61. Kirchenordnung
ernst getrieben und die herwachsende liebe Jugend
in ihrem Christenthumb nit versaumt675 noch ver-
wahrloßet werde.
oFürs sechste, Das die heilige Sacramenta, Tauff
und Abendmal, am Sontag und in der Wochen,
Christi, |311| unsers Herren, Einsatzung und Ord-
nung gemäß den Leuten mitgetheilet und gereichet,
Auch die zuvor außgeruffene Ehen gebürlich einge-
segnet werden, Ohn allein an den grossen Monatli-
chen Bettagen.
πVon dieser Stucke wegen ist nothwendig, Daß
das gantze Straßburgische Ministerium, das ist, alle
Pfarrer und Prediger, wochentlich im Kirchen Con-
vent zusammen kommen, sich hievon Christlich und
Gottsförchtig mit einandern unterreden und ver-
gleichen. Dann ohne solche Vergleichung, gleich wie
aller ding ohnmöglich, das zwischen den Kirchendie-
nern Friede und rechte Gleichförmigkeit beide in
der Lehr und Außtheilung der Sacramenten wie
auch den andern Ceremonien in den Pfarren kan
und mag erhalten werden, Also müssen auch unver-
meidlich, und heist wol täglich, allerhand schwere
und ärgerliche Hendel und Confusiones fürfal-
len676, Deren man aber hernacher ohne zerrüttung
und untergang der gantzen Straßburgischen Kir-
chen nit wider würde können abkommen.
Das auch durch Gottes wunderliche Gnade nun
uber die siebentzig jahr her in soviel grossen und
harten Anstößen und Widerwertigkeiten, welche
hiezwischen der Straßburgischen Kirchen begegnet,
gleichwol das liebe Ministerium aufrecht erhalten
worden, Und das Pfarrer und Prediger in der gesun-
den und reinen Lehr Göttliches worts nach Inhalt
der Chur- und Fürstlichen Augspurgischen Confes-
sion einig blieben und ihr Ampt und Dienst mit
Predigen, Sacrament reichen und andern ihren Ge-
schäfften gleichförmig immer biß hieher fortgetrie-
ben, trewlich gethan und verrichtet haben, Dazu ist
dieser wochentliche Kirchen Convent als ein sonder
o Administration der heil. Sacramenten und Ehe einseg-
nen.
π Nothwendigkeit des Kirchen Convents.
ρ II. Wie die Kirchen zucht anzurichten.
σ Die Sache zuforderst eigentlich erkundigen.
τ Sonderliche geheime Vermahnung.
υ Fürstellen für die Kirchenpfläger.
Mittel von Gott nicht die geringste Ursach gewesen.
|312|
ρZum andern, Die Kirchen Disciplin belangend,
wird von deren im Kirchen Convent solcher gestalt
geredt und gehandelt: Erstlich Sollen die Pfarrer
und ihre Helfer auf ihre Zuhörer ein fleißiges Auff-
sehen und Gemerck677 haben, Ob sie auch dem von
ihnen angehörten Gottes wort und entpfangenen
heil. Sacramenten gemäß Christlich leben und hauß-
halten. σUnd was sie daran mangel und fehl finden,
das ergerliche und unchristliche Laster fürgehn, Sol-
len sie sich anfangs aller Sachen eigentlich erkundi-
gen, Damit niemand durch solches Angeben oder
sonst bösen Verdacht und Argwohn unrecht ge-
schehe.
τIm fall, dann dargethan und befunden wurde,
das die mangelhaffte und sträffliche Person noch
dermaßen geschaffen, Das die Sünde oder das Un-
recht, so fürgangen, noch nicht offentlich bekant,
sondern allein unter etlich wenigen außkommen we-
re, Als da die Leute mit Neid und Haß an einander
gerathen oder das Eheleut ubel haußhalten, das ihre
unnützlich verschwenden, toll und voll werden oder
sonsten in Uneinigkeit, Hader und Zanck mit einan-
der leben, Item ihren Kindern und Haußgesind mit
bösem Exempel fürgehn, als mit Fluchen und mit
Versaumung der Predigt, Item, das sie dieselbige
wie nit zum Catechismo und wahrer Gottesforcht,
also auch nicht zu nutzlicher Arbeit anziehen, und
dergleichen, So sollen sie anfangs nach der Regel
Christi, Matth. 18. cap. [15-17]: Sündiget dein Bru-
der an dir etc., mit inen handlen Und sie in sonder-
heit und allein freundlich ansprechen und vermah-
nen, von gemelten ärgerlichen und unchristlichen
Lastern abzustehn und sich zu bessern.
υIm fall aber, das solch geheime und brüderlich
Ansprechen nichts bei den Mangelhafftigen erschie-
ßen678 und |313| außrichten mag Oder auch das ge-
675 Vernachlässigt.
676 Ellipse: gleich wie aller ding [ganz und gar] ohnmöglich
[...] also müssen auch unvermeidlich.
