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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0683
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61. Kirchenordnung

Sind ihnen ihres Ampts und Standts halben auffer-
leget und befohlen, die Predigten im Münster zu
thun, so den Pfarrern uberbleiben Oder anderer Ver-
hinderung halben von denselben wie auch von dem
Praesidenten des Kirchenconvents nit könden ver-
sehen werden, Zum andern Zuzuspringen und sich
willig gebrauchen zu laßen, wa auch in den andern
Pfarren mangel furfelt, Sampt anderm, so inen auß
erkandtnuß des Kirchenconvents jederzeit auffer-
legt und befohlen wird, Doch mit freündtlichem Be-
dencken ires Vermögens, damit sie nit zu viel bela-
den werden, Sonderlich wenn zu solchem Ampt alte,
erlebte646 Kirchendiener, welche vorhin der Kirchen
lang gedienet haben, gebrauchet werden.
Von den Helffern und ihrem Ampt
Von den Diaconis oder Helffern schreibet der heil.
Apostel Paulus, Sie sollen das Geheimnuß des Glau-
bens in reinem Gewissen haben647, Mit welchen wor-
ten er Zwei stuck erfordert: des Glaubens geheim-
nuß und ein gut Gewissen. Durch des Glaubens
geheimnuß |298| verstehet er die gantze Christliche
Lehr, wie die in der Apostel und Propheten schrifft
dargethan und erklärt worden ist. Die sollen sie in
ihrer Jugent wol studieret und gelehrnet haben,
Auff das sie tüchtig seien, dieselbige andern zur
Aufferbawung furzutragen.
Stehet derwegen der Helffer ampt Erstlich in dem,
wann sie ein zeitlang versuchet und demnach im
Theologico Examine zum Kirchendienst zugelaßen
sind, das sie gemeltes Glaubens geheimnuß der heil.
Göttlichen Schrift, den dreien Symbolis, der Chur-
und Fürstl[ichen] Augspurgischen Confession und
Apologia wie auch der Formulae Concordiae und
den Schrifften Lutheri gemäß neben ihren Pfarrern
trewlich predigen Und also verhelffen, vermög ge-
thaner Zusag, das die heilsam Evangelische Lehre
mäniglich in ihres Kirchspiels gezirck648 bekandt
werde.
646 Altgewordene, Verlebte.
647 1Tim 3,9.
648 Bereich der Kirchengemeinde. Zum Begriff s. DRW 4,
Sp. 857f.

Fürs ander, Das sie ein rein Gewissen haben, das ist,
vor ihre selbst Person glaubig und gute Christen sei-
en, die ihnen den Kirchendienst mit ernst und auff-
richtigem Gemut laßen angelegen und befohlen sein
Und daher ein erbarn, züchtigen, nüchtern Wandel
führen.
Fürs dritte, Die Früpredigten sollen sie nach langem
herbrachtem Brauch als ihr eigen Ampt zu thun und
zu halten schuldig sein, Wie der gleichen auch Tauf-
fen und Ehe einsegnen nach befehl der Pfarrer ver-
richten.
Fürs vierte, Damit der Catechismus auff den Sontag
mit der Jugent geübet und dieselbe in guter Zucht
gehalten werden, Sollen sie ihren Pfarrern mögliches
fleisses beholffen sein.
Fürs fünfte, Ihrer Pfarr Krancke sollen sie willig
und gern besuchen, Der selben gelegenheit649 ihre
Pfarrer berichten und mit derselbigen Rath, was zu
thun oder zu laßen, handlen. |299|
Fürs sechste, Denjenigen, die Christlich im Herren
entschlaffen, sollen sie unbeschwerdt650 die Leich-
predigten thun, Die anders beschaffen651, derselben
halben ihre Pfarrer rath fragen.
Fürs siebende, Ihren Pfarrern und den herren Kir-
chenpflägern sollen sie beholfen sein, die Kirchen
zucht und Disciplin gegen den sträfflichen Pfarrkin-
dern zu uben.
Fürs achte Sollen sie sich in allwege befleißen, das
guter Will, Freundtschafft, Fried und Einigkeit zwi-
schen ihnen und ihren Pfarrern erhalten werden
möge, Und derwegen willig und bereit sein, ihrem
Namen und Standt gemäß alle Geschäffte, dem Kir-
chendienst einverleibt, nach Ordnung und Befehl
ihrer Pfarrer zu verrichten.

649 Lage, s. FWb 6, Sp. 724-726.
650 Frei, ungehindert, s. Grimm, DWb 24, Sp. 352.
651 Gemeint sind die Personen, die nicht Christlich im Her-
ren entschlaffen sind. Siehe dazu auch Nr. 63.

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