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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0392
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Straßburg

Wo will man nun auß? Eigne werck, wenn sie
schon am besten sind, thun es nicht, wie Paulus son-
derlich mit gewaltigen worten saget: Durch die
werck des gesetzes wird kein mensch rechtfer-
tig22. Denn er heyst des gesetzes werck nit ceremo-
nien oder eusserliche kirchen gebreuch, so on das
gefallen, tod und ab sind, sonder die höchsten, grö-
sten unnd besten werck der Zehen Gebott. Denn ye
höher unnd reyner die werck sindt, |10| ye23 weniger
es mit uns unreynen sündigen menschen hernach
will. Derhalb mag man das gesetz hie niden auff er-
den lassen, darzu das wir den gehorsam gegen Gott
drum üben, so vil uns möglich ist. Aber da hutte
man sich, das mans nit hinauff inn himmel setze, als
müsten wir durch solchen gehorsam uns selb von
sünden und zur seligkeit helffenn.
Denn zu vergebung der sünden und dem ewigen
leben gehört ein höher und größer gehorsam, denn
unser armer sündtlicher gehorsam sein kan, nemlich
der gehorsam des son Gottes. Der hatt sich under
das gesetz than, auff das er uns vom fluch des ge-
setzes erlöste24. Derhalb sol man die leut wol nach
dem gesetz leben und fromm heyssen sein, denn
sonst geben sie sich weiter in Gottes ungnad und
straff, wie Paulus sagt, Collo. 3 [5-6]: Tödtet ewre
glider, die auff erden seind, hurerey, unreynigkeyt,
luste, böse begird, unkeuscheyt und den geytz, umb
welcher willen der zorn Gottes kombt uber die kin-
der des |11| unglaubens. Aber das man vergebung der
sünden und ewiges leben erlange, solchs muß allein
geschehen durch den glauben an Christum Jesum.
Denn da stehet die verhaissung, Johan. 8 [34-36]:
Wer sünde thut, der ist der sünden knecht. Der
knecht aber bleibt nit ewiglich im hause; der son
bleibt ewiglich. So euch nun der son frey machet, so
seit ir recht frey. Item Joh. 1 [29]: Sihe, das ist Got-
tes lamb, welches der welt sünde tregt. So nu Chri-
stus geprediget wirdt, er sey allein der son, der von
sünden frey machen, unnd das lamb, vonn Gott
dazu geordnet, das die sünde der welt tragen unnd
wegnemen solle, ists nit war, so muß folgen, das wir
22 Röm 3,20.
23 Zu je [...] je im Sinne von „je [...] desto“, s. FWb 8,
Sp.342.
24 Vgl. Gal 3,13.

allein durch den glauben an Christum zu vergebung
der sünden kommen müßen? Denn wie wollen wir
sonst Christum unnd sein wort annemen denn durch
den glauben, das wir solchs wißen und uns desselben
von hertzen trösten, wie denn die sprüch uberauß im
Johanne geweltig gehen: Wer an mich glaubt, wird
den |12| todt nicht sehen ewiglich25. Item Johann. 3
[16]: Gott hatt die weldt geliebet also, das er seinen
einigenn son gab, auff das alle, die an ihn glauben,
nicht verloren werden, sonder das ewig leben haben.
Item Johannes 6 [40]: Das ist der wille des, der mich
gesandt hat, das wer den son sihet und glaubet an
ihn, habe das ewig leben. Und ich werd ihn auffer-
wecken am jungsten tag. Item Johann. am 3. [36]:
Wer an den son glaubet, der hat das ewig leben. Wer
dem son nicht glaubet, der wirdt das leben nicht
sehen, sonder der zorn Gottes bleibt uber im.
Solche und dergleichen sprüche sollen die kirchen-
diener fleissig mercken und zusamenzihen, auff das
sie die gewißen recht underichten und die lehr recht
furen mögen, auff das jederman sich nach dem höch-
sten des gehorsams fleiße, welchen Gott in seim
wortt von uns fordert. Aber allen vertrawen der
gnade Gottes allein setze auff den son Gottes, der
allein uns mit seinem leyden und todt von sünden
erlöset und das ewig leben verdienet hat.
Wer nun mer unterichts nit hat denn disen |13|
und sich mit den widersachern, den papisten, muß
balgen, die viel schrifft zusamen zihen vom verdinst
und gutten wercken, als26 das Daniel dem könig zu
Babel lehret, er soll durch almusen sich von seinen
sunden ledig machen27, unnd Christus, Luce 16 [9]:
Macht euch freundt von dem unrechtenn mammon,
auff das, wen ir darbet, sie euch nemen in die ewi-
genn hütten. Item Luc. 6 [37-38]: Vergebet, so wirdt
euch vergeben. Gebet, so wirdt euch gegeben. Unnd
Matth. 25 [34-35]: Kompt her, ir gebenedeyten mei-
nes vatters, ererbet das reich, das euch bereit ist von
anbegin der welt. Denn ich bin hungerig gewest
unnd ir habt mich gespeiset, etc. Wer, sag ich, mer
25 Joh 8,51.
26 Wie zum Beispiel.
27 Siehe Dan 4,24.

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