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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0698
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Straßburg

υNach verlesung solcher Ordnungen Soll der
Praeses die Brüder in gemein ernstlich erinnern, Das
sich ihren jeder in den nächstfolgenden dreien oder
vieren tagen, daß ist, biß auff nächstfolgenden Mon-
tag zu Mittag, auff das längst bei der Censorum ei-
nem, der ihme dazu am besten geliebt, anmelde, Er
habe etwas anzuzeigen oder nit, Damit man also ge-
wiß sein mög, das sich die Brüder alle der Censur
unterworffen und sich keiner derselben zuentziehen
begere. |333|
φln dem Anzeigen aber soll auff nachfolgende vier
Puncten in sonderheit gesehen und achtung gegeben
werden:
Erstlich, Ob die Brüder alle und ein jeder in son-
derheit sein Ampt in der Kirchen mit Lehren und
Predigen, mit außspendung der heiligen Sacramen-
ten, Besuchung der Krancken und anderm derglei-
chen getrewlich und fleißig verrichten Oder aber, ob
an einem oder mehren entweder Unrichtigkeit in der
Lehre und Bekantnuß oder sonsten Unfleiß und
Fahrleßigkeit sich erzeigen.
χZum andern, Ob einer von jemands auß den
Brüdern ihrem Leben, eusserlichem Wandel, Thun
und Laßen etwas Klage gehöret Oder selbst derglei-
chen etwas gemerckt, gesehen und verstanden, das
sträfflich und ärgerlich were und einem Kirchendie-
ner nit wol anstünde.
ψZum dritten, Was ihro jeder für ein Zeugnuß
geben könde von der ubrigen Brüder aller Haußhal-
tung, Ob sie dieselbe erbar, züchtig und eingezo-
gen724 anstellen, Auch dero Christlich und wol für-
stehen und dieselbe nottürfftig720 versorgen, Auch
ihrem Stand gemäß Weib und Kinder ehrlich unter-
halten, One argwohn und verleümbdung des Uber-
fluß, Hoffarts und Prachts in Essen, Trincken, Klei-
dung und dergleichen.
υ Ein jeder soll sich bei der Censorum einem anmelden.
φ Warauff in dem Anzeigen zu sehen: 1. Auff die Lehre und
das Kirchen Ampt eines jeglichen Bruders.
χ 2. Auff ihr Leben und eusserlichen Wandel.
ψ 3. Auff ihre Haußhaltung, Weiber, Kinder und Gesinde.
ω 4. Auff gemeine Besserung.
α Erkundigung, ob sich jemand der Censur enteussert ha-
be.
β Nachfrag, Was für Mängel bei den Censoribus angemel-
det worden.

ωZum vierdten, Was ein jeder sonsten in gemein
anzuzeigen habe, das zu Erhaltung Christlicher
Zucht und sonderlich brüderlicher Liebe und Einig-
keit möge gereichen und dienen.
αWann dann obbestimbter Montag herbei kompt,
Sollen die fünf Censores nach Mittag zusamen kom-
men Und erstlichen sich erkundigen, ob sich die
Brüder alle angemeldet und keiner sich der Censu-
rae |334| enteussert habe726, Welches dann leichtlich
zu mercken, wann der Brüder aller Namen auff ei-
nem Zettel nach einandern auffgeschrieben und be-
seit727 verzeichnet wird, bei welchem Censore ein je-
der sich angemeldet habe.
βZum andern Wirdt dann gefragt, Was dann von
den ubrigen Brüdern außerhalb der Censorum in
sonderheit oder auch das gemeine Ministerium und
den gantzen Kirchen Convent betreffendt von den
abwesenden Brüdern angezeigt worden. Und wirdt
darinnen die Gewarsamkeit gehalten, das nit ver-
meldet wirdt, Dieser Bruder habe dieses oder jenes
fürgebracht, Es were dann, das einer für sich selbst
ab einem andern klagte und gegen demselben beger-
te, gehöret zu werden. Es werden auch solche ange-
zeigte Mängel, sie betreffend sonderbare Personen
oder das gemeine Ministerium, fleißig auffgezeich-
net.
γZum dritten Wirdt gleich Umbfrag gehalten, die
abwesende Brüder und das gemeine Ministerium be-
treffend, durch die Censores selbst, Ob sie für ihre
Personen derselben halben etwas anzuzeigen und zu-
vermelden haben.
δZum vierten Tretten dann die Censores selber
ab, einer nach dem andern, Als erstlich der Praeses,
darnach die ubrige viere, jhe einer nach dem andern.
Da wird dann in sonderheit von einem jeden Abge-

γ Was die Censores für sich selbst von den Abwesenden
fürzubringen.
δ Die Censores sollen auch von sich selbst untereinandern
Rede halten.
724 Zurückgezogen, s. Grimm, DWb 3, Sp. 192.
725 Je nach Bedürfnis, s. Götze, S. 168; hinreichend, s.
Grimm, DWb 13, Sp. 929.
726 Entzogen habe.
727 Auf der Seite, s. FWb 3, Sp. 1813f.

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