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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0050
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Straßburg

3. Die frühen Agenden, 1524-1526 (Text S. 120)
Straßburg zählt zu den Städten, in denen sehr früh die Deutsche Messe gefeiert wurde78. Am 16. Februar
1524, also in der Passionszeit, hielt der Helfer am Münster Theobald Schwarz (Nigri) in der Johanneska-
pelle des Münsters zum ersten Mal öffentlich die Messe in deutscher Sprache. Das Datum der Feier ist auf
der Handschrift AMS 1 AST 80, Nr. 2 vermerkt, die das Formular der Messe von Schwarz enthält. Drei
Tage später, am 19. Februar 1524, folgte ihm der Helfer an der Thomaskirche Anton Firn79. Die eigentli-
chen Initiatoren der Feiern dürften aber Matthäus Zell am Münster und der Propst an St. Thomas Wolf-
gang Capito gewesen sein. Trotz des Protestes des bischöflichen Vikars Johannes Odernheim unternahm der
Straßburger Magistrat nichts gegen die deutschen Gottesdienste. Vielmehr schlug er von seiner Seite aus
eine Disputation Odernheims mit den evangelischen Predigern über diese Frage vor. Ein solches Gespräch
kam aber nicht zustande80.
Neben dem Messformular von Schwarz enthält der Kodex AMS 1 AST 80, Nr. 2 auch bereits Formulare
für die Taufe und die Einsegnung der Ehe. Die Handschrift weist eine Vielzahl von Korrekturen und
Ergänzungen von verschiedenen Schreibern auf81. Ein Teil davon floß in den ersten Druck „Teutsche Meß
und Tauff“ ein, der im Juni 1524 aus der Offizin von Wolfgang Köpfel hervorging82. In schneller Folge
erschien dann in den nächsten Jahren eine Vielzahl von Ausgaben mit mehr oder minder vollständigen
Agenden. Von einigen dieser Ausgaben gibt es wiederum mehrere, zum Teil voneinander abweichende
Drucke83. Ab dem „Teutsch Kirchenampt“ sind die Agenden in der Regel mit einem Gesangbuch zusam-
mengedruckt worden. Die meisten dieser Drucke gingen dabei aus der Offizin von Wolfgang Köpfel hervor,
eines Neffen von Wolfgang Capito, der bis zur Mitte des 16. Jh., was die Herstellung von Gesangbüchern
anbelangt, fast ein Monopol besaß84.
Außer der ,,Teutsche[n] Meß und Tauff“ erschien im Jahr 1524 noch die „Ordenung und inhalt Teutscher
Meß“85. Sie enthielt nur ein Formular für die Messe, welches, sieht man von den deutschen Erläuterungen
lateinischer Begriffe ab, wörtlich mit dem der vorhergehenden Ausgabe übereinstimmt. Undatiert ist der
von Karl Reinthaler als Faksimile veröffentlichte Druck des „Teutsch Kirchenampt mit lobgesengen und
götlichen psalmen“86. Reinthaler selbst setzt ihn in das Jahr 1525; ein Erscheinen bereits 1524 ist aber
wahrscheinlich. Neben der Messe enthält das „Teutsch Kirchenampt“ erstmals auch ein Formular für die
Feier der Vesper. Sicher in das Jahr 1525 gehört die „Ordnung des Herren Nachtmal“ mit Formularen für
den Abendmahlsgottesdienst, die Einsegnung der Ehe sowie die Taufe87. Das ebenfalls in das Jahr 1525 zu
datierende „Straßburger kirchen ampt“ enthält dann die für die nachfolgende Zeit maßgebliche Reihenfolge
der Stücke, nämlich Trauung, Taufe, Gottesdienst und Vesper88. Formulare für die Krankenkommunion
und das Begräbnis finden sich erst in den Agenden ab 1537 (s. Nr. 23).
Gottesdienst: Auffällig ist der rasche Wandel der Form des Gottesdienstes innerhalb eines Zeitraums von
nur zwei Jahren89. Die Deutsche Messe von Theobald Schwarz kennt noch den Priester, den Altar, das
Schlagen des Kreuzes, das Waschen der Hände und die Elevation des Kelchs. Als Glaubensbekenntnis wird
das Nicaenum gesprochen. Keine Erwähnung finden der Gemeindegesang und die Predigt. Von einer Kom-

78 Vgl. TRE 2, S. 3.
79 Zur Diskussion um die Priorität s. Hubert, Liturgische
Ordnungen, S. LIII.
80 Vgl. Brant, Annalen, Nr. 4505.
81 Eine kurze Beschreibung der Handschrift findet sich in
Bornert, Réforme, S. 605.
82 = Hubert, Liturgische Ordnungen, Nr. 1.
83 Wegen der Kürze der für die Bearbeitung zur Verfügung
stehenden Zeit konnte jeweils nur ein Druck von jeder
Ausgabe berücksichtigt werden.

84 Vgl. dazu die Liste in Hubert, Liturgische Ordnungen,
S. XI-XXXIX.
85 = Hubert, Liturgische Ordnungen, Nr. 3.
86 = Ebd., Nr. 8.
87 = Ebd., Nr. 12.
88 = Ebd., Nr. 14.
89 Vgl. hierzu Smend, Messen, S. 143-160; Hubert,
Liturgische Ordnungen, S. LXII-LXXIX; Bornert,
Réforme, S. 110-153.

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