ende bestimmt
ist. Ja vielmehr vertrauten die guten Vorsteher, die als Leiter der Kirche zu
deren Lenkung eingesetzt wurden, den Älteren der Prediger- und
Minderbrüderorden die Aufgabe an, denen, die „sorgsam die Miene ihres
Viehs“ betrachteten, solche von ihren Schafen zuzuweisen, die durch ein 25
gottesfürchtiges Gewissen und nach Kräften bereit nicht nach dem Ihren
oder den Ihrigen strebten, sondern nach den reinen Dingen und rein nach
„den Dingen Christi“. Ich will, Christus sei mein Zeuge, Bürge sein für
solche Menschen, so dass, wenn durch diese den geweihten Werken der
Kirche kein Erfolg verschafft wird, ich im Angesicht des Richtenden am 30
furchtbaren Tag für einen Lügner und Meineidigen befunden werde.
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[6] Keiner der Vorsteher soll sich beim Erlass auch der erlassbaren Fälle am
Willen statt an der Vernunft orientieren, sondern sie sollen Dispense nur mit
höchster Mäßigung erteilen. Dass diese gemäß Ort, Zeit und Person
gemacht werden, fordert ja doch die kirchliche Notwendigkeit. Derjenige,
der den Dispens erteilt, lasse nicht zu, dass er leicht betrogen wird, und er 5
betrüge sich nicht selbst, wenn er einen Dispens erzwingt, weil es beinahe
von gleicher Gefährlichkeit ist, betrügen zu wollen oder betrogen zu
werden.
[7] Und damit ich das zu unserer Zeit aus dem folgenden Stoff neu
entstandene Übel nicht völlig unberührt übergehe: Der Teufel, jener uralte 10
Betrüger, hat eine neue Art der Apostasie erfunden. Nicht nur aus den alten
Orden, ach, vielmehr aus den vollkommenen Orden der Prediger- und der
Minderbrüder sind gewisse Leute erwachsen, die sich, ohne den eigenen
Stand oder Orden zu bedenken, äußerst schamlos den Gemeinschaften der
älteren Vorsteher verbanden, um durch die Predigt des Kreuzes oder 15
irgendein anderes dazwischentretendes Amt vollständig vom Gehorsam
gegenüber ihren Vorstehern befreit zu werden. Ach, wie grausam, ach, wie
verdorben und jedem Bekenntnis zum Glauben fremd ist eine solche
Befreiung! Und daher schien es eine gerechte Strafe Gottes, dass, welche
Not auch immer die Kirche bedrängt, den durch solche Leute veranlassten 20
und dispensierten Dingen kaum ein gutes und geschuldetes Ende bestimmt
ist. Ja vielmehr vertrauten die guten Vorsteher, die als Leiter der Kirche zu
deren Lenkung eingesetzt wurden, den Älteren der Prediger- und
Minderbrüderorden die Aufgabe an, denen, die „sorgsam die Miene ihres
Viehs“ betrachteten, solche von ihren Schafen zuzuweisen, die durch ein 25
gottesfürchtiges Gewissen und nach Kräften bereit nicht nach dem Ihren
oder den Ihrigen strebten, sondern nach den reinen Dingen und rein nach
„den Dingen Christi“. Ich will, Christus sei mein Zeuge, Bürge sein für
solche Menschen, so dass, wenn durch diese den geweihten Werken der
Kirche kein Erfolg verschafft wird, ich im Angesicht des Richtenden am 30
furchtbaren Tag für einen Lügner und Meineidigen befunden werde.