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grüßte diese wie eine Unbekannte und setzte sich ans Feuer. Wenig später,
nachdem sie ihre Augen hatte umherschweifen lassen, begann sie zu klagen,
dass sie müde sei. Die junge Frau fragte daher, woher sie komme und was
sie wolle. Und die Vettel: „Ich weiß nicht, ob du selbst die Tochter dieses
Namens und dieser Mutter bist, die ich als Cousine hier in der Nähe zu 5
haben glaube.“ Ihr sagte die junge Frau: „Ob ich jene bin, weiß ich nicht.
Freilich bin ich unter diesem Namen bekannt und hatte auch diese Mutter.“
Daraufhin beeilte sich die Vettel, das junge Mädchen zu küssen und sagte:
„Du ähnelst deiner so lieben Mutter sehr. Aber was für einen Mann hast
du?“ Und jene antwortete: „Einen guten Mann, der von Beruf 10
Holzhandwerker ist.“ Darauf sagte die Vettel mit einem tiefen Seufzer:
„Ach, Tochter einer hervorragenden Mutter, wie bist du zu diesem Unglück
gekommen, dass ausgerechnet du einen Handwerker als Mann hast, die du
unter deiner Verwandtschaft doch so viele große und reiche Männer
hattest?“ Als sie dies gesagt hatte, ging sie ohne weitere Worte davon, als 15
sei sie sehr betrübt.
Als sie darauf am vierten Tag zurückkehrte, sagte sie: „Ich fühle mich
wahrhaft dazu verpflichtet, dass du nach deinem Unglück wenigstens
reicher an Besitztümern sein solltest. Ich habe also einen Weg gefunden, auf
dem dies erreicht werden kann, wenn du zustimmst. Es gibt in dieser Stadt 20
einen reichen und sehr vermögenden Mann, der dich, wie er mir gestern
sagte, als ich dein Unglück beklagte, über alles hebt und begehrt. Mit
diesem wirst du nämlich alles haben, was auch immer dem Körper
angenehm sein oder ihn schmücken kann.“ Darauf sagte die junge Frau:
„Ich habe einen guten und für mich besseren Mann. Außerdem begehre ich 25
nicht, Reichtümer mit einer Sünde anzuhäufen.“ Darauf sagte die Vettel,
während sie sie mit schmeichlerischem Gesicht beglückwünschte: „Und von
jetzt an liebe ich dich noch mehr.“ Als sie dies sagte, ging sie davon. Nach
drei Tagen kehrte sie zurück und sprach: „Komm mit mir, Liebste, und wir
wollen gleich die Kirche der ruhmreichen Jungfrau besuchen.“ Die 30
aufrichtige junge Frau, die nichts Böses vermutete, gehorchte ihr und ging
mit der Vettel davon. Und als sie an der Tür des Reichen vorbeigingen, wie
es die Vettel im Voraus geplant hatte, wurde die junge Frau fortgerissen und
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grüßte diese wie eine Unbekannte und setzte sich ans Feuer. Wenig später,
nachdem sie ihre Augen hatte umherschweifen lassen, begann sie zu klagen,
dass sie müde sei. Die junge Frau fragte daher, woher sie komme und was
sie wolle. Und die Vettel: „Ich weiß nicht, ob du selbst die Tochter dieses
Namens und dieser Mutter bist, die ich als Cousine hier in der Nähe zu 5
haben glaube.“ Ihr sagte die junge Frau: „Ob ich jene bin, weiß ich nicht.
Freilich bin ich unter diesem Namen bekannt und hatte auch diese Mutter.“
Daraufhin beeilte sich die Vettel, das junge Mädchen zu küssen und sagte:
„Du ähnelst deiner so lieben Mutter sehr. Aber was für einen Mann hast
du?“ Und jene antwortete: „Einen guten Mann, der von Beruf 10
Holzhandwerker ist.“ Darauf sagte die Vettel mit einem tiefen Seufzer:
„Ach, Tochter einer hervorragenden Mutter, wie bist du zu diesem Unglück
gekommen, dass ausgerechnet du einen Handwerker als Mann hast, die du
unter deiner Verwandtschaft doch so viele große und reiche Männer
hattest?“ Als sie dies gesagt hatte, ging sie ohne weitere Worte davon, als 15
sei sie sehr betrübt.
Als sie darauf am vierten Tag zurückkehrte, sagte sie: „Ich fühle mich
wahrhaft dazu verpflichtet, dass du nach deinem Unglück wenigstens
reicher an Besitztümern sein solltest. Ich habe also einen Weg gefunden, auf
dem dies erreicht werden kann, wenn du zustimmst. Es gibt in dieser Stadt 20
einen reichen und sehr vermögenden Mann, der dich, wie er mir gestern
sagte, als ich dein Unglück beklagte, über alles hebt und begehrt. Mit
diesem wirst du nämlich alles haben, was auch immer dem Körper
angenehm sein oder ihn schmücken kann.“ Darauf sagte die junge Frau:
„Ich habe einen guten und für mich besseren Mann. Außerdem begehre ich 25
nicht, Reichtümer mit einer Sünde anzuhäufen.“ Darauf sagte die Vettel,
während sie sie mit schmeichlerischem Gesicht beglückwünschte: „Und von
jetzt an liebe ich dich noch mehr.“ Als sie dies sagte, ging sie davon. Nach
drei Tagen kehrte sie zurück und sprach: „Komm mit mir, Liebste, und wir
wollen gleich die Kirche der ruhmreichen Jungfrau besuchen.“ Die 30
aufrichtige junge Frau, die nichts Böses vermutete, gehorchte ihr und ging
mit der Vettel davon. Und als sie an der Tür des Reichen vorbeigingen, wie
es die Vettel im Voraus geplant hatte, wurde die junge Frau fortgerissen und