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deinem Volk zurückkehren, dich genau erkundigen und im ungarischen
Volk, welches mit deinem Volk verbunden ist, zwei christliche Priester
solcher Art und solcher Gestalt finden, von denen du zur Regel des
christlichen Glaubens erzogen werden wirst.“ Als dies der Heide hörte,
lehnte er es ab, dass sein Geist um die Gemeinschaft der Heiligen betrogen 5
werden sollte. Und bald sagte der König zu ihm: „Es ist unmöglich, dass du
so bei uns bleibst; aber wenn du den Glauben der Christen angenommen
hast, wie ich angeordnet habe, wirst du dich an jener höchst erfreulichen
Gemeinschaft erquicken können.“ Nachdem dies gesagt worden war,
empfing ein auf einem weißen Pferd sitzender Ritter jenen Heiden und 10
führte ihn zur Verwunderung des Volkes zum Heer der Tartaren zurück.
Und er blieb drei Tage bei ihm und verschwand dann plötzlich. Der Adelige
aber suchte, wie es ihm befohlen worden war, die Priester und fand sie und
wurde mit vielen tausend Tartaren zum Glauben erzogen; und er empfing
die heilige Taufe und lebte danach christlich und heilig. Die Gewänder aber, 15
welche er - wie wir gesagt haben - nackt empfangen hatte, waren von
außerordentlicher Farbe und Weichheit. Ihre Federstickerei aber, das heißt
das von einer Nadel gefertigte Werk, konnte nicht als Weberei anerkannt
werden, sondern war ein über alle menschliche Kunstfertigkeit erhabenes,
von göttlicher Tugend gefertigtes Gewebe. Besagten Mann also sahen die 20
vom König von Frankreich gesandten Brüder oft, und später, als sie nach
Frankreich zurückgekehrt waren, berichteten sie den Brüdern das
Geschehene, wie wir es erzählt haben. Und später, als ich es von einem
Bruder erfahren habe, habe ich es bald meinem Gedächtnis und meinen
Aufzeichnungen anvertraut. 25
[15] Über diese Gemeinschaft sagt der höchst ruhmreiche Vater
Augustinus18 in seinem Buch „Über den Gottesstaat“19 auf höchst
feinsinnige Weise Folgendes: „Dabei wird jene heilige und ruhmreiche
Stadt auch an sich als großes Gut empfinden, dass keiner, der niedriger
steht, einen Höherstehenden beneiden wird, sondern so etwa wie am Körper 30
das Auge nicht das sein will, was der Finger ist, und nicht der Fuß das, was
1SHI. Augustinus (354-430), s. Anm. 10. | 19De civitate Dei, Schrift des hl. Augustinus, s. Anm.
11.
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deinem Volk zurückkehren, dich genau erkundigen und im ungarischen
Volk, welches mit deinem Volk verbunden ist, zwei christliche Priester
solcher Art und solcher Gestalt finden, von denen du zur Regel des
christlichen Glaubens erzogen werden wirst.“ Als dies der Heide hörte,
lehnte er es ab, dass sein Geist um die Gemeinschaft der Heiligen betrogen 5
werden sollte. Und bald sagte der König zu ihm: „Es ist unmöglich, dass du
so bei uns bleibst; aber wenn du den Glauben der Christen angenommen
hast, wie ich angeordnet habe, wirst du dich an jener höchst erfreulichen
Gemeinschaft erquicken können.“ Nachdem dies gesagt worden war,
empfing ein auf einem weißen Pferd sitzender Ritter jenen Heiden und 10
führte ihn zur Verwunderung des Volkes zum Heer der Tartaren zurück.
Und er blieb drei Tage bei ihm und verschwand dann plötzlich. Der Adelige
aber suchte, wie es ihm befohlen worden war, die Priester und fand sie und
wurde mit vielen tausend Tartaren zum Glauben erzogen; und er empfing
die heilige Taufe und lebte danach christlich und heilig. Die Gewänder aber, 15
welche er - wie wir gesagt haben - nackt empfangen hatte, waren von
außerordentlicher Farbe und Weichheit. Ihre Federstickerei aber, das heißt
das von einer Nadel gefertigte Werk, konnte nicht als Weberei anerkannt
werden, sondern war ein über alle menschliche Kunstfertigkeit erhabenes,
von göttlicher Tugend gefertigtes Gewebe. Besagten Mann also sahen die 20
vom König von Frankreich gesandten Brüder oft, und später, als sie nach
Frankreich zurückgekehrt waren, berichteten sie den Brüdern das
Geschehene, wie wir es erzählt haben. Und später, als ich es von einem
Bruder erfahren habe, habe ich es bald meinem Gedächtnis und meinen
Aufzeichnungen anvertraut. 25
[15] Über diese Gemeinschaft sagt der höchst ruhmreiche Vater
Augustinus18 in seinem Buch „Über den Gottesstaat“19 auf höchst
feinsinnige Weise Folgendes: „Dabei wird jene heilige und ruhmreiche
Stadt auch an sich als großes Gut empfinden, dass keiner, der niedriger
steht, einen Höherstehenden beneiden wird, sondern so etwa wie am Körper 30
das Auge nicht das sein will, was der Finger ist, und nicht der Fuß das, was
1SHI. Augustinus (354-430), s. Anm. 10. | 19De civitate Dei, Schrift des hl. Augustinus, s. Anm.
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