28. Mai 2011
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f | f | f Es gibt sogar Supraleiter, bei denen die Existenz ferromagnetischer Ord-
nung Voraussetzung für das Auftreten von Supraleitung ist, trotz der großen inneren
Magnetfelder, die durch die Spinanordnung f f f f f f entstehen. Dies sind bisher vor
allem Verbindungen mit Uran, wie etwa UGe2, URhGe und UCoGe. In diesen und
einigen anderen Systemen (UPt3, Sr2RuO4) gibt es experimentelle Hinweise darauf,
dass die Cooper-Paare nicht wie üblich den Gesamtspin S = 0, sondern
S = 1 haben, die Spins der beiden Elektronen also parallel zueinander stehen. Dies
ist möglich, wenn — wie oben erwähnt — die Paarwellenfunktion antisymmetrisch ist.
Die Suprafluididät des leichteren Helium-Isotops 3He bei sehr tiefen Temperaturen
im Bereich weniger milli-Kelvin ist hierfür ein Beispiel. Suprafluidität ist das Analo-
gon zur Supraleitung: im suprafluiden Zustand fließt eine Flüssigkeit ohne Reibung.
Dies wurde 1972 von David M. Lee, Douglas D. Osheroff und Robert C. Richard-
son entdeckt (Nobelpreis 1996). Die 3He-Atome (siehe Abb. 3) sind Fermionen mit
einem Kernspin sK = V2 (die beiden Elektronen haben nach dem Pauli-Prinzip ent-
gegen gerichteten Spin s = 0) und bilden bei sehr tiefen Temperaturen ein Konden-
sat von Cooper-Paaren mit SK = 1, wie eindeutig nachgewiesen und theoretisch
untermauert werden konnte10. 4He-Atome sind Bosonen und können daher
„direkt“ in den suprafluiden Zustand unterhalb 2,17 K kondensieren, wie bereits
1938 von Pjotr Kapitza* 11 entdeckt wurde (Nobelpreis erst 1978). 1995 konnte von
drei Gruppen gleichzeitig die Suprafluidität von sehr verdünnten ultrakalten bosoni-
schen Gasen nachgewiesen werden. Dafür erhielten Eric A. Cornell, Wolfgang Ket-
terle und Carl E.Wieman 2001 den Nobelpreis. Inzwischen kennt man auch ultra-
kalte fermionische Gase mit Cooper-Paar-Bildung.
Wie erwähnt tritt die Supraleitung in vielen Materialklassen mit starken elek-
tronischen Wechselwirkungen in der Nähe magnetischer Ordnung auf, und man
kann durch einen äußeren Parameter wie Druck oder chemische Zusammensetzung
die magnetische Ordnung destabilisieren, um Supraleitung zu induzieren und umge-
kehrt (Abb. 21). Ein aktuelles Beispiel des Wechselspiels von magnetischer Ordnung
und Supraleitung zeigt Abb. 2212: Hier, wie auch in anderen Fällen, beobachtet man
die maximale supraleitende Übergangstemperatur gerade dort, wo die magnetische
Ordnung in einem sogenannten quantenkritischen Punkt verschwindet, hier durch
hydrostatischen Druck bzw. „chemischen Druck“ durch Zulegierung von Cadmium
realisiert. Bei dieser Instabilität spricht man häufig von einem Quantenphasenüber-
gang. Offenbar begünstigen die magnetischen Fluktuationen, die bei einem Phasen-
übergang zweiter Ordnung auftreten, die Supraleitung. In vielen Modellen wird
daher angenommen, dass in dieser „unkonventionellen“ Supraleitung die Cooper-
Paare nicht wie in den meisten Fällen durch die Wechselwirkung mit den Gitter-
schwingungen stabilisiert werden, sondern dass magnetische Fluktuationen den
„Kitt“ für die Elektronen bilden.
