Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0260
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Straßburg

bücher gekauffet werden, dieweil die pfarrer der
mehrer teyl schmal versehen85 sein und solichs selb
nit vermögen. Und vor allem soll ein jede pfarr ha-
ben ein latinische und teütsche Bibel, Historiam Ec-
clesiasticam, Commentaria in Vetus testamentum
Pellicani86, Postillam Lutheri87, In Epistolam ad
Galatas, Petri, in Deuteronomium und etliche Pro-
pheten88, Item was von D. Oecolampadio und hie
uber die H. schrifft außgangen, Als uber den
Esaiam, Jeremiam, die drey letsten kleinen Pro-
pheten, uber Ezechielem, Danielem, Job, Hoseam,
Abacuc, Zephaniam, den Psalter, die vier Evange-
lia, uber die Epistel zun Römerern, Ephesern89, und
was |C 4v| sunst mag nutzlich und jeder pfarr zu
kauffen treglich sein. Und die bücher, so also kauf-
fet, sollen auch inventiret und uffgeschriben unnd
nit von der pfarr genommen werden.
Soliche Visitation und heymsuchen90 haben die
alten, eh der abfall so grob eingerissen, mit grossem
ernst gehalten, Davon noch in etlichen Stifften das
uberbliben, das man heysset den send bereiten. Und
derhalben haben auch alle Evangelische stend, die
etwas Landschafften haben, soliche Visitation wider
an die hand genommen und schaffen damit nit ge-
ringe frucht.

85 Gering, knapp versorgt.
86 Von Konrad Pellikans insgesamt sieben Bände umfas-
senden „Commentaria Bibliorum“ waren bis 1534 erst
die Bände 1-4 (VD 16, B 2598-2601), die das Alte
Testament umfassen, bei Christoph Froschauer in Zürich
erschienen.
87 Luthers „Postill oder Außlegung der Evangelien und
Episteln“ war 1522 erstmals in Straßburg erschienen.
88 Vermutlich sind hier folgende Schriften Luthers gemeint:
„In epistolam Pauli ad Galatas commentarius“ bzw.
„Die Epistel S. Paul an die Galater außgelegt“ (Lu-
ther, WA 2, S. 436-618; zu den Ausgaben ebd.,
S. 438-440); „Epistel S. Petri gepredigt und ausgelegt“
bzw. die lateinische Übersetzung durch Bucer: „Enarra-
tiones in Epistolas D. Petri duas“, 1524 bei Herwagen in
Straßburg gedruckt (Luther, WA 12, 249-399, zu den
Ausgaben ebd., S. 251f.), Wochenpredigten Luthers über
das 5. Buch Mose (Luther, WA 28, S. 501-763 - zu
dem 1530 gedruckten Auszug s. ebd., S. 503).
89 Johannes Oekolampads Kommentare zu den biblischen
Büchern (nach der Reihenfolge ihres ersten Erschei-
nens): „In Iesaiam prophetam hypomnematon“, 1525
(= Staehelin, Bibliograhie, Nr. 109 und 110), „In epi-

Zum dritten, Ist aller Pfarrer uff dem land einhellig
clag, das inn allen flecken ein grosse verlassung91
seie, das wort Gottes zu hören, welche verlassung
am mehrteyl orten durch die eingefüret, erhalten
unnd gemehret würdt, die soliches billich vor ande-
ren solten verhüten. Dann uff die Sontag pflegen
eben vil die zeit, so man prediget, uff den kirchhöf-
fen, under den lauben, an anderen pletzen, in würts-
heüseren unnd sunst zu stehn unnd sitzen, da selbet
schwetzen, etwan auch spylen, zechen und ander un-
ordenlich wesen füren. Es seind auch die, so man
prediget, under den kirchen stohnd, zu geylen92 und
mütwill zu treiben, das sie die, so predigen und hö-
ren, irr machen. An etlichen orten die Schultheyß
zur zeit der predig gericht und gemeyn halten. Die-
weil dann nun alle feyertag ab sein und das gantz
menschlich heyl daran staht, das man Gottes wort
höre und glaube, auch das arm arbeytsam Land-
volck amm verstand so schwach und unerübet, das
im gar vil mehr dann anderenn von nöten ist, das es
durch die Oberkeyt gezogen93 und zu seinem nutz
gefüret werde, So solle inen von der Oberkeyt wegen
gebotten werden, uff die Sontag sich und ire knecht
und gesind zur predig zu schicken und bey pen

stolam B. Pauli ad Romanos, 1525 (= Nr. 111 und 122),
„Der prophet Maleachi mit außlegung“, 1526
(= Nr. 132), „In postremos prophetas, nempe Hagaeum,
Zachariam et Malachiam“, 1527 (=Nr. 137), „Das erst
Capitel des propheten Jeheskiels ußgelegt“, 1527
(= Nr. 144), „In Danielem prophetam“, 1530 (= Nr. 162
und 163), „In librum Iob exegema“, 1530 (= Nr. 168),
„Annotationes piae ac doctae in evangelium Ioannis“,
1533 (=Nr. 171) und „In Hieremiam prophetam com-
mentariorum libri tres [...] Eiusdem in Threnos Hiere-
miae enarrationes“, 1533 (= Nr. 172), „In prophetam
Ezechielem commentarius“, 1534 (= Nr. 173). Nicht be-
rücksichtigt ist hier der erst 1534 erschienene Kommen-
tar zum Hebräerbrief: „In epistolam ad Hebraeos“
(= Nr. 175). Bei den vier Evangelia handelt es sich mög-
licherweise um Oekolampads Übersetzung des Bibelkom-
mentars des Theophylakt von Ochrid („Theophylacti
archiepiscopi [...] in quatuor evangelia enarrationes“ =
Nr. 93 und öfter).
90 Besuchen, FWb 7, Sp. 1566.
91 Nachlässigkeit, s. Grimm, DWb 25, Sp. 736.
92 Ausgelassen zu sein, s. FWb 6, Sp. 620f.
93 Erzogen.

244
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften