Einleitung
munion unter beiderlei Gestalt ist nicht ausdrücklich die Rede. Auch eine Spendeformel fehlt. Bei den
einzelnen Handlungen wird jeweils betont, daß sie zur Gemeinde hin gewandt erfolgen sollen.
Für die in der Handschrift nur mit dem Titel bezeichneten Teile: Introitus, Collecta, Epistola und
Evangelium, liefert der Druck „Teutsche Meß und Tauff“ jeweils entsprechende Texte. Für die Epistelle-
sung sieht er wegen der Thematik, der Rechtfertigung aus Glauben, Gal 3,8-14 vor, für das Evangelium die
Brotrede Jesu aus Joh 6,41-58 (Perikope für den Gründonnerstag). Für die dem Sanctus vorausgehende
Praefatio bietet die „Teutsche Meß und Tauff“ im Anhang verschiedene Ersatzstücke für die Gottesdienste
zu Weihnachten, Epiphanias, Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten. Im Unterschied zur Handschrift ist im
Druck die Austeilung von Brot und Wein an die Gläubigen ausdrücklich hervorgehoben. Vorgesehen ist
anscheinend auch eine vorherige Anmeldung der Kommunikanten.
Trotz der Anlehnungen an die vorhergehende Gestalt des Gottesdienstes fallen im „Teutsch Kirchen-
ampt“ vor allem zwei wichtige Änderungen auf: zum einen der Einzug des Gemeindegesangs und zum
anderen die Predigt. Gerade das Kirchenlied erlebte in Straßburg in der ersten Hälfte des 16. Jh. eine wahre
Blüte durch Matthäus Greiter, Wolfgang Dachstein, Symphorianus Pollio (Altbiesser) und Ludwig
Öler90. Bekannt ist der Einfluß des Straßburger Kirchenliedes auf den Genfer Psalmengesang91. Neben den
Liedern Luthers nahm das eigene Liedgut in den Straßburger Gesangbüchern immer einen hervorragenden
Platz ein. Vor allem die Vertonungen von Kyrie, Gloria und Apostolicum prägten den Gottesdienst.
Mit dem „Teutsch Kirchenampt“ erhielt die Predigt ihren für Straßburg typischen Platz zwischen der
Evangelienlesung und dem Credo92. Augenfällig ist das Abrücken von den Perikopen hin zur Lectio conti-
nua. Das Apostolicum (gesungen) tritt im „Teutsch Kirchenampt“ erstmals neben das sogenannte Nizä-
nische Glaubensbekenntnis, welches dann in der Folge aus den Agenden verschwindet. Keine Erwähnung
mehr finden traditionelle Riten wie das Schlagen des Kreuzes und das Waschen der Hände.
Die Straßburger Prediger hatten sich am 23. November 1524 u.a. wegen der Neugestaltung der Got-
tesdienste in einem Brief an Luther gewandt93. Das Vorwort der 1525 bei Schwan gedruckten „Ordnung des
Herren Nachtmal“ nimmt auf die inzwischen in Straßburg durchgeführten Änderungen ausdrücklich
Bezug. Nun ist die Rede vom „Nachtmahl“ und nicht mehr von der „Messe“. An die Stelle des Altars ist ein
Tisch aus Holz getreten, hinter welchem der „Diener“ und nicht mehr der „Priester“ den Gottesdienst hält.
Eine weitere Stärkung hat der Gemeindegesang erfahren. Neu ist die Distributionsformel beim Abendmahl:
Gedenckent, glaubent, verkündent, das Christus für uch gestorben ist. Smend und Hubert sehen wegen der
zahlreichen Auslegungen einen „Zug zur Lehrhaftigkeit“ in der Agende: Beim Introituspsalm ist eine Aus-
legung vorgesehen, ebenso bei der Epistel und beim Evangelium. Darüber hinaus erfolgt noch eine Ermah-
nung der Teilnehmer am Abendmahl94.
Der Druck des „Straßburger kirchen ampt“ von 1525 galt Hubert nach als verloren95; ein Exemplar ließ
sich aber in der Staatlichen Bibliothek Regensburg nachweisen. Die Agende ist eine Frucht von Bucers
Schrift „Grund und Ursach“, auf die sich Köpfel in seinem Vorwort auch ausdrücklich bezieht. Den ein-
zelnen Formularen sind jeweils Abschnitte vorangestellt, in welchen das neue Verständnis und die neuen
Formen von Gottesdienst, Taufe und Trauung erläutert werden. Beim Gottesdienst ist an die Stelle des
Introitus der Gesang eines Psalms getreten. Das Kyrie und das Gloria werden als entbehrlich bezeichnet.
Anstelle der Epistel kann auch ein Stück aus dem Alten Testament gelesen werden; die Lesung findet aber
auf der Kanzel statt. Die einzelnen biblischen Bücher werden durchgehend ausgelegt. Statt des Apostolicum
kann Luthers „Deutsches Patrem“ gesungen werden. Beim Gebet vor dem Abendmahl wird der Kaiser bei
90 Vgl. Wackernagel 3, S. 89-98 und 509f. Nr. 83, S. 288-297 und Luther, WA Br 3, Nr. 797,
91 Vgl. TRE 32, S. 234. S. 381-390.
92 Vgl. Smend, Messen, S. 155. 94 Vgl. Smend, Messen, S. 156; Hubert, Liturgische Ord-
93 Edition des Briefes in Bucer, Correspondance 1, nungen, S. LXXf.
95 Siehe Hubert, Liturgische Ordnungen, Nr. 14.
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munion unter beiderlei Gestalt ist nicht ausdrücklich die Rede. Auch eine Spendeformel fehlt. Bei den
einzelnen Handlungen wird jeweils betont, daß sie zur Gemeinde hin gewandt erfolgen sollen.
