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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0213
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8. Der erste Straßburger Katechismus

Damit wir nicht überwunden werden, so bitten wir
den Herren, er wölle uns erlösen vom |e 2r| bösen, das
ist vom teuffel und versucher, auff das er uns durch
seyn arge list nit abzyhe vom guten und under dem
creütz widerspennig und unwillig mache.
Frag: Bedenckestu es allweg so weytleuffyg?
Ant.: Nein, sonder in der gemeyn, das ich seim wil-
len und eeren nach lebe, das er mir mein siint nit
auffrechne und fürter mich behüte, und das er mir
zeytlich fürsehung wie ein vatter seym kyndt thun
wölle und das auß worten, wie es zu yeder zeyt Gott
gibt. Und gehe also zu meiner arbeyt oder lere, wie
mir das mein elternt befelhen.
Frag: Wie haltestu dich über dem essen?
Ant.: Also. Zum ersten, Die weil wir alle ding mit
danck essen sollen, bedancke ich mich Got, dem all-
mechtigen, mit disen oder der gleichen worten:
Herr, Barmhertzyger Gott und Vatter, des güte
und reichlicheyt181 ewiglich weret und der alles, das
lebet, speyset und füret, wir dancken dir umb dise
speyß, die du uns mitgeteilt und geheyliget hast
durch dein wort, und bitten dich, das du unsere se-
len mit dem lebendigen brot, so auß deym |e 2v|
mund geet182, spysen wöllest, auff das wir von dei-
nen gnaden nymmer mer absterben183, Amen.
Frag: Was fürter?
Ant.: Ich iße unnd drinck dann züchtigklich als in
den augen Gotes, der allenthalb zu gegen ist, und
hie nach stand ich für den disch und sprich etwan
nachgeende wort:
Die weyl, Herr unnd schöpffer, du uns geschaf-

t Erg. B: yederzeyt.
u Erg. B: thun auff die undern krefften.

181 Hier wohl: Freigebigkeit, sonst überwiegend in der Be-
deutung: Macht, Herrlichkeit, s. Grimm, DWb 14,
Sp. 594.
182 Vgl. Mt 4,4.
183 Hier: abfallen, s. FWb 1, Sp. 412.
184 Hinbringen, beschließen, s. Grimm, DWb 25, Sp. 1104f.
185 Sich einprägt, s. Lexer 1, Sp. 1423; Grimm, DWb 3,
Sp. 149f.

fen hast und ernerest, auff das deyn herlicheit durch
uns gefürderet werde, so biten wir dich: Verleihe,
das wir disen tag und alle zeyt unsers lebens deim
willen gemeß verschliessen184, deinen namen preysen
und nutz und besserung unsers nechsten schaffen
und vollenden mögen, auff das wir fürter gelassener
seien gegen uns selbs, gedultiger under dem chreutz,
geflissener gegen dem nechsten unnd höher vertrau-
wen in dich, mein Herrn und Gott, setzen, durch
den verdienst Christi Jesu, unsers Herren.
Frag.: Was thustu nun die übrig zeyt?
Ant.: Ich gee zum lermeyster und lerne schreyben
und lesen.
Frag: Was lisestu fürnemlich? Dann vil gelegen ist,
was man anfangs für |e 3r| bücher inbildet185, ir in-
halt bleibt alleweg anhangen.
Ant.: Das Neüwe testament und Titum Livium ver-
deutscht186, aber das testament ist das fürnemst.
Wann ich Livium lise, so bedenck ich, das ich ein
Christ und Gott ergeben bin, und lise mit forcht.
Frag: Es sol dir das höchst sein, das am nechsten
auff Gott weiset. Doch magstu, wie man sunst ein
handtwerck treibt, andere bücher auch lernen. Die
bringen ein weltlichen verstand, üben die ver-
nunfftu, und dem gleubigen hertzen geben sy auch
zu verstan, wie nichts ausserthalb glaub und lieb
bestendig, nütz und sicher sey. Wo inwendig erfa-
rung des glaubens und ein zimlich lesen der welt bü-
cher by ein ander ist, da würt das gemüt nur ye mer
abgezogen von der welt. Doch sol und muß da neben
in der heiligen gschrifft oder sunst in gottselygem

186 Titus Livius’ „Historia ab urbe condita“ erfreute sich
unter den Humanisten großer Wertschätzung. Dabei
spielte die Hervorhebung der Tugenden des Römertums
eine wichtige Rolle. Besondere Beliebtheit genoß die von
Bernhard Schöfferlin und Ivo Wittich stammende deut-
sche Paraphrase des Textes: „Römische Historie uß Tito
Livio gezogen“, deren erste Ausgabe 1505 in Mainz bei
Johannes Schöffer erschien. Zwei Jahre später folgte ein
Straßburger Druck von Johannes Grüninger.

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