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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2011 — 2012

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I. Das Geschäftsjahr 2011
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Jahresfeier am 28. Mai 2011
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Löhneysen, Hilbert von: Festrede von Hilbert von Löhneysen: „Stromfluss ohne Widerstand – Hundert Jahre Supraleitung“
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https://doi.org/10.11588/diglit.55657#0039
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JAHRESFEIER

ge Supraleiter eingetragen, die zwar eine sehr niedrige Übergangstemperatur haben,
aber sich durch neuartige Eigenschaften auszeichnen. Auf diese möchte ich zum
Schluss meines Vortrags kurz eingehen.
Zunächst will ich aber kurz über die Anwendungen der Supraleitung sprechen.
Man unterscheidet grundsätzlich zwischen Starkstrom- und Schwachstromanwen-
dungen. Die am weitesten verbreitete Anwendung von Supraleitern ist der Magnet-
bau. Ein Strom I, der durch eine Spule der Länge / mit //Windungen fließt, erzeugt
ein Magnetfeld H = ti • I/l (Abb. 15). In einem Normalleiter muss zur Aufrechter-
haltung des Stroms eine Spannung V an die Spule angelegt werden. Dadurch wird
eine elektrische Leistung P = V • I aufgewendet, die in Wärme umgewandelt wird.
In einem Supraleiter kann dagegen ein einmal angeworfener Gleichstrom als Dauer-
strom verlustlos fließen. Lediglich zum Ansteigen des Stroms von Null auf den End-
wert I ist Energie nötig, die als magnetische Energie im Supraleiter gespeichert ist.
Natürlich muss man den Supraleiter unter seine Übergangstemperatur kühlen, der
einmal angeworfene Dauerstrom fließt nur in einem vollständig geschlossenen supra-
leitenden Stromkreis, und das Magnetfeld darf das obere kritische Feld ßc2 nicht
überschreiten. Zusätzlich muss verhindert werden, dass die im Supraleiter bei Feldern
Bcl < B < Bc2 vorhandenen Flusslinien sich unter dem Einfluss des Magnetfelds
bewegen, denn der in Flusslinien vorhandene normalleitende Kern würde in diesem
Fall zu Verlusten führen. Die Bewegung von Flusslinien kann in speziellen Legie-
rungen und durch eine geeignete Materialbehandlung verhindert werden.
Die wichtigste Anwendung von supraleitenden Magneten ist die Magnetreso-
nanztomographie. Dabei wird ausgenutzt, dass sich die Spins der Atomkerne (auch
Protonen und Neutronen als Konstituenten der Kerne haben die Spinquantenzahl
± V2) in einem zeitlich konstanten äußeren Magnetfeld zu einem sehr kleinen
Bruchteil in Richtung des Feldes ausrichten. In der medizinischen Anwendung wird
meist der einfachste Atomkern benutzt, nämlich der des Wasserstoffs, der nur aus
einem Proton besteht. Nach einer Störung dieser Ausrichtung durch elektromagne-
tische Hochfrequenzimpulse kehren die Kernspins in ihre ursprüngliche Ausrichtung
zurück. Die Zeit, die dazu benötigt wird, wird gemessen. Diese Zeit hängt von der
chemischen Umgebung des Wasserstoff-Atoms ab. Auf diese Weise entsteht der che-
mische Kontrast, der z. B. die Unterscheidung von verschiedenen Gewebetypen
ermöglicht. In heute üblichen Kernspintomographen werden Magnetfelder von ein
bis drei Tesla benutzt, die in Magnetspulen aus einer Legierung der Supraleiter Niob
und Titan erzeugt werden. Zwar ist eine Kühlung mit flüssigem Helium notwendig,
aber bei modernen Geräten muss das flüssige Helium nur alle paar Monate nachge-
füllt werden. Bei der Kernspintomographie ist erforderlich, dass zwischen der Fre-
quenz des Hochfrequenzsignals und der Stärke des Magnetfelds eine feste Beziehung
besteht („Resonanzbedingung“). Mit räumlich inhomogenen Magnetfeldern —
natürlich auch wieder durch zusätzliche supraleitende Spulen erzeugt - erreicht
man, dass diese Resonanzbedingung (bei fester Hochfrequenz) nur in einem kleinen
räumlichen Bereich erfüllt ist. Auf diese Weise wird die notwendige räumliche Auf-
lösung erzielt. Das in den Kernspintomographen bei der Untersuchung zu hörende
Geräusch entsteht durch das sukzessive Umschalten der Magnetfelder, das zum Ab-
 
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