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TÄTIGKEITSBERICHTE
Die auf der westlichen Talseite gelegenen Felsbildgruppen von Noh finden sich
auf Felsrücken, die den Flusslauf des Yasin unterhalb des Dorfes Noh überragen. Auf
69 Steinen wurden insgesamt 515 Gravuren dokumentiert. Sie bedecken nicht nur
flache Steinplatten und größere Felsbrocken, sondern auch die steil abfallenden
Flächen mächtiger dachförmiger Felsen. So konnten die zahlreichen Gravurgruppen,
die auf Stein 28 an einer besonders steil abfallenden Bildfläche eingraviert sind, nur
in Teilen erfasst werden. Die südlichste mit Gravuren versehene Felsrippe Kushuchin
liegt zwischen der Moschee dieses Ortsteils und dem Flussbett des Yasin.
Die Bildwelt ist in der Mehrzahl durch bewegte Tierfiguren bestimmt, die
zumeist in Rechtsorientierung aufgereiht sind. Die Tierreihen können auch um
einen großen Markhor oder Steinbock angeordnet sein. Häufig sind Jagdszenen, die
den von einem Hund begleiteten, mit Bogen und Steinschleuder ausgerüsteten Jäger
vor Markhor und Steinböcken zeigen. Monumentale Bilder eines Markhor, dem
kleinere Steinböcke folgen, sind besonders eindrucksvoll. Unter den Tierbildern
erscheinen das Marco Polo- bzw. Pamir-Schaf, Argali oder Altai-Wildschaf und
Goral, die von Raubtieren wie Schneeleopard gejagt werden. Vereinzelt sind auch
Buckelrind, Yak, Moschus, Bär, Fuchs, Pferd und häufiger Schlangen abgebildet.
Auffallend sind die Zeichnungen von Fabeltieren. Einzelne Gravuren zeigen Krie-
ger, Reiter sowie Fuß- und Handabdrücke. Die lebendige Darstellung der meist in
Bewegung abgebildeten, stilisierten Tiere findet ihre nächsten Entsprechungen in
der bronzezeitlichen Station Murgi Toko im Nubra-Tal von Ladakh und ähnelt der
Bildwelt zentralasiatischer Felskunst. Sie unterscheiden sich in ihrem für das Yasin
charakteristischen Stil aber deutlich von den eher statischen Gravuren im unteren
Teil des Oberen Indus. Aufgrund der Patinierung und stilistischer Unterschiede las-
sen sich in der Bildwelt drei Zeitstufen trennen, eine ältere prähistorische, die der
epipaläolithischen Stufe am Indus entspricht, eine in der Mehrzahl bronzezeitliche
und eine kleinere jün-gere Gruppe. Zu ihr gehören wahrscheinlich die wenigen
Reiterfiguren und eine Swastika. Hingegen sind bisher keine buddhistischen Zeug-
nisse belegt, die zeigen, dass diese Religion offensichtlich das fruchtbare Yasin-Tal
nicht durchdrungen hat. Darstellungen von Stüpas fanden sich hingegen 1993 östlich
von Ishkaibar in Ghali Dong am Unterlauf des Thui, einem Seitental des Yasin. Ein
Steinblock trägt eine größere tibetische Inschrift. Ein von A. Stein unterhalb des Dar-
kot-Passes entdecktes Stüpa-Bild mit einer tibetischen Inschrift bestätigt die Annah-
me, dass diese entlang wichtiger nach Chitral bzw. Wakhan führender Routen ange-
brachten Gravuren von buddhistischen Pilgern stammen. Innerhalb der Felsengruppe
liegen, durch schmale Senken getrennt, zwei Befestigungsanlagen. Die größeren,
Noghor Rer, Sitz eines Königs, genannten Ruinen einer durch einen Steinwall
bewehrten Festung mit einzelnen Innenbauten erheben sich über dem Flussufer. Sie
sollte offensichtlich den Übergang über den Yasin sichern. Der vor der Außenmauer
stehende Stein Nr. 43 trägt zwei Gravuren von Scheiben, die eine Datierung der
mittelalterlichen Anlagen in die Zeit nach dem 9. Jahrhundert andeuten.
