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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0364
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Straßburg

nigen, welche die göttlich lieb und forcht von sol-
chen unordnungen und lastern nit abhielt, auß
scheuh der straff sich deren müssigen13 musten, Und
also alle ding, soviel menschlich und möglich, inn
aller rechter, gotgefelliger Ordnung, zuvorderst
Gott zu Eeren, gemeiner Statt Straßburg zu guttem
|A 3r| nutz und euch und uns allen zu ewiger und
zeitlicher wolffart, abgieng.
Daneben hatten wir gehofft, es solte auß gehör
Göttlichs Worts täglichs je mehr dahin kommen
sein, das meniglich sich selbs beflissen haben solt,
dasselbig begirlich zuhören und sein leben und we-
sen von hertzen darnach anzurichten14, darmit es nit
allein bei eusserlichem schein, hörung der Predig,
bleiben, sonder auch in die werck des lebens gera-
then, das die frembden und meniglich10 die ware
frucht Göttlichs Worts und des seligmachenden
Evangeli bei euch und uns also gespürt und gesehen
hett, das sie sich darab gebessert und zu dem selben
auch beköret16 hetten, dardurch, wie wir dann täg-
lichs bitten, das reich des Herren im zu lob gemehret
unnd sein will desto mehr beschehen wer17.
So befindt sich doch täglichs im werck, das es leider
vil anderst abgangen und das der mehrertheil der
Predig Göttlichs worts urdrüssig18 worden seind,
sich derselben entziehen und nit hören, Sonder zu
der selbigen zeit, ja auch auff die bettag, die wir der
bißher geweßnen und noch vorstehenden gantz
sorgklichen und beschwerlichen zeit und löuff hal-
ben zu abbittung Göttliches zorns und erbittung sei-
ner barmhertzigkeit und gnaden geordnet ha-
ben19, Under den Predigen spacieren gehn oder auff
den blätzen hin und wider stehn, unnütz geschwetz
zu treiben oder sonsten sachen außrichten, die sie
wol zu andern zeiten außrichten möchten und sol-
ten. Die ubrigen, die schon zu hörung der Predig
|A 3v| auff die Sontag und bettag kommen, die er-
zeigen sich sonsten mit irem leben also, das wol dar-

13 Enthalten, s. Grimm, DWb 12, Sp. 2778.
14 Zu ordnen, auszurichten, s. FWb 1, Sp. 1371.
15 Jedermann.
16 Bekehret.
17 Vgl. Mt. 6,10.

bei zusehen ist, das es den eifer nit würckt, den es
billich, wo mans von hertzen höret und annem und
uns die uberschweren, sorgklichen zeiten angelegen
sein liessen, billich und von seiner eigenschafft
würcken soll und allweg gewürckt hatt.
Daher und umb solcher undanckbarkeit willen son-
der zweivel der allmechtig zum höchsten beleidiget,
das er seinen zorn anbrennen und zu wol verdienter
straff die anzognen schweren und sorglichen löuff
uber uns schickt und sich also ansehen laßt, das, wo
man sich nit inn rechter warheit mit buß, rew und
leidt20 zu ime bekert, seiner bewißnen Göttlichen
gnaden mehr dann bißher danckbar ist und nach sei-
nem willen zu leben sich befleißt, Das er es mit uns,
wie er dann mit seinem volck, wann es so undanck-
bar geweßt und also ubel gestanden, allweg gethan,
gäntzlich auß machen21 wöll.
Dieweil nun uns nit allein auß befohlnem ampt der
Oberkeit zustehet, das wir es pflichtig und schuldig,
sonder auß der lieb, auch sonderm geneigtem und
gutem willen, den wir zu euch allen und jedem be-
sonder haben und tragen, euch und unß zu ewiger
und zeitlicher wolfart von hertzen zufürdern bege-
ren und gantz gern fürdern wolten, So haben wir nit
underlassen sollen noch wöllen, euch zu ewer selbs
heil, nutz und wolfart freündtlich, vätterlich und
getrewlich zu erinnern und mit gantzem ernst zu-
befelhen, |A 4r | Das ir alle und jeder besonder die vor
augen schwebenden gantz schwere zeiten unnd löuff,
auß denen dann der angebrunnen22 zorn Gottes klar
und augenscheinlich zusehen ist, mit rechtem ernst
zu hertzen füren, bedencken und zu abwendung der
selben und verhütung der darauß volgenden schwe-
ren straff, auch umb ewer jedes seelen heil und wol-
fart willen, die Predig Göttlichs worts jeder zeit, zu-
vorderst aber auff die Sonnentag und geordnete
Bettag, mit ernst hören und denen, sovil immer
möglich, mit getrewem ernst zugeleben sich befleis-
18 Überdrüssig.
19 Vgl. Nr. 32.
20 Betrübnis, Schmerz, s. FWb 9, Sp. 808-810.
21 Verderben, zerstören, s. FWb 2, Sp. 1178.
22 Entflammte, s. FWb 1, Sp. 1010.

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