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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0452
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Straßburg

Vom bettag auff dem lanndt
Dieweil in den dörfern auf dem lanndt, außgenom-
menn den Sontag, sonst gar keine oder doch wenig
predigen gethan werdenn, so will von nöten sein, das
zum wenigstenn ein tag in der wochenn |249| darzu
verordnett werde, an dem das gemein pawrs volckh
nebenn der predig göttlich worts sich selber, ir ei-
genn und der gantzenn kirchenn anligenn in dem
gleubigen gebett Gott, dem herrenn, furtragenn und
bevelhenn thuen. Derhalben sollenn die pfarherrn
auff dem land mit raht irer kirchenpfleger und
schultheysenn inen einen tag in der wochen erwe-
lenn, der der gantzenn gemein am gelegnestenn sey,
zu einem gemeinen bettag und auff den Sontag in
der amptpredig fleysig dem volck zusprechen, das es
auff solchenn tag erscheine.
Wan dan auff den bestimpten tag nach dem verleut-
tenn das volckh bey einander, so vil muglich, ver-
samlett ist, so fahett der pfarherr vom altar an zu
sprechenn:
Unser anfang sey im |250| namen des herrenn, der
himmell und erden gemacht hatt.
Der herr sey mitt euch. Last uns mit einander
bettenn.
Hie spreche der pfarherr der kirchen fur der ge-
bett eines, so am großenn bettag in der statt zwi-

schenn dem erstenn und andernn psalmenn ge-
braucht wurd, wie hievor verzeychnett ist445. Nach
dem gebett singe er denn Glaubenn446 oder einen an-
dern leychtenn und gemeinen psalmenn, das das
ander volckh mitsingenn kann.
Uff denn psalmenn goht der pfarherr auff die
cantzell, thutt das gebett, wie breuchlich, und ver-
lisett demnach ein stuckh auß seinem ordenlichenn
evangelistenn, so vil er auff ein mal zu erklerenn
getrawett. Dan, dieweyl die pfarrherr auff dem
landt auff die Sontag bey den sontäglichen |251|
evangeliis, wie die durchs gantz jar gefallen, bley-
benn sollenn, so wurdt nutz und gut sein, das sie in
der wuchenn einen evangelistenn von anfang nach
ordnung erklerenn und außlegenn, damit das gemein
volckh die gantze historiam von Christo, unserem
heylanndt, hörenn und faßen muge.
Es sollen sich aber die pfarherr befleysen, das sie
solche predig uber ein halbe stund nit verziehenn,
damit das volckh nit zu lang auffgehaltenn, unwillig
werde und anndere mal desto ungefleyßner erschey-
ne.
Nach der predig spricht er der gemein die offne
schuldt und absolution und verlißett demnach die
letaney447 und vermanett die leuth, das sey bey
inenn selber im fleysig nachsprechenn, beschleust
zuletst mit dem gebett und segenn. |252|

[XVII.] Von dem catechismo

Catechismus in der christenlichen kirchen ist ein
mündtlicher bericht, darinn die fürnempste und nö-
tigste stück der rechten, warhafftenn christlichen
religion erkläret werden. Und ist vor zeitten, da die
christlich kirch auß den alten, beid juden unnd hei-
den, so zu ihren jaren und verstanndt kämen, ver-
samlet warde, der catechismus vor dem tauff gehal-
ten wordenn.
Nach dem aber zu diser zeitt gemeincklich die
kinder in irer kindtheit, da sie des mündtlichen be-
richts noch nicht vähig seindt, getaufft werden, so

soll der catechismus als der, so zu underrichtung der
haupt artickel des rechtenn, warhafftigenn christen-
lichen glaubens denen, die zu ihren jaren unnd ver-
stanndt kommen, notürfftig, mit den kindern, als
bald sie desselben ires alters unnd verstands halben
vähig sein mögen, gehalten werden. Es sollen aber
die pfarher in der stat unnd uff dem lanndt zum
offtermal uff die Sontag in der amptpredig die leuth
vermanen, das sie ihr gesindt, kinder und ehehal-
ten448 fleyßig zum catechismo nach mittag schi-
ckenn unnd sie |253| dobei erinneren, was die elteren

445 Siehe oben S. 432f. 447 Siehe S. 434f.
446 Straßburger Gesangbuch (1541), Bl. Hv - Kr. 448 Gesinde, Dienerschaft, s. oben Anm. 376.

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