677 Aufmerken, Beobachtung, s. FWb 6, Sp. 867.
678 Fruchten.
673
ernst getrieben und die herwachsende liebe Jugend
in ihrem Christenthumb nit versaumt675 noch ver-
wahrloßet werde.
oFürs sechste, Das die heilige Sacramenta, Tauff
und Abendmal, am Sontag und in der Wochen,
Christi, |311| unsers Herren, Einsatzung und Ord-
nung gemäß den Leuten mitgetheilet und gereichet,
Auch die zuvor außgeruffene Ehen gebürlich einge-
segnet werden, Ohn allein an den grossen Monatli-
chen Bettagen.
πVon dieser Stucke wegen ist nothwendig, Daß
das gantze Straßburgische Ministerium, das ist, alle
Pfarrer und Prediger, wochentlich im Kirchen Con-
vent zusammen kommen, sich hievon Christlich und
Gottsförchtig mit einandern unterreden und ver-
gleichen. Dann ohne solche Vergleichung, gleich wie
aller ding ohnmöglich, das zwischen den Kirchendie-
nern Friede und rechte Gleichförmigkeit beide in
der Lehr und Außtheilung der Sacramenten wie
auch den andern Ceremonien in den Pfarren kan
und mag erhalten werden, Also müssen auch unver-
meidlich, und heist wol täglich, allerhand schwere
und ärgerliche Hendel und Confusiones fürfal-
len676, Deren man aber hernacher ohne zerrüttung
und untergang der gantzen Straßburgischen Kir-
chen nit wider würde können abkommen.
Das auch durch Gottes wunderliche Gnade nun
uber die siebentzig jahr her in soviel grossen und
harten Anstößen und Widerwertigkeiten, welche
hiezwischen der Straßburgischen Kirchen begegnet,
gleichwol das liebe Ministerium aufrecht erhalten
worden, Und das Pfarrer und Prediger in der gesun-
den und reinen Lehr Göttliches worts nach Inhalt
der Chur- und Fürstlichen Augspurgischen Confes-
sion einig blieben und ihr Ampt und Dienst mit
Predigen, Sacrament reichen und andern ihren Ge-
schäfften gleichförmig immer biß hieher fortgetrie-
ben, trewlich gethan und verrichtet haben, Dazu ist
dieser wochentliche Kirchen Convent als ein sonder
o Administration der heil. Sacramenten und Ehe einseg-
nen.
π Nothwendigkeit des Kirchen Convents.
ρ II. Wie die Kirchen zucht anzurichten.
σ Die Sache zuforderst eigentlich erkundigen.
τ Sonderliche geheime Vermahnung.
υ Fürstellen für die Kirchenpfläger.
Mittel von Gott nicht die geringste Ursach gewesen.
|312|
ρZum andern, Die Kirchen Disciplin belangend,
wird von deren im Kirchen Convent solcher gestalt
geredt und gehandelt: Erstlich Sollen die Pfarrer
und ihre Helfer auf ihre Zuhörer ein fleißiges Auff-
sehen und Gemerck677 haben, Ob sie auch dem von
ihnen angehörten Gottes wort und entpfangenen
heil. Sacramenten gemäß Christlich leben und hauß-
halten. σUnd was sie daran mangel und fehl finden,
das ergerliche und unchristliche Laster fürgehn, Sol-
len sie sich anfangs aller Sachen eigentlich erkundi-
gen, Damit niemand durch solches Angeben oder
sonst bösen Verdacht und Argwohn unrecht ge-
schehe.
τIm fall, dann dargethan und befunden wurde,
das die mangelhaffte und sträffliche Person noch
dermaßen geschaffen, Das die Sünde oder das Un-
recht, so fürgangen, noch nicht offentlich bekant,
sondern allein unter etlich wenigen außkommen we-
re, Als da die Leute mit Neid und Haß an einander
gerathen oder das Eheleut ubel haußhalten, das ihre
unnützlich verschwenden, toll und voll werden oder
sonsten in Uneinigkeit, Hader und Zanck mit einan-
der leben, Item ihren Kindern und Haußgesind mit
bösem Exempel fürgehn, als mit Fluchen und mit
Versaumung der Predigt, Item, das sie dieselbige
wie nit zum Catechismo und wahrer Gottesforcht,
also auch nicht zu nutzlicher Arbeit anziehen, und
dergleichen, So sollen sie anfangs nach der Regel
Christi, Matth. 18. cap. [15-17]: Sündiget dein Bru-
der an dir etc., mit inen handlen Und sie in sonder-
heit und allein freundlich ansprechen und vermah-
nen, von gemelten ärgerlichen und unchristlichen
Lastern abzustehn und sich zu bessern.
υIm fall aber, das solch geheime und brüderlich
Ansprechen nichts bei den Mangelhafftigen erschie-
ßen678 und |313| außrichten mag Oder auch das ge-
675 Vernachlässigt.
676 Ellipse: gleich wie aller ding [ganz und gar] ohnmöglich
[...] also müssen auch unvermeidlich.
677 Aufmerken, Beobachtung, s. FWb 6, Sp. 867.
678 Fruchten.
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