Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0230
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Straßburg

So auch einiche unser burger oder einwoner, weib
oder mann, ausserthalb unser Oberkeit Gott, sein
heiliges wort, sein Sacrament, die außerwelte Jung-
fraw Maria oder die geliebten Gottes heiligen
lestern, schenden, schmehen oder verachten werden
oder aber sich spielens, des zutrinckens, des ee-

bruchs oder offentlicher hurerey halb besamlen oder
auff ein blatz einander bescheiden unnd das khunt-
lich gemacht wirdti, der oder die selbigen sollen glei-
cher gstalt, als ob es in unser statt beschehen were,
gestrafft werden.

[6.] Verwirkung und theilung ir beyder seits güter

Wann ein eegemecht brüchig an dem andern wirdt
unnd sy sich nit wider versünen, so sol es irer güter
halb volgender gstalt gehalten werden: Namlich, so
soll das brüchig eegemecht die morgengab37, die im
von seim eegemahel, an dem es brüchig, vermacht
worden, verwirckt haben und die dem unschuldigen
eegemecht zugehören und verfallen sein.
Dergleichen, wa die eegemecht einander Brutlauff-
oder nachwidem38 gemacht haben, da sollen die wi-
dems niessung dem unschuldigen eegemecht allein
sein leben lang zuempfahen und zunützen, on ver-
hinderung des andern brüchigen eegemechts, ver-
folgt werden. Wu auch das unschuldig eegemecht
vor dem brüchigen eegemecht todts abgieng, so soll
doch sollich widems niessung oder eigentschafft39
dem brüchigen eegemahel nit zugehören, dann er
des gar entsetzt und beraubet sein soll, sonder sol-
liche niessung an die kinder, von inen beden erbo-
ren, wo sy vorhanden, fallen. Wu aber kein kinder
vorhanden, so solle die niessung dem gemeinen
casten der armen bey uns syn, des brüchigen, leben
lang zugehören und nach seinem todt die eygent-
schafft syn, des brüchigen, nechsten erben verfan-
gen und zugehörig sein. |B 1r|
So aber kein widem vorhanden, so soll nach erkant-
niß eines Raths uß des brüchigen eignen gütern dem
unschuldigen nemlich den dritten teil seins guts zu
einem widem geschafft und uffgericht werden, den
5 Fehlt in B.
37 Zur unterschiedlichen inhaltlichen Füllung des Begriffes
„Morgengabe“ als einer ehegüterrechtlichen Gabe vgl.
Lex. d. MA. 6, Sp. 837f. und HRG 3, Sp. 678-683. Hier
ist mit morgengab sowohl die Gabe des Mannes an die
Frau als auch die der Frau an den Mann gemeint.

selbigen syn leben lang, als vorstat, zu niessen, unnd
das volgende mit solchem widem nach seinem ab-
sterben gehandelt werden sol, wie dann hievor ge-
schriben stat.
So dann der unveranderten und der veranderten
teilbarn güter halb sol es dermaß gehalten werden,
nemlich, das yedem sein eigen unverandert und un-
verwidemt gut gevolgt, und ob etwas gewunnen, er-
sparts oder veranderten guts vorhanden, da soll dem
mann das zweiteil und der frawen das dritteil nach
diser statt Recht unnd gewonheit zugeteilt und dem
unschuldigen unnd nitt brüchigen sein zwey oder
dritten teil zuhanden gestelt, aber des brüchigen
und schuldigen teil sol inventirt und zum nützlich-
sten angelegt und solch denn kindern oder, wa sy
under iren jaren, iren vögten, so deßhalb geordent,
zugestelt und überlifert werden. Wa aber nit kinder
vorhanden, so sol sollich sein angebürender teil40 in-
ventirt und zum nutzlichsten angelegt werden und
die nutzung syn, deß schuldigen, leben lang dem
gmeinen casten der armen und noch sein, des brü-
chigen, todt seinen nechsten erben das eygenthum
zugehören.
Wu aber kein unverandert gut vorhanden, so dem
schuldigen teil zugebüren möchte oder desselbigen
also wenig, das der schuldig daruß nit notturfftige
leibsnarung haben möchte, so sol im von seim teil
des veranderten guts, ye nach gelegenheit, auff
38 Ein Brautlaufwidem oder -wittum ist nach DRW 2,
Sp. 470 eine bei der Hochzeit gemachte Stiftung.
39 Besitz.
40 Zufallender, zustehender Teil, s. DRW 1, Sp. 636.

214
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften