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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0058
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Straßburg

später einen Katechismus. Dieser Katechismus ist zum einen in einer lateinischen Fassung überliefert, die
den Titel „De pueris instituendis ecclesiae Argentinensis isagoge“ trägt149 und im August 1527 in Straßburg
bei Johannes Herwagen d. Ä. erschien (VD 16, C 833). Zum anderen gibt es aus dem gleichen Jahr eine
deutsche Fassung des Katechismus mit dem Titel „Kinder bericht und fragstuck vonn gemeynen puncten
Christlichs Glaubens“. Sie wurde bei Thomas Köpfel in Straßburg (VD 16, C 835 und 836) und bei Thomas
Wolf in Basel (VD 16, C 834) gedruckt. Sowohl in der lateinischen als auch in der deutschen Fassung fehlt
der Name des Autors; möglicherweise sollte der Katechismus auf diese Weise als ein gemeinsames Werk der
diener im wort zu Straßburg erscheinen150, die im Untertitel der deutschen Fassung erwähnt sind. Der Name
des Autors ist aber in der Neuauflage des „Kinder bericht“ von 1529 enthalten (VD 16, C 837)151.
Umstritten ist in der Literatur, welcher der Fassungen der Vorrang zukommt, da sich beide zueinander
nicht wie Original und (wortgetreue) Übersetzung verhalten. Ferdinand Cohrs betrachtet die lateinische
Fassung als die frühere. Die deutsche Fassung ist für ihn eine „in Rücksicht auf den praktischen Gebrauch“
verkürzte Bearbeitung des lateinischen Textes. Dafür führt er sprachliche Gründe an. Laut Cohrs hatte
Capito den Katechismus in der ihm vertrauten lateinischen Sprache zunächst den Straßburger Prädikanten
vorgelegt, um sich ihrer Zustimmung zu versichern. Nachdem er das Placet der Kollegen erhalten hatte,
übertrug er den lateinischen Text ins Deutsche, wobei er deren Änderungswünsche einarbeitete152. Warum
er den lateinischen Text, bei dem es sich Cohrs zufolge ja nur um eine Vorlage für die Amtsbrüder handelte,
dann in den Druck gab, beantwortet Cohrs jedoch nicht. Ebenfalls mit sprachlichen Argumenten plädiert
August Lang für den deutschen Text als den früheren. In „De pueris instituendis“ sieht er eine für den
Gebrauch in den Lateinschulen bestimmte „humanistisch stilgerechte Übertragung resp. Umschreibung“
der deutschen Fassung153. In diesem Band wird nur der für den kirchlichen Unterricht bestimmte deutsche
Text ediert; für den lateinischen Text sei auf die Ausgabe von Cohrs im Rahmen der „Monumenta Ger-
maniae Paedagogica“ verwiesen.
Der lateinische Text lag einer englischen Übertragung zugrunde, die noch im gleichen Jahr wie der
Katechismus, nämlich 1527, bei Johannes Schott in Straßburg unter dem Titel „A brefe dialoge bitwene a
Christen father and his stobborne sonne, whom he wolde fayne brynge to the right understondynge of a
Christen mans lyvynge“ erschien154. Ihr Verfasser war William Roye, der England 1524 als Glaubensflücht-
ling verlassen mußte und in Straßburg Aufnahme fand. Royes Übertragung ist stärker dialogisch angelegt
als die Vorlage. Zudem hebt sie sich auch durch einen deutlich schärferen anti-klerikalen Ton hervor155.
Wie die meisten zeitgenössischen Katechismen ist auch Capitos „Kinder bericht“ in der Frage-Antwort-
Form aufgebaut156. Von ihrer Länge her nehmen die Antworten jedoch teilweise den Charakter kleiner
theologischer Abhandlungen an. Capitos Katechismus ist in erster Linie ein Lehrgespräch über das Sym-
bolum Apostolicum157. Das Glaubensbekenntnis wird dafür in einzelne Worte oder in einzelne Sätze aufge-
teilt. Als weitere Gliederung sind Überschriften: „Von der Lehre“, „Vom Tauff“ und „Vom brauch des
nachtmals“, eingefügt. Es wird jedoch vieles zur Erläuterung herangezogen, das mit dem Wortlaut des

149 Bei der Wahl des Titels könnte Erasmus’ „Libellus de
pueris statim ac liberaliter instituendis“ als Vorbild
gedient haben.
150 Diese Vermutung äußert Hartmut Rudolph in Bucer,
Deutsche Schriften 6,3, S. 21.
151 Zur Überlieferungslage vgl. die Zusammenstellung in
Cohrs, Katechismusversuche 2, S. 92f.
152 Ebd., S. 86-88.
153 Lang, Heidelberger Katechismus, S. Vlllf., Anm. 3.
154 Das Werk ist ediert in: Douglas H. parker / Bruce
Krajewski (Hrsg.), A brefe dialoge bitwene a Christen
father and his stobborne sonne. The first Protestant
Catechism published in English, Toronto 1999.

155 Vgl. Anthea hunt, William Roye’s „Brefe Dialoge“
(1527). An English Version of a Strassburg Catechism,
in: HThR 60 (1967), S. 307-321.
156 In der Ausgabe von 1527 heißt es dabei frag-antwurt, in
der von 1529 underweiser-junger , ähnlich auch in
Bucers Katechismen aus den Jahren 1534 und 1537:
underrichter-kind. Die Form geht auf die mittelalter-
liche Beichtpraxis zurück.
157 Zur Ablösung des Symbolum Nicaeno-Constantinopoli-
tanum durch das Apostolicum in den Straßburger Agen-
den s. die Einleitung zu Nr. 3 in diesem Band.

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