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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0215
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8. Der erste Straßburger Katechismus

y-y Text in B (zu S. 181):
Und.: Dazu merck, das solche zukunfft anfang in demütig-
keyt und verachtet gewesen, Aber in thaten und zeychen un-
der des sich ettwas bewiesen, unnd darnach in Aposteln und
Jungern am Pfingsttag durch den heyligen geyst gewaltig
erkleret zur forcht und drütz [Feindseligkeit] allem fleysch.
Noch dem ist ingetretten der widerchrist, der hat Christus
reich zerstöret, als ob er nymme were, dann der grewel setzet
sich bald in den tempel [vgl. Dan 9,27], an die statt Gots,
bitz zur yetzigen zukunfft Christi, der in täglich zerstöret
mit dem schwert seins munds. Es sein allweg ausserwelte
auff erden, es ist aber nit allweg gewisse erkantnüß Christi
bey allen. Die gegen teyl gon zu gleich: Christ unnd wider-
christ, segen unnd fluch. Aber yedes zu seiner zeit hatt uber-
handt, und eyns mag das ander nit leiden. Zweyen herren
magst du nitt zu gleich dienen, Gott und dem Satan [vgl. Mt
6,24 und Lk 16,13: Gott und Mammon],
Jung.: Ich wil mich Gott ergeben und Christi zukunfft war-
ten.
Und.: Es ist recht. Aber merck und nym war, das er yetzund,
liebs kindt, schon bey dir ist und thut sein ampt. Er reyniget
dein hertz. Das gehört wort macht er in dir lebendig. Aber
ehe du zur sicherheyt, das ist, zum gleuben, kommen bist, do
ist er dir verborgen gesin. Der zeit warstu noch under dem
zuchtmeyster, den wercken und der angstigen forcht gots.
Und dise offenbarung Christi in deinem hertzen ist dir (sag
ich) der gerichts tag des gerechten urteyl Gottes. Aber hie ist
es bey dir noch nit gar volendt, dann er würt sein kirch erst
an jhenem tag gantz reyn und on makel dar stellen [Eph
5,27].
Jung.: So blibt das reich Christi alleyn offenbar den auss-
erwelten.
Und.: Neyn, es ist under den Apostlen der welt kündtbar und
uberzügt worden. Durch dein leben und züchtigen wandel
würt Gottes ehr auch in dir erkleret deinen beywonern.
Wann aber das Evangelium weyters gepredigt und menschen
gsatz sampt dem verborgnen entchrist im hertzen, das ist,
eygne lieb und wolgefallen, so sich wider Gott aufrichtet, gar
offenbar und bey yederman außgerutet wurt, so wurt das
reich Christi gar erkleret sein unnd Christus im gantzen re-
gieren, des statt yetzund die sünd inhatt. Das wurt besche-
hen nach ingang der völcker volkommenheyt, so das gantz
Israel selig wurt. Dann, sprich ich, wurt hie auff erden Chri-
stus noch diser zeyt art gar offenbar, doch also, das er in
stäter ubung gegen uns ston wurt und fürter lütern die woren
diener Gotts. Hat der Endtchrist im gantzen so lang regiert,
warumb solte Christus nit auch ettwan im gantzen regieren?
Oder soll die irtumb der warheyt allweg obligen?
Jung.: Ich meyn, ich merck yetzund, das der herr hie zwi-
schen auch vom hymmel zu uns wider kommen wurt.
Und.: Ja, er kompt täglich, wie gesagt ist, aber durch seinen
geist und krafft, in die gotzforchtigen hertzen. Er bewegt die
wasser, treibt sie an eyn ort, mit gnadreichem taüw besuch-
tiget er des hertzen erdtrich und macht es früchtigen gute
werck, das ist, das der mensch auß erkantnüß der bestendi-
gen güte Gots gegen sich, welche glaub genant wurt, dem
nechsten sich gar ergibt, ihm zu dienen zur besserung an
Gott unnd ihn beyden [sowohl ... als auch] in zeytlichen und
geystlichen dingen ihm behülfflich ist. Aber seinethalb be-
fulhet er alle sach Gott, dem allmechtigen, alleyn. Das
würcket in uns diser geysts Gots, der do Christi geyst ist,

