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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0390
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Straßburg

Die fürnembsten stück christlicher lehr,
in welchen die kirchendiener sonderlich
wol sollen unterrichtet sein
Christus spricht, Luce am letzten [46-47]: Also ists
geschriben, und also muste Christus leiden unnd
aufferstehn von den todtenn am drytten tag unnd
predigen lassen in seinem namen busse unnd verge-
bung der sünden under allen völckern etc. Diser
spruch zeuget klar, das alle lehr in der christlichen
kirchen in disen zweyen stücken gehen soll, die der
herr selb |3| nennet buß und vergebung der sündenn.
Darumb ist von nötten, das die, so andern im wort
fürgehen sollen, dise zwey stuck recht und gründt-
lich verstehen und nit allein die sprüch, sonder auch
die exempel der heyligen schrifft, so auff dise zwey
stuck sich reymen8, mit fleyß mercken und offt in
den predigen füren.
Das wortt buß heist anders nichts, denn das ein
mensch erkennet, was er unrecht, das ist, wider Got-
tes wortt und sein gewißen, than hat, lests im hertz-
lich leid sein und wölte, er hets nit than, hat auch
den fürsatz, er wölle es nit mehr thun. Weyl aber
solches noch nicht genug ist, sonder es gehört darzu,
das man auch glaube, Gott wölle durch Christum
gnedig sein unnd sünd vergeben, derenhalben brau-
chet man das wort buß für die gantze bekerung des
menschen, die da stehet in dem, das man sünde er-
kennet und glaubet vergebung der sünden durch
Christum. Wo nun erkantnuß der sünde und der
glaub an Christum Jesum als unsern sünden träger
ist, da ist ein rechtgeschaffne und gantze buß. Dann
die sünd allein erkennen und sich des herren |4| Chri-
sti und seines opffers nicht trösten, ist ein unvoll-
kommene buß, wie Cains, Sauls, Judas buß9. Das ist
aber ein gantze und selige buß, das Petrus, Paulus,

8 Dazu passen.
9 Vgl. 1Mos 4,13-14; 1Sam 15,24-26; Mt 27,3-5.
10 Vgl. Joh 21,15-17; 1Kor 15,8-10; Joh 12,1-8.
11 Vgl. Röm 2,18.
12 Androht.
13 Vgl. Röm 6,23.

Magdalena ire sünde erkennen und lassen sich den
herren Christum trösten und hoffen, Gott werde
umb seint willen gnedig sein10, sintemal er ire sünd
als ein mittler uff sich genommen unnd dafür genug
than hat.
Auff das aber die leuth ire sünde erkennen und rew
und layd darüber haben, dazu darff man die predig
des gesetz, denn das gesetz lehret uns, was Gott for-
dert unnd haben will11. Weyl aber alle menschen be-
kennen müssen, sie haben es nicht thun unnd sey
auch in irem hertzen nicht, das sie allenthalb mit
lust und willen das gesetz könden thun, da folget,
das man sich für Gott förchten unnd entsetzen, die
sünd erkennen unnd der straff gewarten muß, wel-
che das gesetz drawet12, nemlich den ewigen
todt13. Derhalb, gleich wie man vor in sünden sicher
und zu sünden lustig gewest, also würdt man jetzt
der sünden halb engstig und |5| wölt, man hets nie
gethon, sintemal wir darumb solcher grewlichen
straffen gewartten müßen, wie man an David sihet,
da der prophet Nathan ihn seiner sünd erin-
nert14. Da stund es gar anderst in seinem hertzen,
denn da er mit den anschlegen umbgieng, wie er
Uriam wegschaffte und sein weib uberkäme15. Sol-
che exempel weysen, wie die sprüch Pauli zuverste-
hen sindt: Durch das gesetz erkennet man die
sünde16, item: Das gesetz richtet zornn an17.
Nun sihet man aber, das solche hertzliche er-
kantnuß der sünde, solche rew unnd laid nit bei al-
len sündern folget. Derhalben soll man wissen, das
umb derselben unbußfertigen willen das gesetz auch
muß getriben sein, auff das sie doch die offentlichen
ergernissen nachlassen und sich in eusserlicher zucht
halten, wie Paulus sagt: Das gesetz ist den unge-
rechten gegeben18.

14 Vgl. 2Sam 12,1-14.
15 Vgl. 2Sam. 11.
16 Röm 3,20 und 7,7.
17 Röm 4,15.
18 1Tim 1,9.

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