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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2011 — 2012

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I. Das Geschäftsjahr 2011
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Sitzung der Math.-nat. Klasse am 15. April 2011
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Spatz, Joachim P.: Das Verständnis zu dem Lernen von biologischen Zellen in künstlicher Umgebung ist ein Weg zu lernenden Materialsystemen
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https://doi.org/10.11588/diglit.55657#0062
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15. April 2011

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Das synthetische Erzeugen von Stress oder Wohlbefinden einer Zelle — das hängt für diese Zelle nur
von 15 Nanometern ab: Liegen die nicht zu erkennenden Goldpunkte auf dem Untergrund 73
Nanometer auseinander, fingert die Zelle hektisch um sich (oben). Auf einer Unterlage mit 58
Nanometern Abstand zwischen den Goldpunkten fühlt sie sich dagegen so wohl, dass sie munter
wächst (unten). Aus MaxPlanckForschung 1/09—26

Warum der Abstand von 58 nm oder 70 nm ein so unterschiedliches Verhalten
der Zelle auslöst, ist noch ungeklärt. Wir vermuten aber, dass die Ursache mit den
Proteinen im Inneren der Zelle zusammenhängt. Proteine assoziiert zu Adhäsions-
stellen der Zelle haben meist eine Dimension von ca. 60 nm. Auch weisen die von
außen an die Zelle bindenden Kollagenfasern des Bindegewebes der Haut eine
Struktur von 67 nm auf. Allerdings ist es sehr schwierig im Körper nachzuweisen,
ob wirklich die Länge der Kollagenfasern beim Signalaustausch der Zelle mit der
extrazellulären Matrix entscheidend ist. Genau das versuchen wir mit unseren rela-
tiv einfachen künstlichen Nanostrukturen zu erforschen und darüber hinaus studie-
ren wir damit, wie Zellen mit ihrer Umgebung kommunizieren.
Durch systematisches Andern der Nanostrukturen und anderer spezifischer
Parameter untersuchen wir mit Hilfe von Biochips im Hochdurchsatzverfahren die
Reaktion der Zellen. So konnten wir beispielsweise nachweisen, dass Fibroblasten
bei einem Abstand von 58 nm ein anderes Fibronektin herstellen als bei einem
Abstand von 73 nm. Durch gezieltes Einstellen des Rasterabstands wird also die Zelle
dazu gebracht, ein ganz bestimmtes Fibronektin zu produzieren.
Mit ihren Lamellopodien nimmt die Zelle Kontakt mit der Oberfläche auf und
überzieht die Kontaktpunkte mit Aktinfilamenten, auf die ihre molekularen Moto-
ren Zug ausüben und so die mechanische Stabilität der Kontakte überprüfen. Das
geringste Kräfteungleichgewicht teilt ihr mit, in welcher Richtung der Abstand der
Kontakte kleiner oder größer wird.
Mechanischer Stress beeinflusst das Verhalten von Zellen
Bei unseren Experimenten machten wir auch die überraschende Beobachtung, dass
die Zellen von alten Menschen anders auf mechanische Reize reagieren als die Zel-
 
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