Eva Grebel
199
zu tun, sondern bestanden stattdessen in der Analyse von Sternspektren, die mit dem
Ultraviolettsatelliten IUE aufgenommen worden waren.
Noch vor dem Aufenthalt in Baltimore konnte ich erste Beobachtungserfah-
rungen mit Teleskopen des Calar Alto Observatoriums in Spanien und der Europäi-
schen Südsternwarte (ESO) in Chile sammeln. Die direkte Arbeit mit professionel-
len Instrumenten und Teleskopen führten bei mir zu dem Wunsch, selbst an einem
Observatorium zu arbeiten, und so bewarb ich mich um ein Doktorandenstipen-
dium bei der ESO in Chile. Die Idee dieser Stipendien ist es, dass Doktoranden zwei
Jahre lang bei der ESO arbeiten und in den Observatoriumsbetrieb eingebunden
sind, aber auch Zeit für ihre Dissertation haben. Anschließend kehren sie an ihre
Heimatuniversität in Europa zurück, um dort ihre Promotion abzuschließen. Ich
erhielt ein solches „Studentship“ und verbrachte zwei Jahre (1992-1994) am La
Silla-Observatorium der ESO.
La Silla ist ein Bergrücken in den Anden im südlichen Teil der Atacamawüste
in ca. 2400m Höhe in ungefähr 150 km Entfernung von der nächsten größeren
Stadt, der Küstenstadt La Serena. Damals gab es auf La Silla vierzehn aktive Telesko-
pe. Die beiden hellsten Begleitergalaxien unserer Milchstraße, die Magellanschen
Wolken, an denen ich im Rahmen meiner Dissertation arbeitete, waren von La Silla
aus nachts ohne Schwierigkeiten mit bloßem Auge sichtbar. La Silla bot mir eine
hervorragende Gelegenheit, Erfahrungen mit einerVielzahl von Beobachtungs- und
Analysetechniken zu gewinnen und gleichzeitig weitere mögliche astronomische
Karrierewege kennen zu lernen — diesmal an großen bodengebundenen Observato-
rien. Ähnlich wie auch das STScI war La Silla ein recht internationaler Ort mit Mit-
arbeitern aus den europäischen Mitgliedsstaaten der ESO und dem Gastland Chile.
Die internationalen Mitarbeiter der ESO genießen diplomatische Immunität in
Chile, was damals angesichts der auch nach Ende der Pinochet-Diktatur noch immer
hohen Polizei- und Militärpräsenz und vielen Kontrollen durchaus ein beruhigen-
des Gefühl war.
La Silla ist auch klimatisch und landschaftlich interessant. Das trockene
Wüstenklima und die aufgrund ihrer isolierten Lage nachts von Lichtverschmutzung
weitgehend freie Umgebung bieten ideale Bedingungen für Teleskope, die im opti-
schen und nahinfraroten Wellenlängenbereich arbeiten. Vegetation fehlt auf La Silla
fast vollständig sofern es nicht zu den äußerst seltenen Niederschlägen kommt -
dann verwandelt sich die Atacama innerhalb weniger Tage in ein Pflanzen- und Blü-
tenmeer. Ausgetrocknete Bachbetten und Petroglyphen der präkolumbianischen El
Molle Kultur, die z.B. Lamaherden zeigen, deuten an, dass La Silla einst feuchter war.
Unter normalen Umständen jedoch dominieren heute die Grau-, Gelb- und Rot-
töne des Gesteins, das reich an Eisen-, Mangan- und Kupfererzen ist.
Nach meiner Rückkehr nach Deutschland promovierte ich 1995 an der Uni-
versität Bonn über „Stellar Population Studies in Nearby Galaxies“, wobei die auf
La Silla gewonnenen Daten eine prominente Rolle spielten. Dass ich mein Astrono-
miestudium in dieser Weise verbringen konnte — einschließlich der diversen Aus-
landsaufenthalte — habe ich nicht zuletzt meinem Doktorvater Prof, de Boer zu ver-
danken, der mir sehr viele Freiheiten ließ, mich in jeder Beziehung unterstützte und
199
zu tun, sondern bestanden stattdessen in der Analyse von Sternspektren, die mit dem
Ultraviolettsatelliten IUE aufgenommen worden waren.
