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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0041
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Einleitung

aber auch wichtige kirchliche Fragen zur Entscheidung vorgelegt, wie die Inbesitznahme der Pfarreien
durch den Magistrat im Jahr 1524, die Abschaffung der Messe 1529 (s. Nr. 9) oder die Annahme des
Interims 1548. Durch die Konsultation der Schöffen suchte sich der Magistrat Rückendeckung zu ver-
schaffen, insbesondere wenn die zu behandelnden Themen in der Bevölkerung für Unruhe sorgten, wie dies
beim Interim der Fall war (Einleitung zu Nr. 37).
Wenn hier wie im folgenden vom „Magistrat“ die Rede ist, so wird damit die Gemeinschaft des Rates
und der Einundzwanzig (= XXI) bezeichnet. Der Magistrat bildete die oberste Regierungsbehörde, war
also der eigentliche Träger der Staatsgewalt in Straßburg. Der Rat selbst setzte sich aus 20 Mitgliedern der
Zünfte und 10 Konstoflern zusammen. Die 20 Ratsherren der Zünfte wurden durch die Schöffen jeder Zunft
bestimmt, die dafiir meist ein Mitglied aus ihren eigenen Reihen wählten, die Vertreter der Konstofler
hingegen vom abgehenden Rat. Die Amtszeit der Ratsherrn betrug zwei Jahre. Jedes Jahr wurde die Hälfte
des Rates erneuert, so daß zu den 15 alten 15 neue Mitglieder traten. Der Rat hatte seine ursprünglich
große Bedeutung eingebüßt, denn allein, d.h. ohne die XXI, war er im 16. Jh. nur noch als oberste Gerichts-
behörde tätig; alle politischen Entscheidungen traf er hingegen zusammen mit den XXI. Als Gremium
finden die sogenannten XXI erstmals im Jahr 1396 in den Quellen Erwähnung. Seit 1448 zählten sie
insgesamt 32 Mitglieder (22 aus den Zünften und 10 aus den Konstoflern). Die XXI tagten nie allein,
sondern stets zusammen mit dem Rat29.
Von den 32 Mitgliedern der XXI waren 28 in den zwei beständigen Kollegien der Fünfzehner (= XV)
und der Dreizehner (= XIII) tätig; die vier nicht in diesen tätigen Mitglieder wurden als „Ledige“ bezeich-
net. Die beiden Kollegien oder Geheimen Stuben bildeten den Kern der politischen Führung der Stadt
Straßburg. Den XV (bestehend aus 10 Vertretern der Zünfte und 5 Konstoflern) war der Erhalt der Ver-
fassung und der Privilegien der Reichsstadt anvertraut. Sie überwachten die Ausführung der Gesetze,
machten Vorschläge zur Verbesserung der städtischen Ordnungen und garantierten den rechtmäßigen Ver-
lauf der Wahlen. Über die Mitglieder des Magistrats und über die Behörden der Stadt führten sie die
Oberaufsicht. Auch die Kontrolle des städtischen Finanzwesens und der Handelspolitik lag in ihren Hän-
den. Noch größer als das Ansehen der XV war dasjenige der XIII; in der Regel mußte man zunächst einige
Jahre als XV tätig sein, bevor man unter die XIII aufsteigen konnte. Bei den XIII lag die Leitung der
Außenpolitik und die Verantwortung für die militärische Organisation der Stadt30.
Das höchste städtische Amt Straßburgs bekleidete der Ammeister. Er wurde aus den Reihen der 20 aus
den Zünften stammenden Ratsherren für ein Jahr gewählt. Eine Wiederwahl war erst nach Ablauf von fünf
Jahren möglich. Diese erfolgte auch in der Regel, so daß es neben dem amtierenden fünf sogenannte
„ledige“ oder „Altammeister“ gab. Der amtierende Ammeister hatte den Vorsitz bei den Schöffenversamm-
lungen, bei den Sitzungen der XIII, des Rates sowie des Rates und der XXI inne. Nicht angehören durfte er
den XV, weil diese die Kontrolle des Magistrats ausübten. Das Gegenüber zum zünftigen Ammeister
bildeten die vier adeligen Stettmeister (Städtmeister). Das Amt des Stettmeisters war im 16. Jh. aber ein
eher repräsentatives Amt und trat an politischer Bedeutung weit hinter dem des Ammeisters zurück.
Zusammen mit dem Ammeister führte der regierende Stettmeister den Vorsitz im Kollegium der XIII;
darüber hinaus stand er dem Siebener- und Zuchtgericht vor. Ein Ehrenvorrecht bildete die Nennung seines
Namens an erster Stelle in den städtischen Dokumenten31.
Von großer Bedeutung für den politischen Willensbildungsprozeß waren die vom Magistrat eingesetzten
Kommissionen, die bestimmte Fragen vorberieten und dem Rat und den XXI das Ergebnis ihrer Beratun-

29 Vgl. Winckelmann, Verfassung, S. 522-525; Crämer,
Verfassung, S. 24f.; Dollinger, Ville libre, S. 110-112;
Vom Rat werden sie in den Urkunden als unsere freunde
bezeichnet.

30 Vgl. Winckelmann, Verfassung, S. 526-535; Crämer,
Verfassung, S. 21-24; Dollinger, Ville libre, S. 111f.
31 Vgl. Winckelmann, Verfassung, S. 600-607; Crämer,
Verfassung, S. 19-21; Dollinger, Ville libre, S. 109f.

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