Für die in der Handschrift nur mit dem Titel bezeichneten Teile: Introitus, Collecta, Epistola und
Evangelium, liefert der Druck „Teutsche Meß und Tauff“ jeweils entsprechende Texte. Für die Epistelle-
sung sieht er wegen der Thematik, der Rechtfertigung aus Glauben, Gal 3,8-14 vor, für das Evangelium die
Brotrede Jesu aus Joh 6,41-58 (Perikope für den Gründonnerstag). Für die dem Sanctus vorausgehende
Praefatio bietet die „Teutsche Meß und Tauff“ im Anhang verschiedene Ersatzstücke für die Gottesdienste
zu Weihnachten, Epiphanias, Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten. Im Unterschied zur Handschrift ist im
Druck die Austeilung von Brot und Wein an die Gläubigen ausdrücklich hervorgehoben. Vorgesehen ist
anscheinend auch eine vorherige Anmeldung der Kommunikanten.
Trotz der Anlehnungen an die vorhergehende Gestalt des Gottesdienstes fallen im „Teutsch Kirchen-
ampt“ vor allem zwei wichtige Änderungen auf: zum einen der Einzug des Gemeindegesangs und zum
anderen die Predigt. Gerade das Kirchenlied erlebte in Straßburg in der ersten Hälfte des 16. Jh. eine wahre
Blüte durch Matthäus Greiter, Wolfgang Dachstein, Symphorianus Pollio (Altbiesser) und Ludwig
Öler90. Bekannt ist der Einfluß des Straßburger Kirchenliedes auf den Genfer Psalmengesang91. Neben den
Liedern Luthers nahm das eigene Liedgut in den Straßburger Gesangbüchern immer einen hervorragenden
Platz ein. Vor allem die Vertonungen von Kyrie, Gloria und Apostolicum prägten den Gottesdienst.
Mit dem „Teutsch Kirchenampt“ erhielt die Predigt ihren für Straßburg typischen Platz zwischen der
Evangelienlesung und dem Credo92. Augenfällig ist das Abrücken von den Perikopen hin zur Lectio conti-
nua. Das Apostolicum (gesungen) tritt im „Teutsch Kirchenampt“ erstmals neben das sogenannte Nizä-
nische Glaubensbekenntnis, welches dann in der Folge aus den Agenden verschwindet. Keine Erwähnung
mehr finden traditionelle Riten wie das Schlagen des Kreuzes und das Waschen der Hände.
Die Straßburger Prediger hatten sich am 23. November 1524 u.a. wegen der Neugestaltung der Got-
tesdienste in einem Brief an Luther gewandt93. Das Vorwort der 1525 bei Schwan gedruckten „Ordnung des
Herren Nachtmal“ nimmt auf die inzwischen in Straßburg durchgeführten Änderungen ausdrücklich
Bezug. Nun ist die Rede vom „Nachtmahl“ und nicht mehr von der „Messe“. An die Stelle des Altars ist ein
Tisch aus Holz getreten, hinter welchem der „Diener“ und nicht mehr der „Priester“ den Gottesdienst hält.
Eine weitere Stärkung hat der Gemeindegesang erfahren. Neu ist die Distributionsformel beim Abendmahl:
Gedenckent, glaubent, verkündent, das Christus für uch gestorben ist. Smend und Hubert sehen wegen der
zahlreichen Auslegungen einen „Zug zur Lehrhaftigkeit“ in der Agende: Beim Introituspsalm ist eine Aus-
legung vorgesehen, ebenso bei der Epistel und beim Evangelium. Darüber hinaus erfolgt noch eine Ermah-
nung der Teilnehmer am Abendmahl94.
Der Druck des „Straßburger kirchen ampt“ von 1525 galt Hubert nach als verloren95; ein Exemplar ließ
sich aber in der Staatlichen Bibliothek Regensburg nachweisen. Die Agende ist eine Frucht von Bucers
Schrift „Grund und Ursach“, auf die sich Köpfel in seinem Vorwort auch ausdrücklich bezieht. Den ein-
zelnen Formularen sind jeweils Abschnitte vorangestellt, in welchen das neue Verständnis und die neuen
Formen von Gottesdienst, Taufe und Trauung erläutert werden. Beim Gottesdienst ist an die Stelle des
Introitus der Gesang eines Psalms getreten. Das Kyrie und das Gloria werden als entbehrlich bezeichnet.
Anstelle der Epistel kann auch ein Stück aus dem Alten Testament gelesen werden; die Lesung findet aber
auf der Kanzel statt. Die einzelnen biblischen Bücher werden durchgehend ausgelegt. Statt des Apostolicum
kann Luthers „Deutsches Patrem“ gesungen werden. Beim Gebet vor dem Abendmahl wird der Kaiser bei
90 Vgl. Wackernagel 3, S. 89-98 und 509f. Nr. 83, S. 288-297 und Luther, WA Br 3, Nr. 797,
91 Vgl. TRE 32, S. 234. S. 381-390.
92 Vgl. Smend, Messen, S. 155. 94 Vgl. Smend, Messen, S. 156; Hubert, Liturgische Ord-
93 Edition des Briefes in Bucer, Correspondance 1, nungen, S. LXXf.
95 Siehe Hubert, Liturgische Ordnungen, Nr. 14.
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