Straßburg
6. Mandat gegen die Täufer, 27. Juli 1527 (Text S. 167)
Das am 27. Juli 1527 erlassene erste Straßburger Täufermandat ist eine Reaktion auf den wachsenden
Zustrom von Täufern in die Stadt. Die vergleichsweise milde Haltung des Straßburger Magistrats lockte
die aus anderen Gebieten Vertriebenen an. Das Privileg vom „freien Zug“ ermöglichte die rasche Aufnahme
der Zuwandernden als Schultheißenbürger. Unter den in Straßburg Zuflucht Suchenden befanden sich
einige der führenden Köpfe der Täuferbewegung. So kamen im Laufe des Jahres 1526 Wilhelm Reublin,
Michael Sattler, Ludwig Hätzer, Hans Denck und Martin Cellarius in der Stadt an131. Hans Denck wurde
aber nur einen Monat nach seiner Ankunft nach einem Gespräch mit den Prädikanten wieder aus Straßburg
ausgewiesen132. Auch sonst griff der Magistrat zum Mittel der Ausweisung, wie im Fall des Webers Hans
Wolff von Heidelsheim. Bei seiner Befragung im Mai 1526 hatte er die Kindertaufe abgelehnt und die
Schwertgewalt der Obrigkeit als unvereinbar mit dem christlichen Stand bezeichnet. Darüber hinaus hatte
er die Pfarrer scharf angegriffen, indem er ihnen vorwarf, nur Gewinn zu suchen und das recht gots voort nit
zu predigen133.
In Straßburg selbst hatte bereits 1524 der Gärtner und Laienprediger Clemens Ziegler in seinem Traktat
„Von der waren nyessung beids leibs und bluts Christi [...] und von dem tauff“ die Kindertaufe als widder die
geschrifft verworfen134. Auch die Straßburger Prädikanten äußerten zunächst Bedenken an der Schriftge-
mäßheit der Kindertaufe, wie das gemeinsame Schreiben an Luther vom 23. November 1524 zeigt135. Trotz
ihrer Bedenken hielten sie aber an der Kindertaufe als einem altkirchlichen Brauch fest. In „Grund und
Ursach“ verwarf Bucer Ende 1524 dann ausdrücklich die Wiedertaufe136. Er wurde in der Folge zum schärf-
sten Gegner des Täufertums. Wegen ihrer Haltung mußten sich die Prädikanten Spott gefallen lassen137. Am
21. Februar 1527 (nicht 1526) erging ein erster Beschluß des Rates: Des tauffs halb sey meiner herren begeren,
das sie einem jeden mitt dem tauff seiner kinder uff sein ansuchen gehorsam seyen unnd darzu kein newerung
mer fürnemen, sonder zuvor mein herren anzeigen138.
In dem Mandat vom 27. Juli 1527, das die Grundlage für die späteren Maßnahmen des Magistrats
gegen verschiedene Täuferführer bildete, wird den Täufern vor allem die Mißachtung der von Gott einge-
setzten Obrigkeit und die Zerstörung der Einheit des christlichen Gemeinwesens vorgeworfen. Den Bewoh-
nern von Stadt und Landschaft wird jegliche Form der Unterstützung für sie untersagt. Die Lehre der
Täufer selbst spielt in dem Mandat keine Rolle. Im Vergleich zu den Erlassen anderer Orte sind seine
Bestimmungen eher milde. Das Mandat wurde am 24. September 1530 erneuert139.
7. Verbot der Bestattungen in Kirchen und auf Kirchhöfen, 8. August 1527 (Text S. 169)
Befanden sich die Begräbnisstätten in der Antike außerhalb der Siedlungen, wurden sie im Laufe des
Mittelalters mehr und mehr in diese hineinverlagert. Es entstanden um die Pfarrkirchen, später auch um
die Kirchen der Bettelordensklöster herum Friedhöfe. Der Grund für die Verlagerung war die Auffassung,
daß den Verstorbenen durch die Nähe der Heiligen und ihrer Reliquien besondere Kraft und Förderung für
das Seelenheil zufließe. Entsprechend wurden die Gräber auf den Altar mit den Reliquien des Heiligen
ausgerichtet. Die Kirchenräume selbst wurden zu Begräbnisstätten, zunächst nur für Geistliche und beson-
ders angesehene Gemeindeglieder, dann auch für andere Gläubige, wenn diese die nötigen finanziellen Mit-
tel für die Bestattung innerhalb der Kirche aufbringen konnten140.
131 Vgl. Adam, Kirchengeschichte Straßburg, S. 113-117.
132 Vgl. QGT Elsaß 1, Nr. 60 und 61, S. 58f.
133 Ebd., Nr. 47, S. 52-54.
134 Vgl. QGT Elsaß 1, Nr. 8, S. 12-18. Zu Clemens Ziegler s.
Rodolphe Peter, Le Maraicher Clement Ziegler,
l’homme et son oeuvre, in: RHPHR 34 (1954),
S. 255-282.
135 Bucer, Correspondance 1, Nr. 83, S. 288-297; Lu-
ther, WA Briefe 3, Nr. 797, S. 381-390.
136 Vgl. Bucer, Deutsche Schriften 1, S. 254-262 (zur Kin-
dertaufe, S. 258-260); QGT Elsaß 1, Nr. 34, S. 46.