10 D.Vollhardt und P.Wölfle.The Superfluid Phases of Helium-3, Taylor and Francis, 1990
11 P. Kapitza, Nature 141, 74 (1938)
12 S. Zaum et al., Phys. Rev. Lett. 106, 087003 (2011)
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f | f | f Es gibt sogar Supraleiter, bei denen die Existenz ferromagnetischer Ord-
nung Voraussetzung für das Auftreten von Supraleitung ist, trotz der großen inneren
Magnetfelder, die durch die Spinanordnung f f f f f f entstehen. Dies sind bisher vor
allem Verbindungen mit Uran, wie etwa UGe2, URhGe und UCoGe. In diesen und
einigen anderen Systemen (UPt3, Sr2RuO4) gibt es experimentelle Hinweise darauf,
dass die Cooper-Paare nicht wie üblich den Gesamtspin S = 0, sondern
S = 1 haben, die Spins der beiden Elektronen also parallel zueinander stehen. Dies
ist möglich, wenn — wie oben erwähnt — die Paarwellenfunktion antisymmetrisch ist.
Die Suprafluididät des leichteren Helium-Isotops 3He bei sehr tiefen Temperaturen
im Bereich weniger milli-Kelvin ist hierfür ein Beispiel. Suprafluidität ist das Analo-
gon zur Supraleitung: im suprafluiden Zustand fließt eine Flüssigkeit ohne Reibung.
Dies wurde 1972 von David M. Lee, Douglas D. Osheroff und Robert C. Richard-
son entdeckt (Nobelpreis 1996). Die 3He-Atome (siehe Abb. 3) sind Fermionen mit
einem Kernspin sK = V2 (die beiden Elektronen haben nach dem Pauli-Prinzip ent-
gegen gerichteten Spin s = 0) und bilden bei sehr tiefen Temperaturen ein Konden-
sat von Cooper-Paaren mit SK = 1, wie eindeutig nachgewiesen und theoretisch
untermauert werden konnte10. 4He-Atome sind Bosonen und können daher
„direkt“ in den suprafluiden Zustand unterhalb 2,17 K kondensieren, wie bereits
1938 von Pjotr Kapitza* 11 entdeckt wurde (Nobelpreis erst 1978). 1995 konnte von
drei Gruppen gleichzeitig die Suprafluidität von sehr verdünnten ultrakalten bosoni-
schen Gasen nachgewiesen werden. Dafür erhielten Eric A. Cornell, Wolfgang Ket-
terle und Carl E.Wieman 2001 den Nobelpreis. Inzwischen kennt man auch ultra-
kalte fermionische Gase mit Cooper-Paar-Bildung.
Wie erwähnt tritt die Supraleitung in vielen Materialklassen mit starken elek-
tronischen Wechselwirkungen in der Nähe magnetischer Ordnung auf, und man
kann durch einen äußeren Parameter wie Druck oder chemische Zusammensetzung
die magnetische Ordnung destabilisieren, um Supraleitung zu induzieren und umge-
kehrt (Abb. 21). Ein aktuelles Beispiel des Wechselspiels von magnetischer Ordnung
und Supraleitung zeigt Abb. 2212: Hier, wie auch in anderen Fällen, beobachtet man
die maximale supraleitende Übergangstemperatur gerade dort, wo die magnetische
Ordnung in einem sogenannten quantenkritischen Punkt verschwindet, hier durch
hydrostatischen Druck bzw. „chemischen Druck“ durch Zulegierung von Cadmium
realisiert. Bei dieser Instabilität spricht man häufig von einem Quantenphasenüber-
gang. Offenbar begünstigen die magnetischen Fluktuationen, die bei einem Phasen-
übergang zweiter Ordnung auftreten, die Supraleitung. In vielen Modellen wird
daher angenommen, dass in dieser „unkonventionellen“ Supraleitung die Cooper-
Paare nicht wie in den meisten Fällen durch die Wechselwirkung mit den Gitter-
schwingungen stabilisiert werden, sondern dass magnetische Fluktuationen den
„Kitt“ für die Elektronen bilden.
10 D.Vollhardt und P.Wölfle.The Superfluid Phases of Helium-3, Taylor and Francis, 1990
11 P. Kapitza, Nature 141, 74 (1938)
12 S. Zaum et al., Phys. Rev. Lett. 106, 087003 (2011)