Straßburg
Sollen derwegen die Lehrmeister und Lehrfrawen
mit besonderm fleiß ihre anbefohlene Lehrkinder
dahin gewehnen, Das sie erstlich in Auffsagung des
Catechismi und der Gebette die Worte nit verstüm-
len oder halb im Mund verschlingen, Auch nit on
allen Verstand als die Atzlen737 daher plaudern, son-
dern also richtig und fertig lehrnen außsprechen,
Damit man darauß abnemmen möge, das sie es auch
von tag zu tag jhe länger, jhe besser lehrnen ver-
stehn.
Deßgleichen sollen sie auch zum andern ihre Lehr-
kinder zu dem Kirchengesang also abrichten738, Das
sie nit allein abermals die Worte im Singen gantz
außsprechen, Sondern auch mit ihren Stimmlin we-
der zu sehr eilen noch zu lang dieselben dähnen, son-
dern auf den Tactum und die Mensuram gute Ach-
tung geben, Damit sie mit der ubrigen singenden
Kirchen ubereinstimmen und alle Confusion des Ge-
sangs vermitten bleibe. Dabei sie dann auch gemelte
ihre Lehrkinder für uppigen, schändlichen Weltli-
chen Liedern und anderer Narrenthäding739 zusin-
gen warnen Und solche ihnen nit gestatten sollen.
|351|
Wa auch, zum dritten, die Knäblin und Töchterlin
in einer Schulstuben müßen gelehret und unterwie-
sen werden, Da soll man desto fleissiger auff sie
Achtung geben, Das sie keine Leichtfertigkeit weder
mit Worten noch Geberden gegen einandern üben
und beweisen, Sondern gleich von Kindheit auf sich
gegen einandern erbar und schamhaftig lehrnen er-
zeigen.
Es sollen auch zum vierten die Lehrmeister und
Lehrfrawen besonders fleisses ihnen laßen angelegen
sein, Das sie ihre anbefohlne Schulkinder gewehnen,
still und züchtig auf der Gassen zugehn, wann sie zu
oder von der Schule und Kirchen gehn und geführt
werden, Item, das sie ihre Psalmen und Evangelia
737 Elstern, s. FWb 2, Sp. 288f., vgl. auch das Verb atzeln
„schwatzen“, „sich leichtsinnig benehmen“.
738 Abrichten ist hier im Sinne von „unterweisen“, „daran
gewöhnen“ gebraucht, s. FWb 1, Sp. 294.
büchlin und anders, was sie in der Schule oder Kir-
chen bedörfen, allezeit fleißig mit sich bringen.
Nit weniger aber Sollen sie auch ihre Lehrkinder
zum fünften dazu anhalten, Das sie nit allein in der
Kirchen still und züchtig seien und der Predigt ohn
alles Geschwätz und Mutwillen fleißig zuhören,
Sondern auch darauß etwas nutzliches behalten und
erzehlen könden.
Wann dann die Lehrmeister und Lehrfrawen sol-
chem ihrem Ampt und Befelch getrewlich nachkom-
men, So sollen auch die Pfarrer ihren Zuhörern sol-
che Schulen zum besten commendieren und befehlen
Und sie oftermals vermahnen, das sie solche Gele-
genheit für ihre herwachsende Jugend nit versau-
men Und gegen solchen Lehrmeistern und Lehrfra-
wen mit schleuniger Bezalung des Schulgelts und in
andere Wege sich danckbar beweisen.
Es soll auch ein jeder Pfarrer seine Schul oder Lehr-
hauße nit allein mit den ordinariis Visitatoribus
Acade- |352| miae740 jhe zu vierthel jahren, sondern
auch sonsten zum oftermal visitirn und besuchen
Und beides die Lehrmeister und Lehrfrawen, so
dann auch die Schulkinder ihres Ampts fleißig erin-
nern.
Dieser Ordnung sollen auch nachkommen die Sigri-
sten741, welche auf dem Land in etlichen Flecken be-
sondere teutsche Schulen halten, Deßgleichen auch
die Pfarrer auf dem Land, welche auß mangel tau-
genlicher Sigristen selbst die Jugend unterweisen
und mit inen Schul halten müßen.
VII. Ordnung Der Kirchen Visitation auf dem Land
Eine Christliche und nutzliche Kirchen Visitation
anzustellen, sind fürnemlich nachfolgende vier
Stuck in Achtung zu nemen, Als zum Ersten, Was
739 Narretei, läppischem Geschwätz.
740 Zu den Schulvisitatoren s. die Erläuterungen unter
Nr. 20, Anm. 23.