Noch vor dem Aufenthalt in Baltimore konnte ich erste Beobachtungserfah-
rungen mit Teleskopen des Calar Alto Observatoriums in Spanien und der Europäi-
schen Südsternwarte (ESO) in Chile sammeln. Die direkte Arbeit mit professionel-
len Instrumenten und Teleskopen führten bei mir zu dem Wunsch, selbst an einem
Observatorium zu arbeiten, und so bewarb ich mich um ein Doktorandenstipen-
dium bei der ESO in Chile. Die Idee dieser Stipendien ist es, dass Doktoranden zwei
Jahre lang bei der ESO arbeiten und in den Observatoriumsbetrieb eingebunden
sind, aber auch Zeit für ihre Dissertation haben. Anschließend kehren sie an ihre
Heimatuniversität in Europa zurück, um dort ihre Promotion abzuschließen. Ich
erhielt ein solches „Studentship“ und verbrachte zwei Jahre (1992-1994) am La
Silla-Observatorium der ESO.
La Silla ist ein Bergrücken in den Anden im südlichen Teil der Atacamawüste
in ca. 2400m Höhe in ungefähr 150 km Entfernung von der nächsten größeren
Stadt, der Küstenstadt La Serena. Damals gab es auf La Silla vierzehn aktive Telesko-
pe. Die beiden hellsten Begleitergalaxien unserer Milchstraße, die Magellanschen
Wolken, an denen ich im Rahmen meiner Dissertation arbeitete, waren von La Silla
aus nachts ohne Schwierigkeiten mit bloßem Auge sichtbar. La Silla bot mir eine
hervorragende Gelegenheit, Erfahrungen mit einerVielzahl von Beobachtungs- und
Analysetechniken zu gewinnen und gleichzeitig weitere mögliche astronomische
Karrierewege kennen zu lernen — diesmal an großen bodengebundenen Observato-
rien. Ähnlich wie auch das STScI war La Silla ein recht internationaler Ort mit Mit-
arbeitern aus den europäischen Mitgliedsstaaten der ESO und dem Gastland Chile.
Die internationalen Mitarbeiter der ESO genießen diplomatische Immunität in
Chile, was damals angesichts der auch nach Ende der Pinochet-Diktatur noch immer
hohen Polizei- und Militärpräsenz und vielen Kontrollen durchaus ein beruhigen-
des Gefühl war.
La Silla ist auch klimatisch und landschaftlich interessant. Das trockene
Wüstenklima und die aufgrund ihrer isolierten Lage nachts von Lichtverschmutzung
weitgehend freie Umgebung bieten ideale Bedingungen für Teleskope, die im opti-
schen und nahinfraroten Wellenlängenbereich arbeiten. Vegetation fehlt auf La Silla
fast vollständig sofern es nicht zu den äußerst seltenen Niederschlägen kommt -
dann verwandelt sich die Atacama innerhalb weniger Tage in ein Pflanzen- und Blü-
tenmeer. Ausgetrocknete Bachbetten und Petroglyphen der präkolumbianischen El
Molle Kultur, die z.B. Lamaherden zeigen, deuten an, dass La Silla einst feuchter war.
Unter normalen Umständen jedoch dominieren heute die Grau-, Gelb- und Rot-
töne des Gesteins, das reich an Eisen-, Mangan- und Kupfererzen ist.
Nach meiner Rückkehr nach Deutschland promovierte ich 1995 an der Uni-
versität Bonn über „Stellar Population Studies in Nearby Galaxies“, wobei die auf
La Silla gewonnenen Daten eine prominente Rolle spielten. Dass ich mein Astrono-
miestudium in dieser Weise verbringen konnte — einschließlich der diversen Aus-
landsaufenthalte — habe ich nicht zuletzt meinem Doktorvater Prof, de Boer zu ver-
danken, der mir sehr viele Freiheiten ließ, mich in jeder Beziehung unterstützte und