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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0126
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Straßburg

den, sol mann irer yedem alle wuoche IIII schilling
pfenning zuo lone geben unnd solche belonunge uß
dem almuosen genommen werden. |3v|
[17.] Unnd uff das solch almuosen nit unzimlich ver-
schwendt oder verthon werde oder durch die jhen-
nen, so solch almuosen nemmen, desto weniger inn
wurtshusern, bierhusern oder uff stuben verzert
oder verspielt werden möge, so sollent alle die, so
das almuosen nüssen, es sy frow oder man, jung oder
alt, nieman ußgenommen, ein zeychen offenlich an
ime tragen, doby man sie erkennen möge29. Unnd
wo ouch daruber30 yemans an solchen enden befun-
den wurt, dem sol das almuosen abgekurtzt und nit
me geben werden; dann wil deren yemans zeren, der
sol das inn sinem huse by sinem wibe unnd kynden
thun unnd niergent anderßwo.
[18.] Die obberurten nun pflegere unnd ir yeder sol-
lent ouch ir getruw erfarung haben31, wo siek hus
arme lute fynden, die sich das almuosen zuonemmen
unnd das zeichen offenlichen zuotragen ettwan32 irer
eltern oder irs handtwercks halben beschampten
unnd sich doch eins erbern wäsens hielten unnd nit
betragen möchten; den sollent sie das almuosen ouch
heimlichen mittheylen unnd inn ein sunder register
zuo den ungezeichten armen verschryben lossen.
[19.] Wo sich aber eelut befinden, do ettwan der man
des almuosens notturfftig unnd die frow ir brot noch
wol gewynnen möcht unnd das zeichen nit tragen
wolt oder die frow des almuosens notturfftig unnd
der man nit, als obstot, so sol man dem notturffti-
gen das almuosen mittheylen unnd das zeichen zuo-
tragen geben unnd das ander das zeichen zuotragen
nit schuldig sin, yedoch dem selben ernstlichen ver-
bieten, sich des almusens sins gemahels nit zuo un-

k Korr. aus: sich.
l-l Erg. am Rand.
m Korr. aus: hundert unnd funffundzwentzig.
n Korr. aus: funfftzig.
o Korr. aus: XXV.
p Korr. aus: XXV.
q Korr. aus: XXV.
29 Später scheint man von diesen Zeichen abgekommen zu

dernemmen33 noch des zuogeniessen. |4r| Und sol das,
so das almusen nympt, flyß thuon unnd, so ee es mag
des almuosen geradten, das zeichen wider uberant-
wurten.
[20.] Es sollent auch die selben nun pflegere, zum
wenigsten alle vier wuochen ein mol oder so offt sie
gut unnd not bedunckt, one die knecht in aller ar-
men lut huser gon, sich by den armen luten erkun-
den unnd erfaren, ob inen das almuosen durch die
obberurten vier knecht wuochentlich, inn mossen
inen befolhen, gegeben werde oder nit, ouch, ob sich
die selben armen by solchem almusen betragen oder
des nit mer oder sovil notturfftig syent oder suonst
jung gewachssene kinde habent, die ir brötlin ver-
dienen unnd sie deren geraten möchten, oder sich
suonst jemans ungeburlichs, unerbers wäsens hielt,
das zuofurkommen unnd zuostraffen, was stroffbar be-
funden wurt, uff das das almuosen nit ungöttlich ge-
nossen unnd ußgetheylt werde. lDeßglichen sollen
die oberpfleger alle jar zum wenigsten zwey mol inn
der armen lut huser gon und die ersuchen, wie dann
inn dem nehst obgeschryben artickel begryffen
stotl.
[21.] Und daruff sol affter34 Sant Michelstag nechst-
kunfftig niemans, er sy frömbde oder heimsche, jung
oder alt, man oder frow, inn diser stat Straßburg,
weder uß- noch inwendig den kyrchen, uff den gas-
sen oder vor husern, gestattet werden zuo bettelen
oder heyschen35, ußgenommen die armen schüler, so
hie inn den vier schuolen zuo schuolen gondt, der doch
nit me sin sollent dann hundertm, nemlich im Mun-
ster vierzign, zu Sant Thoman XXo, zum Jungen
Sant Peter XXp unnd zum Alten Sant Peter XXq,
die ouch alle ein zeichen an inen tragen sollent, unnd
ouch keinem, der uber XVI jor alt ist, zeichen ge-

sein, da der Ratsherr Klaus Kniebis 1549 forderte, Al-
mosenempfängern ein offenlich zeichen anzuhenken
(Winckelmann, Fürsorgewesen 2, Nr. 168, S. 211).
30 Trotzdem.
31 Nachforschung anstellen.
32 Vielleicht.
33 Anzumaßen, s. Grimm, DWb 24, Sp. 1697f.
34 Nach, s. FWb 1, Sp. 679.
35 Bitten, s. Grimm, DWb 10, Sp. 897f.

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