und kompt also und würt, wie gesagt, der wellt offenbar
durch uns zum gericht unnd verdamnüß, das doch mehr zu
offenbaren uberig sey, sünst müste Christus sein reich gleich
dem vatter ubergeben, der ihm alle ding hat underworffen
[vgl. 1Kor 15,27-28],
Jung.: Wurt er aber urteylen auch sunst uber lebendigen
unnd todten noch inhalt dises artickels?
Und.: Ja, eygentlich, dann er spricht selbs: Der Sun des men-
schens wurt kommen in sein selbs ehren, dann Gots ehr sein
ehr ist, der ihm gewalt geben hat, das gericht zü halten, dann
er des menschen Sun ist [vgl. Joh 5,22-23]. Alle Engel mit
ihm, die seym geyst dienen unnd gehorsamen. Er wurdt sit-
zen auff dem stul der ehren, das ist, das herlichest richter
ampt üben, das do statt in abscheydung des gefess der ehren
von gefessen des zorns [vgl. Röm 9,22-23], wie eyn hirt die
schaff von böcken abscheydet, welche hie undereynander
vermengt bleiben als wicken und weytzen biß zur zeyt der
erndt [vgl. Mt 13,29-30]. Er, der König, würt sprechen zu
den, so zur rechten sitzen: Kompt her, ihr gesegneten des
vatters, der euch gemacht, erwelet, sein gaben unnd segen
mit geteylt hat, unnd besitzen fürter erblich das königreich,
so euch von der welt gründt an bereyt ist und nit erst auff-
gericht noch eüwerm verdienst, aber auß gnaden euch geord-
net ist, welchs ihr bewisen haben in dem, das ihr mich hün-
grigen gespeiset haben. Dann, was ihr dem wenigsten auß
mein angehörigen gethon, das ist mir selbs beschehen. Hie
noch wurt er den zur gelingten handt sagen: Ihr verfluchten,
gon hyn in das ewig fewr, das bereyt ist dem Teüfel und
seinen Engeln, dann ihr sindt seine Engel unnd botschaffter,
die weil ihr nit als kinder Gots pflegen erbermbd gegen mir,
das ist, gegen den armen, geübt haben, dann mich hat ge-
hüngret, aber ihr speiseten mich nit etc. [s. Mt 25,31-46].
Jung.: Also kompt er dann auß den hymmeln?
Und.: Ja, gewiß, auß dem geystlichen, unsichtbaren wesen
wurt er sich erfür thun und kommen in krefften der wolcken
und alle geschlecht der erden werden in sehen und sich förch-
ten [vgl. Mt 24,30]. Doch ist von disem urteyl sunst weyter
zu reden. Alleyn die gesagten ding merck: das den gesegneten
ihr königreich mit Christo und den verdampten ihr ewig fewr
mit dem teüfel, bede von ewigkeyt, an bereyt sein, auß freyer
wal Gots, des almechtigen[vgl. Mt 25,34], der sein herligkeyt
auch inn geschirren des zorns erzeyget als im gegen teyl [s.
Röm 9,22-23]. Das schwartz und fünster fürdert den glantz
der wysse und des liechts, Sünst möchten wir die gnad gegen
uns der massen nit erkennen, und wie in der schöpffüng al-
lenthalb, ja inn allen wercken das gegen teyl ist, das do er-
klert seine macht. Also wurt das gegenteyl ewig bleiben, sey-
temal die creaturen zur offenbarung Gots ehr ewig dienen
sollen. Drumb spricht er: Ihr verdampten gön in das ewig
fewr [Mt 25,41], darauff dan auch Johannes der Teüffer den
Phariseern traüwet [s. Mt 3,7]. Aber sie, die Phariseer, dich-
ten ihnen eyn gehennam und hell, die zergenglich sey und
nur zwölff monat were [Tosefta San 13,3f.]. Das widerfüchtet
der geyst Christi so dür und dapffer durch sich und seine
Apostel allenthalbenn, dann dise leer der Phariseer und So-
phisten und aller fleyschlichen vernünfft kan nichts anders
dann die werck Gots schmälern und abhoüwen, die man groß
machen unnd in das hertz recht pflantzen solte. Weh ihn, dan
die erkantnüß seiner glory hynderen sie, die do steht in dem
wissen seiner werck ordnung, in den die gerechten wandeln
unnd die unstäten sünder straucheln. Es irret sie, das sie

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