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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2011 — 2012

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II. Die Forschungsvorhaben
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Tätigkeitsberichte
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2. The Role of Culture in Early Expansions of Humans
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https://doi.org/10.11588/diglit.55657#0221
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TÄTIGKEITSBERICHTE

evolutionären und anderen Prozesse. In den letzten Jahren wurden verschiedene Ver-
suche unternommen, sich dem Kulturbergriff aus einer mehr integrativen Warte zu
nähern. Doch alle Ansätze blieben zwei wichtige Elemente schuldig:
1) Ein Konzept von Kultur und kultureller Evolution, das nicht nur eine umfassen-
de Idee von „Kultur“ bietet, sondern auch unterschiedliche Ausprägungen von
Kultur zwischen und innerhalb von Arten einschließt. Diese Definition von Kul-
tur sollte die unterschiedlichen Mechanismen einbeziehen, die die kulturelle
Variabilität bestimmen.
2) Ein Modell der kulturellen Evolution, das die unterschiedlichen Grade kulturel-
len Verhaltens, die bei heute lebenden Organismen festgestellt wurden, verbindet
mit kulturellen Veränderungen im Laufe der menschlichen Evolution.
ROCEEH hat ein Kulturkonzept erarbeitet, das biologische, historisch-soziale
und individuelle Entwicklungsdimensionen verknüpft mit Wechselwirkungen zur
spezifischen Umwelt und somit eine gute Arbeitsgrundlage für die besondere Auf-
gabenstellung der Forschungsstelle bietet. Das evolutionäre Konzept arbeitet
bewusst nicht mit dem Begriff der „Kultur“ an sich, da dieser die Betrachtung von
Evolution und Entwicklung erschwert, sondern mit kulturellen Performanzen und
davon abgeleiteten kulturellen Kapazitäten, die im Laufe der Evolution durch ver-
schiedene Mechanismen erweitert werden können. Das Konzept wurde zusammen
mit einem Modell der Expansion kultureller Kapazitäten auf dem dafür organisier-
ten und von der DFG geforderten interdisziplinären Symposium ,The Nature of
Culture“ vorgestellt und diskutiert. Dabei wurden drei Stufen kultureller Kapazitä-
ten definiert, die bei einigen Tierarten beobachtet werden können: die soziale
Übermittlung von Informationen, Tradition und die basiskulturellen Kapazitäten.
Mindestens drei weitere Level wurden anhand von Artefakten und den von ihnen
abgeleiteten kulturellen Grundlagen im Laufe der Menschheitsentwicklung identi-
fiziert:
- Kapazitäten für Modularkultur auf der Grundlage der Fähigkeit, Werkzeuge mit
Hilfe von Werkzeugen herzustellen,
- Kapazitäten für Kompositkultur auf der Grundlage der Fähigkeit, unterschiedliche
Objekte zu einer Werkzeugeinheit zu kombinieren, und
- Kapazitäten für Kollektivkultur auf der Grundlage der Fähigkeit, eine Gruppe
(von Handelnden, Objekten, Personen oder Dingen) als Handlungseinheit mit
voneinander abhängigen Teilen wahrzunehmen.
Eine Zusammenfassung der Diskussion wurde bereits veröffentlicht (Haidle &
Conard 2011); eine Publikation der Symposiumsbeiträge sowie des überarbeiteten
Modells ist in Vorbereitung. Das Konzept der Expansion kultureller Kapazitäten
wurde außerdem unter der Leitung von Christine Herder durch theoretische Über-
legungen zu verschiedenen Arten von Expansionen (neben kulturellen Kapazitäten
Expansionen des ökologischen Raums sowie der geographischen, zeitlichen, taxo-
nomischen Verbreitung) in den großen Rahmen des ROCEEH-Gesamtprojekts
gestellt. Detaillierte Ausführungen zu den anderen Arten von Expansion sind in
Bearbeitung.
 
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