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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0194
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Straßburg

nit zu dem todt sündenf, nit ligen in wercken der
fynsternus undg glauben dennocht, das Christus ins
fleisch kommen sei51.
Frag.: So mag man sünden nach dem glaubenn?
Ant.: Ja.
Frag.: Wie besteet dann das? Wer glaubt, der hat
das ewig leben, dann alle sünder sind |b 3r| zwar52 im
todt53.
Ant.: Wir haben im glauben hdas lebenh, aber nit
volkommen, dann wir noch nit volkomen glauben,
darumb wir so vil sunden und todt sein, als vil wir
des glaubens mangeln. Dan Got hat alle ding be-
schlossen im unglauben, das er sich yedermans er-
barme54. Das dient zu unser demütigung und treibt
uns zu Gott durch Christum, seitemalj in unserm
fleisch nüt ist dann verzweyflung, aber inn der zusag
Gottes durch den verdienst Christi alle sicherheyt.
Wer das bedenckt, der stirbt im selbs gernn ab und
lendet sich hertzlych auff Gott55, den barmhertzi-
genn vatter.

f Erg. B: dann der samen Gots bleibt in ihn.
g B: dann.
h-h B: das angefangen leben.
i B: das.
j-j B: der dem herren Christo.
k B: auß.
l-l B: oder auß warer gedült, so ich in widerwertigkeyt bin.
m-m B: Und.: Sprich fürter den glauben. Jung.: Der entpfan-
gen ist vom heyligen geyst. Und.: Was ermanen dich sol-
che wort? Jung.: Er ist on mittel eyns mans und über-
natürlich ordnung vom heyligen geyst empfangen, Luce
1 [34-35], Drumb ist er nit in sünden empfangen, wie wir
von unsern müttern inn sünden empfangen seyn, Psalm
LI [7]. Und.: Das er empfangen ist vom heyligen geyst
mag dich bringen in verstandt vil hoher ding. Die be-
denck bey dir selbs, als nemlich erkänte man darauß, das
unser lieber Herr Christus Jesus eyn natürlicher Son
Gottes auch dem fleysch nach ist und gar ausserhalb
dem schlangen biß [vgl. 1Mos 3,15], das ist, der vergiff-
ten wurtzel des fleysch nit verhafftet ist, auff das er der
schlangen haubt zertrette und unsere sündige hertzen
unbrestenhafftig dar stelte und machte auß kindern, die
zum tod ins fleysch geboren sein, kinder Gots, durch den
geyst widergeborn zum ewigen leben [vgl. Joh 3,3.5].
Dieweil er vom heyligen geyst unnd nit auß dem willen
des mans empfangen ist [vgl. Joh 1,13], so ist von natur

Frag.: Kan ich nichts thun zu miner sicherheit?
Ant.: Die sicherheit stat allein im hertzlichen ver-
trawen, wer vil glaubet, der hatt vil. Die weil aber
jder Christoj ernstlich nachvolget und alles zuruck
schlecht, der seyn vertrawen und sein freüd in im
allein hat, wie alle Christen habenn sollen, wirt eyn
yeder gar wol empfinden bei den früchten, was
baums er sey56. Darumb spricht der Herr, Ezech. 20
[20]: Heyligen meine Sabbath, das es sey eyn zey-
chen zwischen mir und euch, und das ir wissen, das
ich eüwer Gott bin. Also, lieber |b 3v| vatter57, er-
kenne ich ink frey williger übung der lieb gegen mey-
nen nechsten loder wann ich in wider wertigkeyt ge-
dultig binnl, das Got bey mir ist und mein hertz
durch sein gnad verwandelt hat, und hab meins
glaubens erfarung. So ferr und nicht weyters ver-
sichern mich die werck.
mFrag: Sprich fürtter den glauben.
Ant.: Der entpfangen ist vom heyligen geyst, gebo-
ren ist auß Maria, der junckfrawenn, gelytten hat

keyn betrug in seym mündt befunden, im hertzen keyn
falscher danck, in wercken nie nüchts unvolkommens,
Sonder ist von anbegin in der höchsten gehorsam des
vatters biß an das end beharret on allen abwanck
[Schwanken, s. FWb 1, Sp. 476]. Darumb hat auch in
ihm gewonet die volkommenheyt und die gottheyt we-
sentlich [Kol 2,9]. Darumb ist er eyn glantz der ehren,
eyn ebenbild des vätterlichen wesens und eyn fürgesetz-
ter erb aller ding, in der gestallt Gottes genant, und halt
sich Gott gleich on raub und unrecht. Darumb haben wir
von ihm, auß ihme und durch ihn alles, das wir vom
vatter haben. Darumb ist er nit eyn knecht oder sünder.
Aber er hatt sich selbs uns knechtlichen sündern zu gut
vernichtet und ist in der gestalt eyns sündigen menschen
worden und gefunden in der figur als eyn gemeyner

51 Vgl. lJoh 4,2.
52 Wahrhaftig.
53 Vgl. Röm 6,23.
54 Röm 11,32.
55 Wendet sich [...] Gott zu, s. Grimm, DWb 12, Sp. 103
(s.v. länden).
56 Vgl. Mt 7,16-18.
57 Mit vatter wird hier der Fragende (ein Geistlicher) ange-
sprochen.

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