741 Küster.
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Sollen derwegen die Lehrmeister und Lehrfrawen
mit besonderm fleiß ihre anbefohlene Lehrkinder
dahin gewehnen, Das sie erstlich in Auffsagung des
Catechismi und der Gebette die Worte nit verstüm-
len oder halb im Mund verschlingen, Auch nit on
allen Verstand als die Atzlen737 daher plaudern, son-
dern also richtig und fertig lehrnen außsprechen,
Damit man darauß abnemmen möge, das sie es auch
von tag zu tag jhe länger, jhe besser lehrnen ver-
stehn.
Deßgleichen sollen sie auch zum andern ihre Lehr-
kinder zu dem Kirchengesang also abrichten738, Das
sie nit allein abermals die Worte im Singen gantz
außsprechen, Sondern auch mit ihren Stimmlin we-
der zu sehr eilen noch zu lang dieselben dähnen, son-
dern auf den Tactum und die Mensuram gute Ach-
tung geben, Damit sie mit der ubrigen singenden
Kirchen ubereinstimmen und alle Confusion des Ge-
sangs vermitten bleibe. Dabei sie dann auch gemelte
ihre Lehrkinder für uppigen, schändlichen Weltli-
chen Liedern und anderer Narrenthäding739 zusin-
gen warnen Und solche ihnen nit gestatten sollen.
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Wa auch, zum dritten, die Knäblin und Töchterlin
in einer Schulstuben müßen gelehret und unterwie-
sen werden, Da soll man desto fleissiger auff sie
Achtung geben, Das sie keine Leichtfertigkeit weder
mit Worten noch Geberden gegen einandern üben
und beweisen, Sondern gleich von Kindheit auf sich
gegen einandern erbar und schamhaftig lehrnen er-
zeigen.
Es sollen auch zum vierten die Lehrmeister und
Lehrfrawen besonders fleisses ihnen laßen angelegen
sein, Das sie ihre anbefohlne Schulkinder gewehnen,
still und züchtig auf der Gassen zugehn, wann sie zu
oder von der Schule und Kirchen gehn und geführt
werden, Item, das sie ihre Psalmen und Evangelia
737 Elstern, s. FWb 2, Sp. 288f., vgl. auch das Verb atzeln
„schwatzen“, „sich leichtsinnig benehmen“.
738 Abrichten ist hier im Sinne von „unterweisen“, „daran
gewöhnen“ gebraucht, s. FWb 1, Sp. 294.
büchlin und anders, was sie in der Schule oder Kir-
chen bedörfen, allezeit fleißig mit sich bringen.
Nit weniger aber Sollen sie auch ihre Lehrkinder
zum fünften dazu anhalten, Das sie nit allein in der
Kirchen still und züchtig seien und der Predigt ohn
alles Geschwätz und Mutwillen fleißig zuhören,
Sondern auch darauß etwas nutzliches behalten und
erzehlen könden.
Wann dann die Lehrmeister und Lehrfrawen sol-
chem ihrem Ampt und Befelch getrewlich nachkom-
men, So sollen auch die Pfarrer ihren Zuhörern sol-
che Schulen zum besten commendieren und befehlen
Und sie oftermals vermahnen, das sie solche Gele-
genheit für ihre herwachsende Jugend nit versau-
men Und gegen solchen Lehrmeistern und Lehrfra-
wen mit schleuniger Bezalung des Schulgelts und in
andere Wege sich danckbar beweisen.
Es soll auch ein jeder Pfarrer seine Schul oder Lehr-
hauße nit allein mit den ordinariis Visitatoribus
Acade- |352| miae740 jhe zu vierthel jahren, sondern
auch sonsten zum oftermal visitirn und besuchen
Und beides die Lehrmeister und Lehrfrawen, so
dann auch die Schulkinder ihres Ampts fleißig erin-
nern.
Dieser Ordnung sollen auch nachkommen die Sigri-
sten741, welche auf dem Land in etlichen Flecken be-
sondere teutsche Schulen halten, Deßgleichen auch
die Pfarrer auf dem Land, welche auß mangel tau-
genlicher Sigristen selbst die Jugend unterweisen
und mit inen Schul halten müßen.
VII. Ordnung Der Kirchen Visitation auf dem Land
Eine Christliche und nutzliche Kirchen Visitation
anzustellen, sind fürnemlich nachfolgende vier
Stuck in Achtung zu nemen, Als zum Ersten, Was
739 Narretei, läppischem Geschwätz.
740 Zu den Schulvisitatoren s. die Erläuterungen unter
Nr. 20, Anm. 23.
741 Küster.
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