137 Vgl. Brant, Annalen, Nr. 4686.
138 Vgl. QGT Elsaß 1, Nr. 44, S. 51.
139 Ebd., Nr. 222, S. 268.
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6. Mandat gegen die Täufer, 27. Juli 1527 (Text S. 167)
Das am 27. Juli 1527 erlassene erste Straßburger Täufermandat ist eine Reaktion auf den wachsenden
Zustrom von Täufern in die Stadt. Die vergleichsweise milde Haltung des Straßburger Magistrats lockte
die aus anderen Gebieten Vertriebenen an. Das Privileg vom „freien Zug“ ermöglichte die rasche Aufnahme
der Zuwandernden als Schultheißenbürger. Unter den in Straßburg Zuflucht Suchenden befanden sich
einige der führenden Köpfe der Täuferbewegung. So kamen im Laufe des Jahres 1526 Wilhelm Reublin,
Michael Sattler, Ludwig Hätzer, Hans Denck und Martin Cellarius in der Stadt an131. Hans Denck wurde
aber nur einen Monat nach seiner Ankunft nach einem Gespräch mit den Prädikanten wieder aus Straßburg
ausgewiesen132. Auch sonst griff der Magistrat zum Mittel der Ausweisung, wie im Fall des Webers Hans
Wolff von Heidelsheim. Bei seiner Befragung im Mai 1526 hatte er die Kindertaufe abgelehnt und die
Schwertgewalt der Obrigkeit als unvereinbar mit dem christlichen Stand bezeichnet. Darüber hinaus hatte
er die Pfarrer scharf angegriffen, indem er ihnen vorwarf, nur Gewinn zu suchen und das recht gots voort nit
zu predigen133.
In Straßburg selbst hatte bereits 1524 der Gärtner und Laienprediger Clemens Ziegler in seinem Traktat
„Von der waren nyessung beids leibs und bluts Christi [...] und von dem tauff“ die Kindertaufe als widder die
geschrifft verworfen134. Auch die Straßburger Prädikanten äußerten zunächst Bedenken an der Schriftge-
mäßheit der Kindertaufe, wie das gemeinsame Schreiben an Luther vom 23. November 1524 zeigt135. Trotz
ihrer Bedenken hielten sie aber an der Kindertaufe als einem altkirchlichen Brauch fest. In „Grund und
Ursach“ verwarf Bucer Ende 1524 dann ausdrücklich die Wiedertaufe136. Er wurde in der Folge zum schärf-
sten Gegner des Täufertums. Wegen ihrer Haltung mußten sich die Prädikanten Spott gefallen lassen137. Am
21. Februar 1527 (nicht 1526) erging ein erster Beschluß des Rates: Des tauffs halb sey meiner herren begeren,
das sie einem jeden mitt dem tauff seiner kinder uff sein ansuchen gehorsam seyen unnd darzu kein newerung
mer fürnemen, sonder zuvor mein herren anzeigen138.
In dem Mandat vom 27. Juli 1527, das die Grundlage für die späteren Maßnahmen des Magistrats
gegen verschiedene Täuferführer bildete, wird den Täufern vor allem die Mißachtung der von Gott einge-
setzten Obrigkeit und die Zerstörung der Einheit des christlichen Gemeinwesens vorgeworfen. Den Bewoh-
nern von Stadt und Landschaft wird jegliche Form der Unterstützung für sie untersagt. Die Lehre der
Täufer selbst spielt in dem Mandat keine Rolle. Im Vergleich zu den Erlassen anderer Orte sind seine
Bestimmungen eher milde. Das Mandat wurde am 24. September 1530 erneuert139.
7. Verbot der Bestattungen in Kirchen und auf Kirchhöfen, 8. August 1527 (Text S. 169)
Befanden sich die Begräbnisstätten in der Antike außerhalb der Siedlungen, wurden sie im Laufe des
Mittelalters mehr und mehr in diese hineinverlagert. Es entstanden um die Pfarrkirchen, später auch um
die Kirchen der Bettelordensklöster herum Friedhöfe. Der Grund für die Verlagerung war die Auffassung,
daß den Verstorbenen durch die Nähe der Heiligen und ihrer Reliquien besondere Kraft und Förderung für
das Seelenheil zufließe. Entsprechend wurden die Gräber auf den Altar mit den Reliquien des Heiligen
ausgerichtet. Die Kirchenräume selbst wurden zu Begräbnisstätten, zunächst nur für Geistliche und beson-
ders angesehene Gemeindeglieder, dann auch für andere Gläubige, wenn diese die nötigen finanziellen Mit-
tel für die Bestattung innerhalb der Kirche aufbringen konnten140.
131 Vgl. Adam, Kirchengeschichte Straßburg, S. 113-117.
132 Vgl. QGT Elsaß 1, Nr. 60 und 61, S. 58f.
133 Ebd., Nr. 47, S. 52-54.
134 Vgl. QGT Elsaß 1, Nr. 8, S. 12-18. Zu Clemens Ziegler s.
Rodolphe Peter, Le Maraicher Clement Ziegler,
l’homme et son oeuvre, in: RHPHR 34 (1954),
S. 255-282.
135 Bucer, Correspondance 1, Nr. 83, S. 288-297; Lu-
ther, WA Briefe 3, Nr. 797, S. 381-390.
136 Vgl. Bucer, Deutsche Schriften 1, S. 254-262 (zur Kin-
dertaufe, S. 258-260); QGT Elsaß 1, Nr. 34, S. 46.
137 Vgl. Brant, Annalen, Nr. 4686.
138 Vgl. QGT Elsaß 1, Nr. 44, S. 51.
139 Ebd., Nr. 222, S. 268.
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