Für die Region in Ishkoman und im Yasin ist eine besondere Denkmälergat-
tung charakteristisch, die zum ersten Mal von J. Biddulph und A.H. Dani als Grab-
lege beschrieben wurde. Das eindrucksvollste Beispiel dieser megalithischen Stein-
TÄTIGKEITSBERICHTE
Die auf der westlichen Talseite gelegenen Felsbildgruppen von Noh finden sich
auf Felsrücken, die den Flusslauf des Yasin unterhalb des Dorfes Noh überragen. Auf
69 Steinen wurden insgesamt 515 Gravuren dokumentiert. Sie bedecken nicht nur
flache Steinplatten und größere Felsbrocken, sondern auch die steil abfallenden
Flächen mächtiger dachförmiger Felsen. So konnten die zahlreichen Gravurgruppen,
die auf Stein 28 an einer besonders steil abfallenden Bildfläche eingraviert sind, nur
in Teilen erfasst werden. Die südlichste mit Gravuren versehene Felsrippe Kushuchin
liegt zwischen der Moschee dieses Ortsteils und dem Flussbett des Yasin.
Die Bildwelt ist in der Mehrzahl durch bewegte Tierfiguren bestimmt, die
zumeist in Rechtsorientierung aufgereiht sind. Die Tierreihen können auch um
einen großen Markhor oder Steinbock angeordnet sein. Häufig sind Jagdszenen, die
den von einem Hund begleiteten, mit Bogen und Steinschleuder ausgerüsteten Jäger
vor Markhor und Steinböcken zeigen. Monumentale Bilder eines Markhor, dem
kleinere Steinböcke folgen, sind besonders eindrucksvoll. Unter den Tierbildern
erscheinen das Marco Polo- bzw. Pamir-Schaf, Argali oder Altai-Wildschaf und
Goral, die von Raubtieren wie Schneeleopard gejagt werden. Vereinzelt sind auch
Buckelrind, Yak, Moschus, Bär, Fuchs, Pferd und häufiger Schlangen abgebildet.
Auffallend sind die Zeichnungen von Fabeltieren. Einzelne Gravuren zeigen Krie-
ger, Reiter sowie Fuß- und Handabdrücke. Die lebendige Darstellung der meist in
Bewegung abgebildeten, stilisierten Tiere findet ihre nächsten Entsprechungen in
der bronzezeitlichen Station Murgi Toko im Nubra-Tal von Ladakh und ähnelt der
Bildwelt zentralasiatischer Felskunst. Sie unterscheiden sich in ihrem für das Yasin
charakteristischen Stil aber deutlich von den eher statischen Gravuren im unteren
Teil des Oberen Indus. Aufgrund der Patinierung und stilistischer Unterschiede las-
sen sich in der Bildwelt drei Zeitstufen trennen, eine ältere prähistorische, die der
epipaläolithischen Stufe am Indus entspricht, eine in der Mehrzahl bronzezeitliche
und eine kleinere jün-gere Gruppe. Zu ihr gehören wahrscheinlich die wenigen
Reiterfiguren und eine Swastika. Hingegen sind bisher keine buddhistischen Zeug-
nisse belegt, die zeigen, dass diese Religion offensichtlich das fruchtbare Yasin-Tal
nicht durchdrungen hat. Darstellungen von Stüpas fanden sich hingegen 1993 östlich
von Ishkaibar in Ghali Dong am Unterlauf des Thui, einem Seitental des Yasin. Ein
Steinblock trägt eine größere tibetische Inschrift. Ein von A. Stein unterhalb des Dar-
kot-Passes entdecktes Stüpa-Bild mit einer tibetischen Inschrift bestätigt die Annah-
me, dass diese entlang wichtiger nach Chitral bzw. Wakhan führender Routen ange-
brachten Gravuren von buddhistischen Pilgern stammen. Innerhalb der Felsengruppe
liegen, durch schmale Senken getrennt, zwei Befestigungsanlagen. Die größeren,
Noghor Rer, Sitz eines Königs, genannten Ruinen einer durch einen Steinwall
bewehrten Festung mit einzelnen Innenbauten erheben sich über dem Flussufer. Sie
sollte offensichtlich den Übergang über den Yasin sichern. Der vor der Außenmauer
stehende Stein Nr. 43 trägt zwei Gravuren von Scheiben, die eine Datierung der
mittelalterlichen Anlagen in die Zeit nach dem 9. Jahrhundert andeuten.
Für die Region in Ishkoman und im Yasin ist eine besondere Denkmälergat-
tung charakteristisch, die zum ersten Mal von J. Biddulph und A.H. Dani als Grab-
lege beschrieben wurde. Das eindrucksvollste Beispiel dieser megalithischen Stein-