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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0525
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52. Vereinbarung zwischen dem Kirchen- und dem Akademiekonvent

Doch, dieweil guth und nöttig, das man deren vil
haben müge, das dann solches ime, doctor Marba-
chen, nitt allein, sonder auch allen andern pfarrern,
helffern unnd professorn theologiae zugelassen und
unverbotten sein, und das auch durch sollich ir aller
ufferziehung der jungen den legibus scholae, rectori,
decano, syndico und visitatoribus nichts entzogen
werde, sonder das sy denselbigen und iren praecep-
toribus die gepürende reverentz, ehr unnd gehorsa-
me nicht desto weniger auch leisten, und das doctor
Marbach unnd die andern kirchendiener ihnen da-
heim im hauß nichts, dadurch die ihnen verordnette
stunden und übrige übungen in der schulen impe-
diert oder verhindert werden, praescribieren sollen.
Verrner soltten auch solche jungen in philosophia zu
studieren freygelassen unnd zum kirchen dienst zu
früe und ehe sie das magisterium erlangen nit gezo-
gen werden, es were dann sach, das der kirchen und
schul convent darfür hieltten, das ein solcher sovil
könt und wüßte, was einer, |194r| der das volck lehr-
nen, billich wissen sollen. Dergleichen sollen diesel-
ben jungen daheim sonderlich auch dahin vermahnt
werdenn, das sy mit den andern, die in den collegiis
erzogen, einigkeit pflantzen70 und zu kheiner unei-
nigkeit ursach geben.
Sonderlich aber soll doctor Marbach das ver-
hüetten, das er uff die dörffer zu dem predigampt sie
nit schicke noch einichen ordiniere oder handt auff-
lege, sie seyen dann zuvor im kirchen convent, wie
hieoben vermeldet71, in gegenwürttigkeit irer clas-
siume praeceptorn, deren discipuli sie geweßt, zim-
lich examiniert und probiert. Gleicher gestalt soll
auch keiner, so uff ein dorff pfarr geordnet, von der-
selben wider hinweg genommen, fürsten, graven,
herren oder denen vom adel zugeschickt wer-
den72, es weren dann zuvorderst wir von denselbi-
e Hs.: classicorum.
70 Schaffen, s. FWb 4, Sp. 180.
71 Siehe S. 507.
72 Vgl. Fournier/Engel, Statuts 4,1, Nr. 2068, S. 185:
wie dann schon etliche in ihren studiis so weit kommen, das
sie zum Kirchendinst hetten mögen gezogen werden, so hette
H. D. Marbach andere Pfarhen damit versehen, die vom
Adell und andere obrigkeiten, die ihne darumb ersucht.
73 Ansehen, s. Grimm, DWb 8, Sp. 105.

gen, die solche personen begeren, nachbarlich er-
sucht, damit inn solchem fall uns und unserer schu-
len die gepüer nicht entzogen werde.
Unnd damit soltten beide theil aller irer spenn, ir-
rungen, mißverstend, zweittracht unnd gebrechen,
so sie biß auff gegenwürttige zeit gegen einander ge-
hapt oder zuhaben vermeint, |194v| gentzlich ver-
glichen, geainigt und vertragen sein, auch khein
theil dißer vertragener sachen halb in gemein, weder
hie noch an andere ort, ettwas reden oder schrei-
benn, so ime zu rhum, ehr und glimpf73, aber dem
andern theil zu schimpff, verkleinerung und un-
glimpf seiner existimation gereichen möchte, sonn-
der vertragene sachen vertragen sein und pleiben
lassen.
Waferr74 sich auch in künfftigem uber kurtz oder
lang zwischen der schulen, kirchen oder capittels
personen neuwe spalttung, zwittracht oder mißver-
standt begeben oder jemandts unnder ihnen straff-
bar befunden würde, so soltte derselbig zuvorderst
privatim oder in geheim avisiert oder verwarnet
werden, solchen gebrechen zubessern oder abzu-
schaffen. Und im fall, er demselben nit nachset-
zen75, sonnder mangel lassen werde, so soltte, wa er
ein professor scholae, die sach an den schul convent
oder, so er professione theologus, die handlung an
den kirchen convent, so er aber ein capittels per-
son76, für das gemein capittel gebracht und, waferr
die sach daselbst nit könnte erledigt oder richtig ge-
macht werden, als dann erst an die schulherren und
von dannen, wa von nötten, an uns die oberkeit ge-
langen soltte77, damit in obangeregten conventen
anfangs die |195r| notturfft mit vleiß erwogen und,
wa müglich, nach billicheit expediert oder vergli-
74 Wofern, (verstärktes) wenn, s. Grimm, DWb 30,
Sp. 972.
75 Nicht demgemäß handeln, s. Grimm, DWb 13,
Sp. 124f.
76 Ein Mitglied des Kapitels des Thomasstiftes.
77 Eine entsprechende Aufteilung war von Sturm und sei-
nen Unterstützern in ihren „Gravamina et Postulata“
bereits vorgeschlagen worden, s. Fournier/Engel,
Statuts 4,1, Nr. 2075, S. 197 (Nono).

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