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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0391
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38. Kirchenordnung von Johannes Marbach

Zum dritten dienet das gesetz dazu, das es gleich
wie ein liecht soll vor leuchten, auff das die, so schon
durch den glauben in Christum gerechtfertiget
seindt, wißen mügen, was Gott von ihnen fordert
und sie zuthun schuldig sind, auff das sie Gott |6| den
rechten gehorsam leysten in dem eusserlichen leben
und mit eusserlichen werckenn.
Derhalb haben die prediger allenthalb ursach genug,
das sie das gesatz in offentlichen predigten wol und
vil treiben, auff das die, so noch ungehorsam seind,
ire sünd erkennen unnd zu dem herren Christo ge-
füret oder zum wenigsten von fernern sünden abge-
halten, die christen aber zu dem rechten gehorsam
und recht gutten wercken, die Gott selb gebotten
hatt, vermanet werden.
Nach solcher gesetz oder buß predig soll folgen die
ander predig von vergebung der sünden. Die heißet
man mit ihrem eygnen und rechten namen: das
evangelium. Das ist ein solche leer, die der son Got-
tes selb von himel herunnder bracht hatt, in welcher
umb Christus willen Gott auß lautter gnaden unnd
on alle verdienst allen, so an Christum glauben, zu-
gesagt vergebung der sünden, gerechtigkeyt, den
heyligen geyst unnd das ewig leben.
Hie ists hoch von nöten, das man gutt achtung
drauff habe unnd sehe, wie das evangelion allent-
halb dahin dringet, das wir allein durch den |7| glau-
ben an Christum zu vergebung der sünden kommen
und nit durch eygne werck oder verdienst. Derhalb
sollen solche sprüch inen die kirchen diener fleissig
auffzeichnen. Denn diß einig stuck ists, das man die
armen gewissen in todts nötten mit trösten und er-
halten kan.
Unser widertheyl, die papisten, widerfechten in un-
ser lehr nichts so hart, als das wir sagen, man werde
durch den glauben an Christum allein gerecht und
nicht durch eigne werck, denn da ligt inen im weg,
das sie sehen, wie Gott das gesetz haben will und wir
den selbigen gehorsam schuldig seind. Unnd können
sich nicht drauß richtenn, das man demb gesatz
b Korr. aus: das.
19 Vgl. Röm 2,13.

nach soll predigen, wir sollen gute werck thun, und
dem evangelio nach, das die guten werck uns nit zu
hymmel helffen werden, sonder der glaub an Chri-
stum muß es allein thun. Darumb gehört diß dazu,
das man solche leer fein underschide unnd die leuth
also underichte.
Das gesetz ist darumb geben, das wirs thun sol-
len19 oder wissen, das wir in Gottes ungnaden seindt.
|8| Denn Gott will es ye weder haben noch leyden,
das man eebrechen, todtschlagen, fluchen, Gottes
wort verachten, zauberey treiben und anders thun
soll20. Derhalb soll das gesetz, wie oben auch gemel-
det, gleych als ein regel sein, da wir unser leben nach
richten unnd uns vor Gott nit in tieffere schuld
durch den offentlichen ungehorsam einstecken.
Aber bey und neben allem, das uns nach Gottes
wort zuthun müglich ist, lehret der herr Christus
selb, das wir sollen sagen, wir sindt unnütze
knecht21. Denn das ist je war: Neben dem, das unser
leben unnd gewissen uns uberzeuget, das wir nit all-
weg Gottes willen thun noch sein wort gehalten ha-
ben, so ist auch der mangel dran, das all unser thun,
wo es am besten ist, noch unvolkommen unnd un-
reyn ist, der sünde oder des sündtlichen fleischs und
natur halb, die in uns bleibt, dieweyl wir leben. Der-
halb müssen wir neben allem heiligen leben, wo es
am besten ist, mit David sprechen, Psalm 19 [13]:
Wer kan mercken, wie offt er fellt? Verzeyhe mir die
fele, da ich nichts von wayß. |9| Unnd Psalm 143 [2]:
Gehe nicht in das gericht mit deinem knecht, denn
für dir ist kein lebendiger gerecht. Und im 130.
Psalm [3]: So du, herr, wilt sünd zurechen, herr, wer
wird besteen?
Das ist nun unser grund und gewiste ursach, das
wir sagen, kein mensch kan noch mag sich seiner
werck trösten, das er dadurch wölle für Gott beste-
hen. Denn ob es gleich gutte werck sindt, so sindts
doch solche werck, die von uns sündern geschehen.
Derhalb Gott keinen gefallen unser person halb
dran kan haben; vil weniger aber kann er ein genu-
gen daran haben für die sünde, deren wir schuldig
seindt.
20 Vgl. 1Kor 6,9-10; Gal 5,19-21; Eph 5,3-5; Kol 3,5.8.
21 Lk 17,10.

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