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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0705
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61. Kirchenordnung

für Personen zu der Kirchen Visitation gehören,
durch welche sie soll verrichtet werden, 2. Zum an-
dern, Von was Sachen und Puncten bei der Visita-
tion gehandelt werden solle, 3. Mit was Ordnung
und Maß dieselbe sollen verrichtet werden, 4. Und
dann letstlich von der Execution.
I. Was für Personen zu der Kirchen Visitation
gehören, Durch welche sie soll verrichtet werden
Hievon gibt uns gnugsamen und notwendigen Be-
richt Das fürtrefliche und löbliche Exempel des
frommen und gottfürchtigen Königes in Juda, Jo-
saphat |353| genant, von welchem wir lesen im an-
dern Buch der Chronica an dem XVII. Capitul
[7-9], Das er im dritten Jahr seines Königreichs fünf
seiner Fürsten und mit ihnen neun Leviten sampt
zweien Priestern, welche alle an demselben Ort mit
Namen genennet werden, außgesandt habe, das sie
lehren solten in den Stätten Juda, Welchen auch da-
selbsten das Zeugnuß gegeben wird, das sie solchen
Befelch fleißig verrichtet und das Gesatzbuch des
Herren mit sich gehabt und umbher gezogen seien in
allen Stätten Juda und das Volck gelehret haben.
Dieses ist nichts anders dann eine ansehenliche
und wol angestellete Kirchen Visitation gewesen,
Deren auß Befelch und Anordnung der hohen Ober-
keit erstlich beigewohnet haben die Fürsten als Mit-
glieder der weltlichen Regierung, Damit sie dem
gantzen Werck bei den Unterthanen und Zuhörern
desto ein grössers Ansehen machten Und mit dem
Gewalt, welchen sie von Gott und der hohen Ober-
keit entpfangen, die eingerissene Ergernussen ab-
schaffen und, was zur Besserung dienen kundte,
entweder also bald anrichten oder doch mit desto
mehrem Eifer und Ernst befürdern möchten.
Es haben aber solche Kirchen Visitation auch
verrichten helffen die Leviten und Priester, als die
zum Kirchendienst in sonderheit verordnet waren,
Welche dann auch desto besser nit allein an den ge-
meinen Zuhörern, sondern auch an denen Leviten
und Priestern, welche hin und wider in den Stätten
Juda wohneten, das Volck zu lehren, mercken und
wahrnemmen kondten, wa es zu allen theilen mang-
len und fählen wolte. Darumb sie dann auch das
Gesatzbuch des Herren bei sich hatten, das ist Got-

tes heiliges Wort, als die einige Regul und Richt-
schnur, nach welcher der gantze |354| Gottesdienst
angerichtet und alle fürfallende Fälle entscheiden
werden solten.
Und sollen solchem löblichen Exempel billich
alle Christliche Oberkeiten, sie haben große oder
kleine Herrschaften, viel oder wenig Stätte, Flecken
oder Dörfer zu regieren, mit allem Ernst und Fleiß
nachkommen Und, so viel an ihnen ist, darob und
daran sein, das sie nit allein in dem eußerlichen Bur-
gerlichen Leben Gericht und Gerechtigkeit hand-
haben, dem Bösen abwehren und dasselbe straffen,
auch gemeinen Frieden erhalten, Sondern für allen
dingen sollen sie, wie der XXIIII. Psalm [7 und 9]
vermahnet, dem König der Ehrn und Herrn der
Heerscharen, Jesu Christo, ihre Thore weit und die
Thüren hoch machen, das er bei ihnen und ihren
Unterthanen einziehen und bequeme Herberge ha-
ben könde.
II. Von was Sachen und Puncten bei der Kirchen
Visitation gehandelt werden solle
Zu der Kirchen Visitation gehören alle die Geschäf-
te, durch welche Gottes ehre, der wahre Gottes
dienst, Gottseliger Wandel und Leben und der Men-
schen ewige Seligkeit befürdert, Dagegen aber fal-
sche Lehre und ärgerliches Leben bei jungen und
Alten abgeschaft und verbessert werden mag. Soll
derwegen bei der Kirchen Visitation gehandelt wer-
den: 1. Von der Kirchendiener (es seie deren an je-
dem Orth einer oder mehr) offentlichem Ampt und
Befelch, Ob sie denselben mit gebürendem Fleiß und
Trew verrichten, Als mit Predigen, Sacramenta rei-
chen, Catechismum halten, Hochzeiten einsegnen
und Krancke und Betrübte besuchen und trösten
und anderm dergleichen, 2. Von ihrem, |355| der Kir-
chendiener, Leben und Wandel, Auch von ihrer
Haußhaltung, Weib, Kinder und Gesinde, 3. Wie
sich die Zuhörer gegen den Predigten Göttliches
worts, der Ausspendung des heil. Abendmals und
der privata Absolutione oder besondern Verhöre und
Unterricht vor dem Gebrauch des heil. Abendmals
erzeigen und halten, 4. Vom Kindertauf und Ge-
vaterschafft, 5. Von dem Catechismo und Unter-
weisung der Jugend, 6. Von der Schule und dem Kir-

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