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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 1. Teilband): Straßburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30661#0670
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Straßburg

ten und Newen Testament, Die solche Schmertzen
nit gescheuhet, sondern die Fruchtbarkeit des Lei-
bes als ein sonderlichen Segen Gottes mit hertzli-
chem Verlangen begeret, das ihnen Gott wolte Kin-
der bescheren, Da sie doch eben so wol haben des
Schmertzens in Kindsnöthen müssen gewertig sein
als die jetzigen Weiber, Wie man lieset von Rachel,
des heil. Patriarchen Jacobs Weib, Gen. 30b [22-24],
und von Hanna, des heiligen Propheten Samuels
Muter, 1. Samuel 1 [1-20].
Es war auch im Alten Testament ein große
Schmach, wa ein Weib unfruchtbar bliebe. Und ist
noch die gröst |268| Ehr der Weiber, wann sie Kinder
zeugen, Dann dadurch erlangen sie einen newen
herrlichen Titel und Namen von Gott, das sie
Müter genennet werden Und sie Gott vergleicht den
Weinstöcken und Oelbäumen, Welches die aller edel-
ste Pflantzen sind, die das aller herrlichste und lieb-
lichste Safft geben. Also auch ires Leibes Früchte
sind die edelste Zweige, damit sie Gott, dem Herrn,
sein heil. Paradeiß pflantzen etc., wie der Psalm 128
[3-4] beweiset: Dein Weib wird sein wie ein Frucht-
barer Weinstock umb dein Hauß herumb Und deine
Kinder wie die Oelepfläntzlin umb deinen Tisch her.
Sihe, also wird gesegnet der Mann, der den Herrn
fdrchtet.
Dieweil nun schwangere Weiber solche herrliche
Werckzeug sind, als durch welche alle Stände auff
Erden müßen ersetzet575 werden, die Kirch und das
weltliche Regiment, Warumb solte dann Gott nit
viel an schwangern Weibern gelegen sein? Dann wo
wolte das liebe Predigampt, das Ampt der weltli-
chen Oberkeit sampt der Haußhaltung bleiben? Ja,
die Welt köndte nicht 20 jahr bestehen, wa unser
Herr Gott nicht für und für durch schwangere Wei-
ber die Welt mehrete und also erhielte. Darumb so
wird er auch die schwangere und gebärende Ehe-
weiber erhalten.

ι Gegenwart und Schutz der lieben Engel.
b A (1598), B (1601), C (1603), D (1605) irrtümlich: Gen.
20.

Der fünffte Trost
ιDer fünffte Trost ist von der Gegenwertigkeit und
dem Schutz der heiligen Engel. Diese, dieweil sie
dienstbare Geister sind und außgesandt werden zum
Dienst deren, die das Reich Gottes ererben sollen,
Und aber die Glaubigen schwangere Weiber für ihre
Person und dann auch ihres Leibs frucht, so sie
Gott, dem Herren, durch das glaubige Gebett auff-
opffern, die ewige Seligkeit ererben sollen, So wer-
den ihnen |269| auch die heilige Engel zugesandt, das
sie ihrer pflegen, Gleich wie sie auch in der Ehestiff-
tung als bei Gottes Ordnung gegenwertig sind und
dieselbe bestätigen helffen.
Dieses bezeuget gar schön die Historia Isaacs,
Gen. 24, und Thobiae576 und Samsons, Judic. 13.
Und Lucae 1 [5-38] verkündiget der heil. Engel Ga-
briel die Entpfängnuß nit allein Johannis des Täuf-
fers, sondern auch Christi, unsers Heilandes, selbst.
Und daselbst rechnet und zehlet der Engel der lie-
ben Elisabeth ihre Monat und Tage nach577, Darauß
jha abzunemen, das die Engel von Gottes wegen
fleißig auff Gottsförchtige und schwangere Weiber
müssen achtung geben und für allem ubel sie be-
wahren, Wie der Prophet David im 34. Psalm [8]
sagt: Der Engel des Herren lägert sich umb die her,
so den Herren förchten. Hie meinet der Prophet
nicht allein die Christen in gemein, Sondern fürnem-
lich auch die Schwangere Weiber, die Gott förchten
und an Jesum Christum, ihren Heiland, glauben.
Dann umb diese lägern sich die Engel. Und sonder-
lich in Kindtsnöten müssen die lieben Engel selbs
Hebammen sein unnd fleißig achtung darauff geben,
das die lieben Kindlin nit schaden nemen, Und
müßen also Tag und Nacht mit gewalt wöhren, das
nit der grosse rothe Drach, das ist der leidige Teuf-
fel, von welchem Johannes in seiner Offenbarung am
12. cap. [1-4] sagt, komme und die arme Kindlin fre-
ße und ewig verdamme etc. |270|

575 Gepflanzt, s. Grimm, DWb 3, Sp. 982f.
576 Vgl. Tob 3,7-25.
577 Siehe Luk 1,36.

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