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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0195
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8. Der erste Straßburger Katechismus

under dem richter Pontio Pilato, gecreütziget, ge-
storben und begraben.
Frag: Was ermanen dich soliche wort?
Ant.: Er ist vom heiligen geyst entpfangen, Luce. 1
[35], Darumb ist er nit in sünden entpfangen, wie
wir von unsern müttern in sünden entpfangen seien,
Psa. 51 [7].
Uß Maria der iunckfrawen. Die weissagung Esa.
7 [14] ist erfüllet: Ein junckfraw würt entpfahen und
geberen, das ist eyn hell warzeychen Christi.m
Gelitten. Sein gantz leben ist leyden gewesen.
Darumb ist er in die welt komen, den willen seins

vatters zu thun unnd seyn seel in den tod zu geben
für unser erlösung58. Wir haben straff verdient, |b 4r|
unnd er leydet für uns, der nye keyn sünd gethan
hatt59. Aber seyn leyden hatt er am creutz geen-
det60.
Under dem richter Pontio Pilato. Dieser hat der
zeyt zu Hierusalem an statt des Römischen Keysers
als eyn land vogt geregiert, Dann der küniglych ge-
walt was von Juda genomen nach der prophecey Ja-
cobs, Gen. 49 [10]. Die Juden hettenn keyn gewalt
mer, zu richten über das blut, die Heyden musten
auch zu seym todt helffen, Psalm. 2 [2].

mensch, der auß Adam geboren ist [vgl. Phil 2,6-8]. O,
der grossen herligkeyt unnd ehren, das er empfangen ist
vom heyligen geyst unnd nit hatt auß der natur eyn
sündhafftig fleysch, aber den schin und figur des sündt-
baren fleyschs allein getragen und bewisen hat, uns zu
gut, in hunger und dürst, in liden und sterben und in
andern schmertzlichen bewegungen, damit er uns hun-
gerigen mit gerechtigkeyt ersettigt zur aufferstehung,
zür unsterblichkeyt und ewig bestendige freüden brech-
te. Also ist er der erst geborn under vilen brüdern [Röm
8,29], der natürlich erb. Und alle macht und gewalt, sub-
stantz und hab des vatters ist sein als des eynigen waren
erben, Welchs erbteyl wir nochkomling auch durch ihn
besitzen als zuverwandte, als von frömbden zur kindt-
schafft aufgenommen [vgl. Gal 3,26.29 und 4,5; Eph
1,11]. Darumb ist er eyn richter der wellt in krafft des
vätterlichen geysts. Sein urteyl fähet er an durch sein
Apostel unnd gesandten von aussen, die er auß solchem
gewalt abfertigt, allen creaturen zu predigen, das, wer
glaubt und getaufft wurdt, der würt selig werden, und
wer nit glaubt, der selbig würt verdampt [Mk 16,15-16],
Ja, ist schon verdampt und bleibt verdampt, dann er
glaubt nit in den, den der vatter gesandt hat [vgl. Joh
3,18]. Und.: Sag weiter. Jung.: Geboren auß Maria der
Jungfrawen etc. Diser artickel hat sein grundt Jesaie VII
[14]: Drumb würt der herr selbs auch ein zeychen geben:
Sihe eyn Jungfraw würt empfahen und geberen eyn Son
und heyssen sein namen Imanuel, das ist, Gott bey unns.
Dise Prophecey ist nun erfüllet. Und.: Disen artickel be-
were also. Durch Adam ist die sünde über alle menschen
kommen, der richten unnd trachten von der jugent an
böse und sündhafftig unnd unglaubig ist [vgl. 1Mos
8,21]. Dann durch Adam ist der todt komen in die welt
[Röm 5,12], der hat übertretten und ist gestorben und
hat also fürter inn seiner gleichnüß noch seiner bildnuß
geboren, das ist, todte kinder on leben das geystes, bloß

und nacket, welche die stymm des herren fliehen etc. Do
mit nun der schöpffung aller ding rechter beschluß unnd
end gesetzt wurde, hat er der frawen somen verheyssen,
der das haubt der schlangen solte zerknütschen [zerquet-
schen] und widerbringen die schöpffung, so durch den
menschen gar gefallen was. Von eyner frawen hatt er
müssen geboren werden, Genesis 3 [15], und solte der
schlangen haupt zerknütschen. Darumb muste er über
die schlang sein, das sie nur an sein fersen gereichen
möchte. Und kündt also gemeyner ordnung der werck
Gottes noch, die alle ordenlich gehn, nit geboren werden
noch blut und fleysch oder auß dem willen des Adams,
der vom schlangen vergifft und entblösset ist, sonder auß
Got durch würckung seins geists [vgl. Joh 1,13], des fölle
inn ihm, inn disem edelsten geschöpff, dem menschen
Christo Jesu, als in dem haupt wonet unnd auß ihm
käme in alle, so vom somen Gots sein, in die durch den
ersten Adam der tod ingetrungen was. Also hatt er keyn
vatter auß den menschen haben mögen, die alle waren
kinder des zorns [Eph 2,3], Aber eyn weib zur mutter,
auff das er würd under dem gesatz [vgl. Gal 4,4] unnd
unser bruder und haubt, zu welches ebenbild wir ver-
wandelt würden und von seiner natur, von seinem fleisch
und gebeyn weren. Dann niemandt stiget in den hym-
mel, dann der vom hymmel herab gestiegen ist, der Sün
des menschen, der do ist im hymmel, welcher am creutz
erhöhet ist, auff das die an in glauben das ewig leben
haben [vgl. Joh 3,13-15], das ist, mit ihm eyner weren,
über das fleysch und im hymelischen wesen lebten, daß
ewig sein und bliben würt.

58 Vgl. Mt 20,28.
59 Vgl. Jes 53,4-6; 2Kor 5,21.
60 Vgl. zum ganzen Abschnitt auch das Bekenntnis in Phil
2,6-8.

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