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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2011 — 2012

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I. Das Geschäftsjahr 2011
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Jäger, Willi: Klaus Kirchgässner (26. 12. 1931 – 9. 7. 2011)
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Klaus Kirchgässner

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1962—1963 arbeitete Kirchgässner am MIT in der Gruppe um den theoreti-
schen Physiker Ph. Morse vor allem an Problemen der diskreten Mathematik. 1966
habilitierte er in Freiburg mit einer Untersuchung zu „ Verzweigungslösungen eines sta-
tionären hydrodynamischen Randwertproblems “.Wissenschaftler und Lehrer seiner Qua-
lität, die Brücken bauen zwischen Mathematik und Anwendungen, sind an technisch
orientierten Hochschulen besonders gefragt. Er erhielt einen Ruf als Professor an die
Universität Bochum, wo er 1969—72 wirkte. Seit 1972 lehrte und forschte er an der
Universität Stuttgart, seit 1998 als Professor emeritus.
Die Forschung von Klaus Kirchgässner beeinflusste den Fortschritt der
anwendungsorientierten Mathematik international, insbesondere aber in Deutsch-
land, wo diese unter den Folgen des Nationalsozialismus und des zweiten Welt-
krieges besonders gelitten hatte. Er hat durch seine herausragenden Arbeiten inter-
national hohe wissenschaftliche Anerkennung gewonnen und geholfen, die not-
wendigen Brücken zu bauen, die vor allem junge Wissenschaftler nutzen konnten.
Zu seinen zentralen Themen gehören die mathematischen Untersuchungen der
hydrodynamischen Stabilität, die Verzweigungstheorie und die Analyse dynamischer
Systeme. Bahnbrechend waren seine Arbeiten zur mathematischen Behandlung von
Wasserwellen und zu Wellen allgemein. Das von ihm bewiesene Theorem zur
Reduktion nichtlinearer räumlicher Systeme auf eine zentrale Mannigfaltigkeit
erwies sich als wichtiges mathematisches Werkzeug, das an einer spezifischen
Problemstellung entwickelt in unterschiedlichen Situationen angewendet werden
kann.
Er verfolgte sehr konsequent das Ziel, der Mathematik eine angemessene Stel-
lung in der Wissenschaftslandschaft und in der Gesellschaft zu geben. So war er als
Mitglied des Senats der DFG und Berater des Bundesministeriums für Forschung
und Technologie immer bestrebt, sowohl die Grundlagenforschung in Mathematik
als auch deren Transfer zu den anderen Wissenschaften und zur Industrie zu fordern.
Er war z. B. stark beteiligt bei der Einrichtung und Strukturierung der inzwischen
sehr erfolgreichen Förderung von Mathematiktransfer zur Industrie durch den
Bund. Als Präsident der Gesellschaft für Angewandte Mathematik und Mechanik, als
Vorsitzender der Gesellschaft für Mathematische Forschung Oberwolfach und Mit-
glied des wissenschaftlichen Beirates des Instituts in Oberwolfach brachte er seine
Fachkompetenz, seine Ideen und seine Energie ein, die Position der Mathematik
und der Wissenschaften zu stärken und insbesondere den wissenschaftlichen Nach-
wuchs zu fordern.
Kirchgässner war ein international führender, stark auf Anwendungen bezoge-
ner Mathematiker, der sowohl ein eindrucksvolles wissenschaftliches Werk hinter-
lässt, als auch als Hochschullehrer sehr erfolgreich war, so dass seine Ideen und
Konzepte weiter verfolgt und fortentwickelt werden.
Klaus Kirchgässner erhielt für seine herausragenden Leistungen große inter-
nationale Anerkennung. Er war ordentliches Mitglied dieser Akademie und korres-
pondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz. Er
erhielt den Erich-Trefftz-Preis der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luft- und
Raumfahrt, den Agostinelli-Preis der Accademia Nazionale dei Lincei, Rom, und
 
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