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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0389
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38. Kirchenordnung von Johannes Marbach

38. Kirchenordnung von Johannes Marbacha1
21. Juli 1553 / [Zwischen 21. Juli und 26. August 1557]2
Agenda. Kirchenordnung zu Straßburg de anno 1553
[I.]3 Von der leer

Das fürnenapst und das hauptstuck, so in der christ-
lichen gemein gehandlet werden sol, ist die lehr göt-
lichs wortts, wölche auch ist ein werckzeug, dar-
durch der h. geist auß göttlichem gewalt in den
menschen alles, was zu dem rechten heil und ewiger
seligkeit nützlich und nötig, außrichtet. Nu ist aber
solche leer, auch alles, was zu irer bestendigung4,
erleuterung und erklärung nutzlich und notwendig,
in der h. biblia, Alts und Newes Testaments, so ge-
nant werden libri canonici, durch den h. geist gantz
gründtlich und reilich5 verfast und begriffenn, dern-
halben soll die biblia als der schatz der christlichen
kirchen und das recht buch des h. geists allen pre-

Textvorlage (Handschrift): AMS 1 AST 201a. Die Ord-
nung ist von verschiedenen Händen geschrieben worden.
Zu der sehr lückenhaften Überlieferung der Kirchenord-
nung in AMS 1 AST 200 vgl. die Einleitung, S. 78; diese
Handschrift wurde nicht zur Textkonstitution herange-
zogen.

1 Johannes Marbach, * 1521 in Lindau, † 1581 in Straß-
burg, war Stipendiat des Straßburger Predigerkollegs (s.
Nr. 20) und studierte ab 1539 in Wittenberg. Luther
nahm ihn als Tischgenossen auf und führte auch den
Vorsitz bei seiner Doktoraldisputation. In Isny erhielt
Marbach Hebräischuntericht bei Fagius, als dessen
Nachfolger er ab 1543 im Pfarramt tätig war. 1545 wur-
de Marbach zum Prediger der Gemeinde St. Nikolaus
und in der Folge auch zum Prof. am Gymnasium in
Straßburg bestellt. Nach dem Tod Hedios erfolgte im
November 1552 die Ernennung zum Präsidenten des
Kirchenkonvents. Marbach vereinigte eine große
Machtfülle in seiner Hand: Neben dem Amt des Präsi-
denten des Kirchenkonvents war er Scholarch,
1569-1572 Dekan der Akademie und führte die Aufsicht
über die beiden Predigerkollegien. Marbach verstand
sich als Sachwalter des theologischen Erbes Luthers in
Straßburg und trieb den Prozeß der lutherischen Kon-

digern und waren kirchendienern am fleißigsten be-
folhen sein. Damit aber pfarher und andere kirchen-
diener sich desto baß6 in die heilige schrifft schicken
und |2| ihre lehr desto ordenlicher füren mügen, wol-
len wir hiemit inen ein kurtze anleitung geben und
die fürnempsten stuck, die sie am aller meisten und
fleißigsten treiben und den gemeinen einfaltigen
christen einbilden' sollen, nach einander erzelen,
nicht der meinung, das sie daran hangen sollen,
sonnder dardurch in die h. schrifft geweyst und ge-
füret werden, das sie daselbst reilichen und gnuch-
samen underricht erlangen.

fessionalisierung in der Stadt mit einer fortschreitenden
Ausgrenzung der Reformierten voran. Bekanntheit hat
Marbach vor allem durch seinen Streit mit Girolamo
Zanchi über die Prädestinationslehre, der zur Straßbur-
ger Konkordie führte (vgl. Nr. 46), und durch die Aus-
einandersetzungen mit Johannes Sturm erlangt (s.
Nr. 51 und 52). Von den weit über die Grenzen Straß-
burgs hinausreichenden Kontakten zeugt seine Korre-
spondenz. Als Visitator war er in der Kurpfalz und in
Pfalz-Zweibrücken tätig. An der Gründung des Gymna-
siums in Hornbach war er maßgeblich beteiligt. Mar-
bach unterstützte seit 1570 die Konkordienbemühungen
Jakob Andreäs und warb später auch für die Annahme
der Konkordienformel. Vgl. RGG4 5, Sp. 779; TRE 22,
S. 66-68; BBKL 5, S. 747-753; Horning, Marbach,
passim; Schindling, Hochschule, passim.
2 Zur Datierung s. die Einleitung.
3 Die in eckige Klammern gesetzten römischen Zahlen
orientieren sich an der Numerierung der einzelnen Ka-
pitel der unter Nr. 39 edierten Stellungnahme der Straß-
burger Geistlichen zu Marbachs Kirchenordnung.
4 Hier wohl: Erweis, Bekräftigung, s. FWb 3, Sp. 1974.
5 Reichlich.
6 Eher.
7 Einprägen, vor Augen halten.

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