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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0174
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Straßburg

heit hin neme, unsere sünd uns geb zu erkennen, die
sunst leider tod und ir schnödigkeit und schand un-
bekant ist. O herr, mach sye lebendig und erleücht
unsere augen, das wir die warheit sehen und warlich
erkennen mögen, wie in uns nichts ist weder54 eyttel
sünd, todt, hell und verdienter zorn Gottes, Und
also zu dem reichen brunnen deiner güte und gena-
den hunger und durst gewinnen Und die mitt danck
annemen, so du uns durch dein eingebornen sun hast
zu gestellet, Welicher mensch unnd unns armen sün-
dern gleichförmig worden, gelitten, gestorben und
auff erstanden ist, auff das er uns von sünden, tod
und hellen erröttet unnd zur aufferstehung, zum
erbteyl des reich Gottes brächte. Verleyhe uns, o
herr und vatter, das wir in unsers erlösers gedecht-
nüß dieses nachtmal, wie er es auff gesetzet, halten
mit getröstem und frölichem hertzen, das in der lie-
be mitt jederman vereiniget sey, Auff das wir uns
nit das urteyl niessen, als die nitt recht underschey-
den den leyb Christi55, des glider wir alle sein56, so
wir an- |C 1r| ders an in all als an das haupt glauben,
Und durch die gelenck der liebe, mitt dem band des
fridens, unseren mittgenossen und nechsten inge-
leibt und angebunden sein, entlediget von zorn, un-
willen, neyd, haß, eygennützigkeit, geyle, un-
keüscheit und von allem, das dem alten menschen
zusteet. Wir bitten dich, erneüre unns im geist un-
sers gemüts, bekleyde uns mit dem newen men-
schen, der nach Gott geschaffen ist in warer gerech-
tigkeit und heyligkeit57, befestige unsern glauben
und hoffnung und geb uns zu bitten, wie unser ler-
meyster Christus Jesus befolhen hat, und auß hert-
zen zu sprechen:
Vatter unnser in dem hymmel, Dein nam sey
heylig. Dein reych komme. Dein will geschee auff
erden, wie in dem hymmel. Unser täglich brot gib
uns hüt und vergib uns unser schuld, als wir unsern
schuldenern vergeben. Unnd fiere uns nitt in ver-
suchung, sonder erlöß uns vom übel. Wann dein ist
54 Als.
55 Vgl. 1Kor 11,27-29.
56 Vgl. Röm 12,4-6; 1Kor 12,12-26.
57 Eph 4,24.
58 Mt 6,9-13.
59 12. März 1525.
60 Prediger an Jung St. Peter war Wolfgang Capito.

das reich und die krafft und die herlichkeit,
Amen58.
Noch endung dises gebets Thut der pfarher ein
kurtz ermanung vonn übung des herren nachtmal,
auff den inhalt des |C 1v| gepets und gemeinlich noch
der getonen predig materien, und beschleüßt auff
die wort des nachtmals, Die er gleych drauff mit
dapfferkeit und underscheidenlich lißt. Als nemlich
am Sontag Reminiscere59 ist die ermanung auff disse
meynung ungeverlich in der pfarr zum Jungen
S. Peter bescheen60, dann die predig was auß dem
ersten capitel zu den Corinthern, von der welt weyß-
heit und vom creütz61, und auß Jo. am. 8. capitel,
von Christo, dem liecht der welt62, etc.
Ermanung
Lieben brüder und schwester, ir wöllen ein jedes bey
im bedencken, mit was hertzlicher begird der herr
Jesus sein leyden für uns gethon hat und wie groß
verlangen er gehebt, das osterlamb mitt seinen jün-
gern zu essen, ee er litte63, Und wie er befolhen hat,
das man diese sein gedechtniß, so offt man sein
nachtmal haltet, haben sol64, Wie die alten christen
in iren versamlungen beynach65 gehalten haben und
wir am Sontag etlicher maß erzeygen, In dem das
etlich auß eüch mit mir essen. Unnd aber hoff ich, ir
alle in steiffem glauben bedencken unnd eben als
wol fruchtbarlich im |C 2r| geyst essen, als die, so er
zuher geen, Dann uns das eüsserlich essen würd vil
unordenung und mühe bringen, wo jederman alle-
mal auch leyplich essen wolt, Dann wir in allen din-
gen nitt eüsserlich thaten des herren, sonder das
hauptstuck innerlichen treyben sollen, welchs hie ist
die gedechtniß unser erlösung, so bey eüch umsten-
dern allen woll sein mag. Darumb ermane ich eüch,
das ir eüch lassen das wort des creützs fohen66, we-

61 1Kor 1,18-31.
62 Joh 8,12-19.
63 Vgl. Mk 14,12-16par.
64 Vgl. 1Kor 11,25.
65 Ungefähr, s. FWb 3, Sp. 946f.
66 Gefangennehmen laßt, s. Grimm, DWb 3, Sp. 1236f.
(s.v. fahen).

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