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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0060
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Straßburg

des Katechismus166. Mathäus Zell, der 1534 im Namen der Straßburger Prediger das Vorwort zu Bucers
Werk beigesteuert hatte, veröffentlichte nur ein Jahr später selbst einen Katechismus („Frag und Ant-
wort“), dem wie im Fall Bucers bald darauf eine gekürzte Fassung folgen sollte167.
Wie der Kirchenordnung von Johannes Marbach (Nr. 38, S. 437) zu entnehmen ist, waren bis in die
fünfziger Jahre des 16. Jh. hinein die Katechismen von Bucer, Capito und Zell in den Gemeinden in
Gebrauch. Dann setzte sich, gefördert von Marbach, auch in Straßburg Luthers „Kleiner Katechismus“,
jedoch mit einem eigenen sechsten Teil, als Lehrbuch für den kirchlichen Unterricht durch.

9a. Vortrag des Magistrats wegen der Abschaffung der Messe, [9. Januar 1529] (Text S. 202) / 9b. Beschluß
über die Abschaffung der Messe, 20. Februar 1529 (Text S. 207)
Die seit 1524 vorgenommenem Änderungen bei den Gottesdiensten stießen nicht überall auf Zustimmung:
Innerhalb der Bürgerschaft und der städtischen Führung gab es eine nicht unbedeutende Gruppe, welche
die Neuerungen ablehnte. Daneben waren es vor allem die geistlichen Institute, an ihrer Spitze die Kano-
nikerstifte, welche an der Messe in der gewohnten Form festhielten. Die aus Straßburg geflohenen Kano-
niker erhoben beim Reichsregiment in Esslingen am 1. Februar 1525 Beschwerde gegen den Magistrat. Ihr
Protest richtete sich dabei auch gegen die neuen gottesdienstlichen Gebräuche: Kritisiert wurden die Ver-
wendung der deutschen Sprache im Gottesdienst, das Ersetzen der Altäre durch Tische, die Feier des
Abendmahls unter beiderlei Gestalt und die Ablehnung der Lehre von der Realpräsenz. Besonders ereiferten
sich die Kanoniker darüber, daß die Prediger die Messfeier und die kanonischen Stunden als „teuflisch“
bezeichnet hatten168. Das Reichsregiment sandte das Protestschreiben an den Straßburger Magistrat mit
der Aufforderung, sämtliche kirchlichen Neuerungen umgehend abzustellen. In seiner Antwort vom
15. Februar 1525 verteidigte der Magistrat seine Haltung. Dem Brief beigefügt war ein auf seine Weisung
hin verfaßtes Rechtfertigungsschreiben der Straßburger Prediger („Der predicanten verantwortten“), in
welchem die Geistlichen darauf beharrten, daß das Beten und Messehalten ihrer Gegner unchristlich, ja
teuflisch sei, da es sich gegen das Wort Christi richte169.
In immer neuen Bittschriften drängten die Prädikanten den Rat und die XXI zur Abschaffung der
Messe170. Die Argumente der Eingaben ähneln sich: Die Messe wird als Erfindung von Menschen bezeich-
net, die keine Grundlage in der Schrift besitzt. Sie lästert Gott, weil sie das einmalige, von Christus am
Kreuz dargebrachte Opfer zu wiederholen sucht und dies auch noch als verdienstvolles Werk ausgibt. Die
Gläubigen setzen dadurch ihr Vertrauen auf die Messe und nicht auf Gott. Als christliche Obrigkeit ist der
Magistrat verpflichtet, für die Abschaffung der Messe zu sorgen, damit die Stadt wegen ihres Ungehorsams
nicht dem göttlichen Zorn anheimfällt171.
Seit 1524 hatte der Magistrat viele der alten kirchlichen Gebräuche beseitigt: 1524 schaffte er die
Kriegsmessen ab; ein Jahr später folgten die Pilgermessen. Im Februar 1525 ließ er die Hostien und das Hl.
Öl aus den Sakramentshäusern entfernen, kurze Zeit darauf die Kerzen und Ampeln im Münster auslö-

[Martin Bucer], Der kürtzer Catechismus. Das ist:
Christliche underweisung [...], Straßburg: Wendel Rihel
1543 (Bucer-Bibliographie, Nr. 130), in Bucer, Deut-
sche Schriften 6,3, S. 225-265.
Matthäus Zell, Frag und Antwort inn den Zehen gebot-
ten zu derselbigen erklärung für die Kinder, Straßburg
1535 (VD 16, Z 353) und Matthäus Zell, Frag und ant-
wortt auff die Artickel des Christlichen Glaubens, wie
die gemeyngklich inn einer summ und von menigklich
zum heyl bekennt werden sollen, zu einer erklärung der
selbigen für die kinder, Straßburg 1535 (VD 16, Z 352;
weitere Auflagen in den folgenden Jahren), abgedruckt
in Reu, Quellen Geschichte Unterricht I,1, S. 105-123.

168 Abdruck des Protestschreibens in Baum, Magistrat,
Anh. 3, S. 197-203.
169 Vgl. Bucer, Deutsche Schriften 2, S. 432-460. Zur
Messe s. vor allem die Punkte 11 und 12, ebd.,
S. 450-454: Wir predigen, ir singen und lesen sy tuffelisch
Unnd ir betten und meßhalten sig enthchristlich. Gnedigen
hern, die worheit halt sich also.
170 In den unter Bucer, Deutsche Schriften 2, S. 423-558
gesammelten Dokumenten sind auch einige der Einga-
ben der Prädikanten abgedruckt.
171 Vgl. dazu die Zusammenfassung ebd., S. 430f.

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