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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0404
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Straßburg

Es sollen auch die pfarrherrn in diesem ersten an-
zeigen der kinden fragen, ob die kinder in der eile
vorhin101 die tauff entpfangen haben oder, wie mans
nennet, genot- |56| taufft seyen. Dan wo sie nach
rechter ordenung deß h. tauffs gewißlich genot-
tauffet sinnd, sollen die pfarrherren solche kindt nit
wider tauffen, sonnder die ordenung hallten, die her-
nacher von solchen kindern vollgen würt102.
Wa daß kindt aber nit genottaufft oder nit recht
oder gewüßlich getaufft ist und dan khein solcher
fele an denen erfunden wurdt, die den kindern umb
den tauff bitten, darumb sie vom h. tauff abzuhall-
ten weren, so sollen die pfarherrn und kirchendiener
die jenigen, so umb den tauff bitten, mit allem ernst
erinnern der grossenn gaben Gottes, der widerge-
burt ihn Christo, die sie den kindern begeren, und
des schweren verderbens, uß dem ihre kinder durch
unserm herren Christum im h. tauff erlöset werden,
mit vermanung, das sie ihre kindlin sampt den ge-
vattern und lieben freunden bey rechter zeyt zur
kirchen bringenn.
In der allten kirchen Christi ist der h. tauff allein
des jars zweimal, als zu Ostern und zu Pfingstenn,
gehalten wordenn, wo nit des |57| todts gefar die mit-
theilung in annderen zeyten erfordert hatt. Und
sindt die leuth dazu etwan 40 gantzer tag, etwan
4 wochen, etwan 4 tag mit höchstem vleyß bereitet
und geheiliget. Und nach empfangner tauff haben
sie acht gantze tag mit herlichem feuer Gott umb
solche uberschwenckliche gutthat gedancket, gelobt
und geprißenn und sindt dem h. tauff recht zugele-
ben vermanet wordenn103.
Dieweil aber zu diesen unsern zeiten leider wenig
leuth die hochwurdigkheit unnd heiligkheit deß
h. tauffs recht erkhennen und bedencken, so sollen
die prediger die leuth fleissig vermanen und anhall-
ten, das sie ihre kindt uff die Sontag und andere
feirtag, wan die gantze gemein beieinander versam-
let, in die kirchen zur h. tauff bringenn.

101 Bereits.
102 Siehe S. 344f.
103 Vgl. Nr. 30, S. 334 (§ 10).

Jedoch sollen in alle weg die leuth zum trüwlichsten
vermanet werdenn, wen sie schwache kindlin haben,
die sie nicht zur kirchen bringen mögen (darzu sich
aber ein jedes zum höchsten befleissen solle, damit
das hochwurdig sacrament mit geburender her- |58|
lichkhait geben und empfangen werde), das sie ein
diener der kirchen zu hauß beruffen und denselbigen
ihre kindlin noch rechter ordenung der kirchen teuf-
fen lassenn.
Wo aber in solcher nodt der kirchen diener nit
gleich zur hanndt und zu bekommenn were, so solle
man sehen, das dem kindlin, so viel ihnen muglich,
der h. tauff durch etwan einen gottsfurchtigen man
und nit weyber gegeben werde, wie dan die man und
nit die frauwen die sacrament mitzutheilen verord-
net seindt. Jedoch, wo man die kinder weder zur
kirchen bringen noch den ordenlichen diener der kir-
chen noch einen gottseligen man haben mag, und ein
gottsförchtigs weib, ein hebamme oder ein anndere,
nach der einsatzung deß herren mit wasser im na-
men Gottes vatters, des sons unnd des h. geysts
teuffete, weil dan der tauff deß herren und nit des
dieners werck ist und im herren weder weib noch
man, sonder alles eins ist104, so solle solcher tauff
gehallten und das |59| kindt hernacher nicht wider
geteuffet werden.
Es sollen aber die pfarrherrn den hebammen und
anderen ernstlich unndersagen, das sie die kindlin
nit tauffen, sie seyen dan zuvor volkummenlich an
die welt geboren. Dan so ein kindlin nit gar geboren,
sonder nur mit einem hendlin, fußlin oder sunst ei-
nem annderen theil des leibs sich sehen ließ, soll
man es in keinen weg tauffen. Dan weil die tauff ein
widergeburt ist, so kan das kindt durch die tauff nit
widergeboren werden, es seye den zuvor gantz unnd
gar inn die wellt geborenn.
Gleich wol sollen die, so in solchen nottenn da-
bey seind, bedes105 mutter und das kindt dem al-
mechtigen Gott durch trewliche furbitt befelhen,
das Gott der mutter helffen und das kindlin mit sei-
nem h. geyst begnaden, es von sunden erledigen und
ewig umb Christi Jesu, seines sons, willen, der fur
104 Gal 3,28.
105 Sowohl [...] als auch.

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