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Thomas; Burkhardt, Julia [Editor]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0462
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BUA 11,22

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22. Obwohl mehrere Tierarten gierig und habsüchtig sind, ist die Art
der Bienen nicht voll von Anstößigkeiten der Habgier, sondern freut
sich über Wohltaten.
[1] Und dies ist gewiss angemessen, weil gemäß dem Wort des Weisen
„nichts frevelhafter ist“ als ein Habgieriger - hier sollst du ergänzen: ein 5
habgieriger Christ. Gemäß dem Apostel ist nämlich die Habgier
„Götzendienst“, das heißt eine ungeheure Sünde und muss in christlichen
Gebieten ausgetrieben werden.
[2] Diese Habgier verabscheuen auch die Philosophen. Seneca1 nämlich sagt
in seinen Sprichworten:2 „Zu keinem ist der Habsüchtige gut, zu sich aber 10
am schlechtesten.“ „Der Leidenschaft zu entfliehen heißt, Herrschaft zu
besiegen.“ „Einem Habsüchtigen fehlt niemals ein Grund etwas zu
verweigern.“ „Geld ist, wenn du es zu gebrauchen weißt, eine Dienerin;
wenn du das nicht vermagst, ist es eine Herrin.“ „Geld stellt den
Habsüchtigen nicht zufrieden, sondern reizt ihn.“ Was, glauben wir, kann 15
Törichteres geschehen als das? „Nichts ist den Todgeweihten genug.“
„Solange dir nichts genug ist, wirst du selbst den anderen nicht genug sein.“
„Man muss den Belastungen durch Begierden widerstehen; man muss sie
nicht entfalten, sondern verdrängen,“ und wenn sie doch einmal
hereindringen, stellen sie andere an ihren Platz. „Wir müssen ihren 20
Anfängen wehren; besser sie fangen gar nicht erst an, als dass sie aufhören.“
„Die blinde Gier stürzt uns in schändliche, nicht aber zufriedenstellende
Verhältnisse, uns, denen es genug gewesen wäre, wenn uns irgendetwas
genügt hätte, und die wir nicht bedenken, wie angenehm es ist, nichts zu
haben, wie großartig, Erfüllung zu haben und nicht vom Schicksal 25
abzuhängen.“ „Irgendwann werden diese Güter verschwinden, die
heimtückisch sind und für die Hoffenden besser. Wenn etwas Greifbares an
ihnen wäre, würden sie irgendwann einmal in Erfüllung gehen; nun aber
reizen sie nur den Durst der Trinkenden“, sie löschen ihn nicht.

1 Lucius Annaeus Seneca der Jüngere (gest. 65 n. Chr), Politiker und Philosoph. S. für weitere
Informationen Thom. Cantimpr. BUA 1,1,1. | ^Mehrere Zitate, die Thomas von Cantimpre
entweder Seneca zuschrieb oder in seine Zusammenstellungen aus Seneca-Zitaten aufnahm,
lassen sich mit heutigem Wissen apokryphen Werken zuweisen, die stilistisch oder inhaltlich
dem Werk Senecas vergleichbar sind und wohl auch deshalb im Mittelalter diesem zugerechnet
wurden; dazu gehören auch die Sentenzen des Publilius Syrus, welche die Hauptquelle des
folgenden Abschnitts sind. S. zum Gebrauch der Schriften Senecas auch Kapitel II. 3.1. der
Einleitung zur Edition.
 
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